Der Naturhafen von Cabrera. Der Archipel ist seit 1991 Nationalpark. | Archiv

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Triel, Balearengrasmücke und Theklalerche sind nicht nur allesamt Vogelarten, sie sind auch gleichermaßen in ihrem Bestand bedroht. Und da sie außerdem alle gerne an der Küste von Llucmajor halt machen, um dort zu nisten, soll nun das bestehende Vogelschutzgebiet im Süden der Insel um 4500 Hektar vergrößert werden.

Während Vogelfreunde und Umweltschützer die Maßnahme gutheißen, laufen Bauern und Jäger Sturm. Sie fürchten massive Einschränkungen ihrer Tätigkeit. Insgesamt plant die Balearen-Regierung die Einrichtung von neun neuen und die Erweiterung von zwei bereits bestehenden Vogelschutzgebieten – es geht um eine Gesamtfläche von 11.775 Hektar. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung rollten wütende Landwirte zum Protest mit 20 Traktoren vor den Sitz der Ministerpräsidentin in Palma. Die Entscheidung für den verstärkten Vogelschutz sei ohne jede Rücksprache gefallen, kritisierte Joan Simonet, Vorsitzender des Bauernverbandes Asaja.

Der Spagat zwischen Einzelinteressen und der Bewahrung der natürlichen Lebensräume auf der Insel gelingt nicht immer. Häufig kommt es deshalb zu Streitigkeiten. Nur einige Beispiele: Kürzlich wurde bekannt, dass Mitarbeiter des Umweltministeriums an mehreren Kletterstellen in den Bergen Haken, Seile und sonstige Vorrichtungen entfernt haben. Offenbar lagen keine Genehmigungen für deren Installation vor. Bereits vor einigen Jahren wurde im Norden der Insel ein bereits von der Gemeinde genehmigtes Golfplatzprojekt gestoppt, weil auf dem Gelände eine geschützte Orchideenart wächst. An der Playa de Palma bremst eine Strandflieder-Population den Bau eines Einkaufszentrums. In der Serra de Tramuntana – immerhin Unesco-Weltkulturerbe – machen Umweltschützer vergeblich gegen den Bau einer Apartmentanlage mobil.

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Kein Wunder, dass gerade auf Mallorca die unterschiedlichen Interessen in schöner Regelmäßigkeit kollidieren, ist doch auf der Insel einerseits der Siedlungsdruck enorm, andererseits der Raum begrenzt. Mittlerweile gehören die Balearen zu den spanischen Regionen mit dem höchsten Anteil an geschützter Fläche: Mehr als 220.000 Hektar gelten als Artenschutzgebiete und gehören dem Natura-2000-Netzwerk der EU an – fast ein Viertel der Gesamtfläche des Archipels. Dabei ist ein Großteil gleich doppelt oder dreifach geschützt, greifen doch neben den EU-Regeln auch die nationale und regionale Gesetzgebung. Die Nutzung dieser Gebiete ist also streng reglementiert.

„Was den Anteil der geschützten Fläche angeht, stehen die Balearen wirklich nicht schlecht da”, sagt Toni Muñoz vom Umweltverband Gob. Die Herausforderung sei nun, den Schutz tatsächlich effektiv zu gestalten. Dafür sei vor allem eines nötig: Geld. Denn ohne zusätzliches Personal lassen sich die Verwaltungspläne in den Schutzgebieten nicht umsetzen. Eines der besten Beispiele dafür sei die Tramuntana – das mit mehr als 63.000 Hektar größte Schutzgebiet der Balearen (künftig wird der Nationalpark Cabrera noch größer sein). Das Gebirge verfüge zwar formal über den sehr hohen Schutzstatus eines „Paratge Natural”, bis heute aber stellen weder Inselrat noch Balearen-Regierung Geldmittel für konkrete Maßnahmen zur Verfügung, sagt Muñoz.

Im Falle der nun neu ausgewiesenen und erweiterten Vogelschutzgebiete soll das anders laufen, verspricht derweil der balearische Umweltminister Vicenç Vidal – wohl auch, um die wütenden Bauern und Jäger zu beschwichtigen. Den Landwirten, deren Grundstücke betroffen sind, stellt er zusätzliche Finanzhilfen in Aussicht, und den Jägern versichert er, sie hätten trotz des Vogelschutzes mit keinen Einschränkungen zu rechnen.

(aus MM 05/2019)