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Wer den zugigen Hangar auf dem Gelände des Flughafens Son Bonet vor den Toren Palmas betritt, der taucht ein in eine andere Zeit - in eine Zeit, in der sich Holzfäller noch nach dem Mond richteten, Boote nicht aus Kunststoff waren und ein bedeutender Teil der mallorquinischen Bevölkerung noch von der Fischerei lebte.

Pep Florit hat diese Zeit nicht erlebt. Dennoch ist es sein Job, dass sie nicht ganz in Vergessenheit gerät. Florit ist Bootsbaumeister und arbeitet in der Werkstatt, die der Inselrat seit dem Jahr 2000 in Son Bonet betreibt. Eingerichtet wurde sie einst, um das Handwerk des Bootsbauers auf Mallorca zu bewahren und die letzten traditionellen Holzboote zu restaurieren.

"Man liegt manchmal tagelang unter dem Boot, mit dem Hammer in der Hand", sagt Florit. "Das muss man schon mögen." "Kalfatern" nennt sich dieser Arbeitsschritt, bei dem Hanffasern mit Hilfe eines "Kalfateisens" und eines "Kalfathammers" in die Zwischenräume der Holzplanken geschlagen werden, um das Boot abzudichten. Eine Arbeit, die Genauigkeit, Geschick und Ausdauer erfordert - und nur bei Booten aus Holz nötig ist.

Mit dem Aufkommen von Kunststoffen drohte der traditionelle Holzbootsbau auf Mallorca, der eine Jahrtausende währende Geschichte hat, in den 80er und 90er Jahren auszusterben. Selbst die Fischer setzten nach und nach auf Boote aus pflegeleichterem Material und wrackten ihre alten Kähne ab.

Dieses Schicksal drohte auch der "Balear", einem in den 20er Jahren gefertigten Segelboot, das - später mit einem zusätzlichen Motor ausgerüstet - jahrzehntelang in der Schleppnetzfischerei vor Mallorcas Küste eingesetzt wurde. Als sich sein Besitzer in den 90er Jahren entschloss, es gegen ein moderneres Modell einzutauschen, hätte es eigentlich verschrottet werden müssen - dies war die Bedingung für das Kassieren der staatlichen Abwrackprämie.

Da es sich aber bei der "Balear" um eines der letzten Boote dieser Art handelte, erklärte der Inselrat es kurzerhand zum schützenswerten Kulturgut. Die "Balear", die heute als Schulschiff im Einsatz ist und üblicherweise an der Alten Mole unterhalb der Kathedrale festgemacht ist, war das erste Boot, das vom Jahr 2000 an in der Werkstatt des Inselrats in Son Bonet restauriert wurde.

"Je weniger der ursprünglichen Teile man austauscht, desto besser", sagt Florit. Verrottete Planken ersetzt er durch neue aus Kiefern- oder Eichenholz. Die Bäume werden in mallorquinischen Wäldern unter Berücksichtigung des Mondkalenders gefällt. Dies sei wichtig für die Stabilität und Haltbarkeit des Holzes, da das Verhalten der Pflanzensäfte zwischen den Mondphasen variiert. "Die meisten Holzfäller achten heutzutage nicht mehr auf solche Dinge."

Auch ganz neue Boote nach traditionellen Vorlagen entstehen in der Werkstatt des Inselrats. Im Schnitt bauen Florit und seine Kollegen pro Jahr zwei neue Llaüts. Fischer oder wohlhabende Liebhaber sind ihre häufigsten Kunden. Zwar müsse ein Boot aus Holz im Gegensatz zu einem aus Kunststoff einmal im Jahr an Land gebracht werden, damit das Holz "atmen" kann, wie Florit sagt: "Dafür hat es aber einfach viel bessere Eigenschaften im Wasser." Auch ästhetisch habe ein Holzboot klare Vorteile. Der Preis für eine der Llaüts beläuft sich auf 6000 Euro pro Meter.

Aufgabe der Bootsbauwerkstatt ist jedoch nicht nur die Restaurierung und die Herstellung traditioneller mallorquinischer Llaüts (die daran zu erkennen sind, dass sowohl Bug als auch Heck spitz zulaufen), es geht auch um die Ausbildung von Bootsbauern. Nur 13 oder 14 aktive "mestres d'aixa" (sprich: "mestres d'ascha") gebe es auf Mallorca noch, schätzt Pep Florit. Der Name des Berufs, der ursprünglich von Generation zu Generation weitergegeben wurde, stammt von der "aixa", der Dechsel, einer Art Querbeil, das beim traditionellen Bootsbau zum Einsatz kommt.

In fünf Jahrgängen haben jeweils zehn junge Leute eine zweijährige Ausbildung absolviert, die bisher allerdings nicht staatlich anerkannt ist. Da die EU derzeit kein Geld für solche Zwecke zur Verfügung stelle, gibt es derzeit jedoch keine Auszubildenden in der Bootswerkstatt, sagt Florit.

 

(aus MM 2 / 2014)