Podemos-Chef Jarabo (l.) und Vize-Ministerpräsident Barceló (Més) treten bei den Parlamentswahlen Ende Juni mit einer gemeinsamen Liste an. | Foto: P. Bota

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Der neue Stil, für den die kleineren Linksparteien auf den Balearen, aber auch in ganz Spanien stehen, tritt nicht nur in Form ihrer basisorientierten Politik zutage. Auch das "Styling" ihrer Mitglieder mutet zwischen den Krawattenträgern auf den Fluren des Balearen-Parlaments revolutionär an. Treten sie vor die Presse, wirken sie oft anders als die "normalen" Politiker. Kaum hat Margalida Prohens, die Fraktionssprecherin der konservativen PP und optisch eher Typ "Porzellanpüppchen", den Presseraum im Erdgeschoss verlassen - der Duft ihres Parfüms liegt noch in der Luft - macht es sich "Balti" Picornell auf dem Podium bequem und beginnt Unterlagen zu ordnen.

Der 39-jährige Podemos-Abgeordnete trägt Baggy Pants und einen Nasenring. Sein Gesicht ziert ein Rauschebart und das lange, schwarze Haar trägt er offen. Neben ihm nehmen Alberto Jarabo und Juan Pedro Yllanes Platz, die schon eher wie Politiker aussehen. Jarabo ist Parteichef, Yllanes steht bei der Parlamentswahl Ende Juni auf Listenplatz eins, soll als Podemos-Spitzenkandidat erneut in den Kongress einziehen. Dabei führt der Richter aus Andalusien, der eigentlich mit dem Korruptionsfall-Nóos um Infantin Cristina betraut, aber wegen seiner Kandidatur von den Aufgaben freigestellt ist, dieses Mal aber eine Kandidaten-Liste an, mit der gleich drei Linksparteien den "Großen" den Kampf ansagen: Diese sind neben Podemos das Bündnis Més, in dem einst die mallorquinischen Sozialisten (PSM) und Grüne verschmolzen, und die "Vereinigte Linke" (IU), die auf den Balearen aber nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

Was sie vereint? Derzeit vor allem die Wut auf Sozialisten-Chef Pedro Sánchez, der vor einigen Wochen Palma besucht hat. Im Gegensatz zu der Wahl im Dezember, als sich Sánchez noch nicht öffentlich zu den liberalen "Ciudadanos" als potenziellen Koalitionspartner bekannt hatte, führen die Linksparteien, allen voran Podemos, nun gezielt Wahlkampf gegen die PSOE. Dass sich der Sozialist bereits vor der Parlamentswahl "in die Arme von Ciudadanos stürzt", missfällt Jarabo und Konsorten. Vor allem Podemos sind die bürgerlichen "C's" ein Dorn im Auge, denn in der Protestpartei weiß man, dass auf dem Weg auf die Madrider Regierungsbank eigentlich kein Weg an der PSOE vorbeiführt. Mit den Ciudadanos, die am ehesten mit der FDP vergleichbar sind, kann man nicht.

Die ständige Kritik an der PSOE und die Bildung der gemeinsamen Liste, die übrigens den Namen "Units Podem Més" (Gemeinsam können wir mehr) trägt, birgt auf Mallorca allerdings Gefahren. Das Problem: Sowohl auf regionaler Ebene als auch im Stadtrat von Palma paktieren Podemos und Més mit den Sozialisten. Das neue Listen-Bündnis der drei kleineren Linksparteien, das übrigens auch auf nationaler Ebene geschlossen wurde, hat aber das Ziel, die Wählerstimmen zu bündeln und so eben jener PSOE einen Abgeordnetenplatz zu "klauen".

Nach der Wahl im Dezember entfielen auf die konservative PP drei, auf die PSOE und Podemos jeweils zwei und auf die Ciudadanos einer der insgesamt acht Abgeordnetensitze der Balearen im Kongress von Madrid. Dank der gemeinsamen Kandidatur könnte die linke Liste stimmenmäßig mit der PP gleichziehen, was einen Sitz weniger für die PSOE bedeuten würde. Verlierer wären also die Sozialisten. So hat sich der Wahlkampf auf den Inseln zu einer Zerreißprobe für die Regierenden entwickelt.

"Das ist eine schwierige Situation für den Govern", erklärt Nekane Domblás, Politik-Redakteurin bei der Tageszeitung "Ultima Hora". "Man hat gemerkt, wie sich Ministerpräsidentin Francina Armengol und ihr Vize Biel Barceló in den vergangenen Wochen ein Stück weit aus der ersten Linie zurückgezogen haben." Armengol, die Regierungschefin von der PSOE und Barceló von Més harmonierten bisher gut. Ihre von Podemos tolerierte Minderheitsregierung hat selbst schwierige Aufgaben wie die Einführung der Touristenabgabe "Ecotasa", die mit viel Streit zwischen den beteiligten Parteien einher ging, relativ schadlos überstanden. Bleibt abzuwarten, ob das bis Ende Juni so bleibt.

Armengol selbst ist jedenfalls von ihrem Bündnis so überzeugt, dass sie bei Pedro Sánchez' Besuch in Palma kräftig die Werbetrommel dafür rührte, den Sozialisten-Chef gar zu überzeugen versuchte, auch auf nationaler Ebene einen großen Linkspakt zu schmieden. Dass Sánchez das zumindest für denkbar hält, war keine große Überraschung. Ebenso wenig war es die gemeinsame Liste von Podemos, Més und IU. Um die einzelnen Listenplätze war jedoch lange gestritten worden. Sollte das Bündnis tatsächlich mit drei Abgeordneten in den Kongress einziehen, gehen nun zwei Sitze an Podemos, der dritte würde geteilt. Die ersten zwei Jahre säße ein Més-Politiker darauf, dann für weitere zwei Jahre ein Vertreter von Podemos - "neuer Stil" eben.

(aus MM 23/2016)