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Die Mallorquinerin Patricia Peñas de Haro ist 35 Jahre alt und unterrichtet Geografie an der balearischen Tourismusschule. Jetzt hat sie ihre Doktorarbeit in Physischer Geografie und Klimatologie an der Balearenuniversität zum Thema "Geografie des Surf- und Bodyboards auf Mallorca: Klima und Aktivtourismus" vorgelegt. Die Insel werde als Surf-Destination unterschätzt sagt Peñas de Haro. Sie selbst reitet seit ihrem 14. Lebensjahr auf den Wellen, ist aber auch eine begeisterte Golferin.

Mallorca Magazin: Wellenreiten ist für eine Doktorarbeit ein eher ungewöhnliches Thema. Wie sind Sie als Wissenschaftlerin methodisch vorgegangen?

Patricia Peñas de Haro: Ich habe Daten der Gezeiten-Bojen des Ministeriums ausgewertet aus den Jahren 1999 bis 2008. Ich habe immer die Boje gewählt, die am nächsten zu einem Surf-Spot lag, habe die Höhe der Wellen und ihre Richtung erfasst und dadurch herausgefunden, an welchem Tag es welche Wellen gab. Auch die Beschaffenheit des Meeresbodens wurde berücksichtigt. Dadurch ist eine Kartografie der Surf-Spots mit ihren Charakteristiken entstanden. Ergänzt habe ich das durch 71 Interviews mit Surfern. Ich habe selbst viel hier gesurft und meine Erfahrungen mit den Interviews verglichen.

MM: Was unterscheidet das Mittelmeer von anderen Meeren?

Peñas de Haro: Das Mittelmeer ist ziemlich geschlossen, Wellen entstehen relativ nah an der Küste, aufgrund eines Tiefdruckgebiets oder Sturms. In Indonesien zum Beispiel ist das anders: Da entsteht die Welle mehrere Kilometer von der Küste entfernt, sie sind deshalb besser vorherzusagen und größer. Bei uns gibt es viele Wellen in Verbindung mit Wind nah an der Küste. Wenn wir lange Wind aus Norden hatten, haben wir am folgenden Tag ein glattes Meer mit Wellen, aber das ist selten.

MM: Die Mittelmeerinsel Mallorca gilt ja nicht gerade als Mekka für Wellenreiter...

Peñas de Haro: Nein, Mallorca ist kein typisches Surf-Reiseziel. Die Insel kann auch nicht konkurrieren mit Spots im Baskenland, in Frankreich, Portugal oder auf den Kanaren. Aber ich glaube, wir haben hier ziemlich viele Tage mit Wellen. Man könnte die Insel stärker bewerben für Aktivtourismus, nicht nur für Surfen, sondern generell Wassersportarten wie Windsurfen oder Kite, denn wir haben in den kalten Monaten viel Wind. Dann gibt es Monate fast ohne Wind, die eignen sich für Wakeboarding oder Paddle-Surf. Die Exkursionen mit Paddel sind gerade in Mode.

MM: Wie viele Tage im Jahr kann ich denn auf Mallorca wellenreiten?

Peñas de Haro: Nach meinen Berechnungen sind 175 Tage zum Wellenreiten geeignet: Ich habe einen Meter Mindesthöhe für Wellen angenommen, die sich in Richtung des Strandes bewegen müssen, mit leichten Abweichungen zu beiden Seiten. Kleinere Wellen habe ich nicht mit einbezogen, die könnten aber auch geeignet sein. Insofern könnte es noch mehr Tage geben. Generell gibt es auf Mallorca mehr Wellen, als die meisten glauben.

MM: Und wann ist die beste Zeit zum Wellenreiten?

Peñas de Haro: Von Oktober bis Mai. Im Sommer stehen wir unter dem Einfluss des Azorenhochs und haben so gut wie keine Wellen vor Mallorca. Ab Oktober ziehen die Tiefdruckgebiete der polaren Kaltfront vom Atlantik Richtung Mittelmeer und treffen auf die warme Luft des Mittelmeeres. Im November, Dezember, Februar und März gibt es dann starke Winde und Wellen. Im "ruhigen Januar" wiederum gibt es weniger Wind.

MM: Wie hoch können die Wellen vor Mallorca werden?

Peñas de Haro: Das Mittelmeer ist kein See, wie viele denken, im Gegenteil. Es handelt sich um einen der Orte, an denen sich weltweit die meisten Tiefs und Stürme bilden. Wir können deshalb Wellen haben, die Leute sich nicht vorstellen können. Im Juni 2001 hatten wir auf Mallorca einen Sturm mit starkem Wind aus Nordost. Damals gab es Wellen bis vier Meter Höhe, zum Beispiel in Colònia San Pedro.

MM: Wie viele Surf-Spots zum Wellenreiten gibt es etwa auf Mallorca?

Peñas de Haro: In meiner Doktorarbeit komme ich auf 36. Wir haben uns auf die Nordost- und die Südwestküste konzentriert. Im Nordosten sind vor allem Cala Mesquida und Son Serra de Marina hervorzuheben. Das ist einer der Lieblingsspots der Wellenreiter. Bei Palma haben wir Can Pastilla für Paddle Surf, Kite- und Windsurfen, Ciudad Jardín für Wellenreiter. Die Bodyboarder sind alle in der Cala Major, dort gibt es eine konstante Welle.

MM: Findet Mallorca in der Surfszene mittlerweile mehr Anerkennung?

Peñas de Haro: Vor zehn Jahren dachten die Leute, hier könnte man nicht wellenreiten, weil es keine Wellen gibt. Das hat sich geändert. Die Zahl der Wellensurfer hat sich hier unglaublich erhöht. Wenn es in Son Serra Wellen gibt, können da schon mal 200 Leute an einem Tag im Wasser sein.

MM: Hat Mallorca denn einen Vorteil gegenüber anderen Surfspots?

Peñas de Haro: Die Temperaturen sind ziemlich mild das gesamte Jahr über. In der kalten Jahreszeit wird das Meer nicht kälter als 13 Grad, also nicht so kalt, wie es in Frankreich wird. Außerdem haben wir keine Gezeiten, du kannst also bei guten Bedingungen den ganzen Tag surfen. Und Haie gibt es vor Mallorca auch nicht.Wer nicht viel Erfahrung hat, kann in Colònia Sant Pere seine ersten Schritte wagen, dort gibt es wenig Felsen, das Wasser ist tief und die flachen Wellen sind optimal für Anfänger.

MM: Was müsste sich Ihrer Meinung nach noch verbessern?

Peñas de Haro: Nach Mallorca kommt man nur mit dem Flieger. Das Problem: Dort haben sie die Preise erhöht. Air Europa zum Beispiel nimmt 150 Euro pro Flug, wenn man sein Surfbrett mitnehmen will. Wir bräuchten einen Verband, der Sonderkonditionen aushandelt wie bei den Golfspielern. Ich persönlich habe derzeit an den Spots, wo ich regelmäßig surfe, ein Brett stehen. Das ist billiger.

Die Fragen stellte MM-Redakteur Thomas Zapp