Literaturnobelpreisträger Vargas Llosa gestorben – warum er eine ganz besondere Beziehung zu Mallorca hatte

Er galt als mächtigste Stimme des Liberalismus in Lateinamerika. Auch sein Privatleben sorgte immer wieder für Schlagzeilen. Jetzt ist der große Romancier tot

Mario Vargas Llosa, peruanischer Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger (2010). Am 13.04.2025 ist Mario Vargas Llosa im Alter von 89 Jahren in Lima gestorben. | Jörg Carstensen/dpa

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Der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa ist tot. Er starb am Sonntag (Ortszeit) im Alter von 89 Jahren im Kreise seiner Familie in der peruanischen Hauptstadt Lima, wie sein Sohn Álvaro Vargas Llosa auf der Plattform X mitteilte. Die Agentur des Schriftstellers in Barcelona bestätigte dessen Tod. Die Regierung Perus ordnete für Montag Staatstrauer an und ließ per Dekret die Flaggen des südamerikanischen Landes auf halbmast setzen. "Sein intellektuelles Genie und sein umfangreiches Werk werden künftigen Generationen als bleibendes Vermächtnis erhalten bleiben", schrieb Präsidentin Dina Boluarte auf X.

In einer Stellungnahme der Familie hieß es: "Sein Tod wird seine Verwandten, seine Freunde und seine Leser auf der ganzen Welt traurig stimmen, aber wir hoffen, dass sie wie wir Trost in der Tatsache finden, dass er ein langes, abwechslungsreiches und produktives Leben hatte und ein Werk hinterlässt, das ihn überdauern wird." Eine öffentliche Beisetzung werde es nicht geben, ergänzte die Familie und bat zugleich darum, ihre Privatsphäre zu respektieren. Die Zeremonie solle im Kreise von Angehörigen und engen Freunden stattfinden. Seinem letzten Willen entsprechend würden die Überreste des Autors eingeäschert.

2010 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet

Vargas Llosa war einer der wichtigsten lateinamerikanischen Schriftsteller seiner Zeit. Der Autor von „Die Stadt und die Hunde“, „Tante Julia und der Kunstschreiber“ und „Das Fest des Ziegenbocks“ wurde 2010 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Bekannt wurde Vargas Llosa für gesellschaftskritische Romane, die oft politische Missstände in seinem Heimatland behandelten. Er griff aber auch andere Themen auf, einige seiner Werke waren autobiografisch geprägt.

Vargas Llosa (l.) auf Mallorca.

Der streitbare Liberale bewarb sich 1990 in seinem Heimatland Peru als Präsidentschaftskandidat, unterlag allerdings in der Stichwahl dem späteren autoritären Machthaber Alberto Fujimori. Vargas Llosa besaß auch die spanische Staatsbürgerschaft und lebte lange in Spanien. Der überzeugte Liberale verbreitete seine politischen Ansichten vor allem in Kolumnen und Essays. Mit seinen radikalen Positionen wurde er in der linken lateinamerikanischen Intellektuellenzunft zum Außenseiter.

Im hohen Alter machte er noch einmal mit seinem Privatleben Schlagzeilen: Kurz vor seinem 80. Geburtstag trennte er sich nach 50 Jahren von seiner Ehefrau Patricia Llosa, der Mutter dreier gemeinsamer Kinder, und zog mit Isabel Preysler zusammen. Vor über zwei Jahren trennte er sich allerdings wieder von der schillernden Society-Königin, Ex-Frau des Sängers Julio Iglesias und Mutter von Enrique Iglesias. Geschrieben hat er bis zuletzt. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Vargas Llosa mit „Die große Versuchung“ seinen letzten Roman. In der Widmung hieß es: „Für Patricia“. Zuletzt wurde er immer wieder mit Patricia Llosa, seiner langjährigen Ehefrau, gesehen.

