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Die Führungskrise beim wichtigsten Fußballklub Mallorcas spitzt sich zu. Unter den Mitgliedern des Verwaltungsrats von Real Mallorca gibt es offenbar schwerwiegende Differenzen über die zukünftige Ausrichtung des Klubs. Eine auf Drängen des deutschen Anteilseigners Utz Claassen einberufene Sitzung des Gremiums brachte am Montag keine Lösung des Konflikts.

„Der Verein hat seit der Konkurssituation wohl unstreitig an Vertrauen verloren", erklärt Claassen im Gespräch mit dem Mallorca Magazin. „Bei Banken, Sponsoren, Vertragspartnern, bei der Politik und vor allem bei den Fans müssen wir das Vertrauen wiederherstellen." Das könne nur auf der Grundlage von Transparenz, Ehrlichkeit, Professionalität und Geschäftsführungskompetenz gelingen. „Das sind die Dinge, die man immer braucht und die wir hier beim RCD auch brauchen."

In den vergangenen Wochen und Monaten hatte der Klub immer wieder für Negativschlagzeilen gesorgt - wohlgemerkt nicht aus sportlichen Gründen. Real Mallorca befindet sich wegen eines Schuldenbergs in Höhe von rund 60 Millionen Euro in einem Insolvenzverfahren. Anfang Dezember stimmte die Mehrheit der 200 Gläubiger einem 50-prozentigen Schuldenverzicht zu und unterzeichnete die Gläubigervereinbarung.

Die Freude darüber war nur von kurzer Dauer. Bereits am folgenden Tag wurde bekannt, dass der Klub bei der Verpflichtung des Stürmers Alejandro Alfaro vor der laufenden Saison neben der Ablösesumme rund eine Million Euro an Kommissionen bezahlt hatte. Nicht nur die Insolvenzverwalter bemängelten diesen Vorgang: Ein Gläubiger nahm dies zum Anlass, die Gläubigervereinbarung anzufechten.

Dazu gesellten sich zuletzt auch noch Gerüchte über einen angeblich bevorstehenden Verkauf des Klubs: Eine deutsch-schweizerische Investorengruppe sei bereit, neun Millionen Euro für 98 Prozent der Anteile zu bezahlen, hatten Medien berichtet. Dies nun rief Claassen auf den Plan.

„Ich habe durch Zufall von diesen Gesprächen mit den Deutschen erfahren", sagt Claassen. „Niemand hatte den Auftrag geschweige denn die Autorisierung, in meinem Namen mit ihnen über den Verkauf meiner Klubanteile zu verhandeln." Ohne seine Zustimmung wäre ein solcher Deal nicht möglich gewesen, hält er doch 20 Prozent der Anteile. Zudem habe er ein Vorkaufsrecht auf weitere Anteilspakete.

Also verfasste Claassen einen vier Seiten langen Brief an seine Verwaltungsratskollegen, mit dem Hinweis: „Streng vertraulich". Womit er nicht gerechnet hatte: Die Tageszeitung „Ultima Hora" druckte den Brief am folgenden Tag in ganzer Länge ab. Unter der Überschrift: „Claassens Kriegserklärung." „Ich finde es sehr bedauerlich, dass interne Dinge immer wieder in die Öffentlichkeit geraten", sagt der 48-Jährige.

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In dem Schreiben kritisiert Claassen vor allem den Mangel an Informationen. Weder über die Details des fragwürdigen Spielertransfers im vergangenen Sommer noch über die Anfechtung der Gläubigervereinbarung oder die Verhandlungen mit den Deutschen über den Verkauf von Real Mallorca sei er vom Klub auf dem Laufenden gehalten worden.

Nicht ein einziger Spielerkauf oder -verkauf sei vor der Fixierung im Verwaltungsrat besprochen geschweige denn beschlossen oder genehmigt worden, seit er dem Gremium angehöre. „Der Brief ist absolut sachgerecht, enthält keine Beleidigung und keine Emotionen." Er habe niemandem den Krieg erklärt, sondern nur Fragen gestellt, die „wichtig, berechtigt und erforderlich" seien.

Der Hauptanteilseigner und starke Mann im Klub, Ex-Fußballtrainer Llorenç Serra Ferrer, hüllt sich derweil in Schweigen. Allerdings gab er Claassens Drängen nach, und so kam es am Montag immerhin zu der geforderten Verwaltungsratssitzung - der ersten seit Ende November, wie Claassen sagt. In der dreistündigen Versammlung wurde nur ein einziger Punkt behandelt, der Verkauf des Klubs. Das Ergebnis war eindeutig: Die Verhandlungen mit der deutsch-schweizerischen Investorengruppe wurden für beendet erklärt. Wegen „wiederholter Unzuverlässigkeit", wie es in einer Erklärung des Klubs heißt.

„Ich weiß bis heute nicht, wer eigentlich die Käufer sein sollten", sagt Claassen. „Ich habe unabhängig von dem konkreten Fall ganz generell ein ungutes Gefühl, wenn möglicherweise über Mittelsleute mit potenziellen Vertragspartnern verhandelt wird, deren Identität nicht geklärt ist." Offenbar war die ominöse Investorengruppe während der monatelangen Verhandlungen zu keinem Zeitpunkt zu konkreten Zusagen bereit, Termine sollen nicht eingehalten worden sein, Garantien wurden nicht geliefert.

Der Deutsche Stefan Wierig trat dabei offenbar als Unterhändler nicht näher genannter Investoren auf. Der Geschäftsführer der Firma Verkehrstechnik Schröer aus Langenfeld gibt sich auch dem Mallorca Magazin gegenüber geheimnisvoll. Er räumt ein, dass es seit Monaten Kontakte zum Klub gebe und beteuert, dass die potenziellen Geldgeber nicht im Vordergrund stehen wollen. Es gebe bereits ausgearbeitete Konzepte, um den Klub „nach vorne zu bringen".

Das will auch Utz Claassen. „Als ich hier im November 2010 angetreten bin, habe ich angenommen, dass dies hier ein langfristiges Projekt ist", sagt er. „Mein Motiv war nie der schnelle Euro." Mit Erstaunen habe er zur Kenntnis genommen, dass einige andere Anteilseigner offenbar bereits Weiterverkaufsabsichten hegen.

So wird die Liste der zu klärenden Themen immer länger. Mittlerweile umfasst der Fragenkatalog, den Claassen seinen Verwaltungsratskollegen hat zukommen lassen, 91 Punkte. Immerhin wird er bis zur nächsten Verwaltungsratssitzung nicht wieder Monate warten müssen: Sie ist bereits für den kommenden Montag anberaumt.

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