Trauer in Kultur und Politik

Der peruanische Schriftsteller Alfredo Bryce Echenique („Eine Welt für Julius“) würdigte seinen Landsmann. „Niemand hat uns in der Welt so vertreten wie Mario“, sagte der 86-Jährige dem Sender RPP. Die Stiftung des kolumbianischen Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez (1927-2014) nannte Vargas Llosa auf X „einen Meister der spanischsprachigen Erzählkunst und eine Schlüsselfigur der lateinamerikanischen Literatur“ und postete ein Bild beider Schriftsteller aus jüngeren Jahren. Die zwei einst befreundeten Autoren hatten sich - auch angesichts ihrer gegensätzlichen politischen Standpunkte - im Laufe der Jahre zerstritten.

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Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte der Familie von Vargas Llosa. Er würdigte den Schriftsteller als „Grandseigneur der lateinamerikanischen Literatur“ sowie als Weltbürger, Demokraten und liberalen Vordenker. „Toleranz und Respekt, die Liebe zur Kultur und der Wille zum friedlichen Miteinander sowie die entschiedene Verteidigung der Freiheit als höchsten Wert – diese Haltung hat Mario Vargas Llosa ausgezeichnet“, schrieb Steinmeier. „Als großer Erzähler hat er daraus Weltliteratur gemacht. Er wird uns fehlen.“ Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez würdigte Vargas Llosa als „universellen Meister des Wortes“. „Ich danke ihm als Leser für ein immenses Werk, für so viele Bücher, die ein Schlüssel zum Verständnis unserer Zeit sind“, sagte er.

Enge Beziehung zu Mallorca

Vargas Llosa pflegte auch eine enge Beziehung zu Mallorca. Zwischen 1958 und 2010 besuchte er die Insel mehrfach – aus beruflichen Gründen ebenso wie zur Erholung. Einer seiner Rückzugsorte war das Hotel Formentor, das er besonders schätzte.

Im Juli 1993 wurde Vargas Llosa vom Verleger der MM-Verlagsgruppe Serra, Pere A. Serra, eingeladen, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Zeitung Ultima Hora eine Rede zu halten – ein unvergesslicher Termin, denn genau an diesem Tag verlieh ihm der spanische Ministerrat die spanische Staatsbürgerschaft per Einbürgerungsurkunde. Eine Journalistin informierte ihn darüber während eines Besuchs in der Stiftung Miró Mallorca.

Vargas Llosa (r.) mit Verleger Pere A. Serra und Carmen Serra.

Der Besuch des weltberühmten Schriftstellers rief großes öffentliches und mediales Interesse hervor. Bei einer vielbeachteten Pressekonferenz erklärte Vargas Llosa: "„Vor einigen Monaten teilte ich mit Pedro Serra eine Auszeichnung an einer Universität in den USA. Dort lud er mich ein, am Jubiläum von Ultima Hora teilzunehmen – für mich eine besondere Ehre, denn meine Beziehung zum Journalismus reicht weit zurück."

Am selben Nachmittag stattete Vargas Llosa dem Pressepalast einen Besuch ab, in dem heute auch das Mallorca Magazin seinen Sitz hat – und begab sich später ins Teatre Principal. Der festliche Rahmen war würdig gewählt: Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt mit Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Kultur, die seiner Ansprache mit gespannter Aufmerksamkeit lauschten.

Bereits im Jahr 1972 hatte Mallorca eine literarische Spur in seinem Werk hinterlassen. Während eines Aufenthalts im legendären Hotel Formentor entstand die Idee zu einem seiner bekanntesten Romane: Pantaleón y las visitadoras, der im Mai 1973 veröffentlicht wurde. Es war dieser ikonische Ort, an den der Autor 2010 ein letztes Mal zurückkehrte – erneut begleitet von seiner damaligen Ehefrau Patricia.

Die Aufenthalte von Mario Vargas Llosa auf Mallorca waren stets ein Ereignis – nicht zuletzt, weil er zu den einflussreichsten und meistgeehrten Stimmen der Gegenwartsliteratur zählte. Am Montag ist dieses große literarische Licht erloschen. Doch sein Werk bleibt: lebendig, gegenwärtig – und unsterblich.