Eine Mitarbeiterin prüft gefälschte Markenartikel. Foto: Detective Astor GmbH

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Die Wirtschaftskrise hat die Auftragslage für Detektive keinesfalls geschmälert, im Gegenteil: Zwar haben Privatleute nicht mehr so viel Geld in der Tasche, um einen Privatdetektiv zu beordern, etwa den möglicherweise untreuen Ehepartner per Kamera-Fangschuss in flagranti zu dokumentieren. Aber vor allem Wirtschaftsunternehmen sind weniger gewillt als früher, Einbußen durch diebische Mitarbeiter, Vertriebspartner oder Kunden hinzunehmen. Sie engagieren heimlich Späher, die den dubiosen Verlusten auf den Grund gehen sollen. Hier haben die Aufträge zugelegt.

"Die Toleranzschwelle der Unternehmen ist deutlich gesunken", sagt Jörn Hauschild, Pressesprecher der beiden kooperierenden Detektei-GmbHs Astor und Condor. Die Unternehmensgruppe ist nach eigenen Angaben die größte Wirtschaftsdetektei in Europa, mit Büros in Stuttgart, Hannover, Düsseldorf, Leipzig, Mannheim und München, aber auch in Málaga, Barcelona und - seit 1980 - in Palma (nähere Infos unter www.meinedetektei.de ). Erst vor einer Woche hielten die Geschäftsführer der Firmensitze ein Routine-Treffen auf Mallorca ab.

In Deutschland sind die rund 110 Mitarbeiter zu 85 Prozent tätig für Firmen, Selbstständige und Gewerbetreibende. Nur 15 Prozent der Ermittlungen, Beobachtungen und Nachforschungen entfallen auf den Privatbereich. "Auf Mallorca ist das allerdings ein wenig anders", sagt Hauschild. Das Verhältnis der beiden Arbeitsbereiche schätzt er auf 50:50.

Der klassische Fall kommt auf der Insel immer wieder vor: Die Detektive observieren getrennte verreiste Eheleute. Mancher Mann oder manche Frau wolle das eindeutige Beweisfoto, bei anderen reicht schon die Nachricht, dass der Ehepartner im vertraulichen Beisein mit einer anderen Person im Restaurant observiert wurde.

Im wirtschaftlichen Bereich wiederum hält vor allem die Markenproduktpiraterie die Detektive auf Trab. "Textilhersteller bitten uns um Hilfe, möchten wissen, wer ihre Ware illegal imitiert", bevor sie als vermeintliches Schnäppchen verhökert wird. Die Insel ist nach Hauschilds Worten ein "Drehkreuz der Markenproduktpiraterie". Der Grund: Jedes Jahr gelangen Millionen konsumfreudiger Urlauber auf die Insel. "Mallorca ist ein Ort, an dem gefälschte Artikel verstärkt nachgefragt und dementsprechend angeboten werden." Bemerkt ein Kunde später die Fälschung, ist er längst wieder zu Hause und weit weg vom dem Verkaufsladen.

Für die Detektive beginnt die Arbeit hingegen am "Point of Sale" auf Mallorca. Sie müssen insgeheim die logistischen Ströme der falschen Waren aufdecken, damit ihre Auftraggeber letztlich juristisch gegen deren Produzenten vorgehen können.

"Wir haben im Jahr rund 100 Fälle mit Mallorca-Bezug zu lösen", sagt Hausschild. Oft wird der Auftrag dazu in Deutschland erteilt, erst dann wird während der Recherche deutlich, dass die Spur der Kriminellen nach Mallorca führt. Etwa, wenn Anlagebetrüger mit dubiosen Fonds gar nicht in Deutschland gemeldet sind, sondern verdeckt auf der Insel residieren. Oder wenn Firmenmitarbeiter heimlich die Dienstwagen ihres Arbeitgebers entwenden und sie über Mittelsmänner auf der Insel "verticken".

Mallorca ist für Hauschild jedoch keinesweg eine Kriminellen-Insel. Hintermänner seien dort ebenso zu finden wie etwa auf Sylt. Allerdings gestalte sich die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort auf Mallorca schwieriger. Erfolgten die Vergehen in Deutschland, halte sich deren Interesse in Grenzen. Aus diesem Grund fühle sich so mancher Kriminelle auf Mallorca sicher, bis die Inselbehörden dann doch anspringen und aktiv werden. "Da gibt es positive wie negative Erfahrungen. Insgesamt wünschen wir uns mehr Kooperation mit den Behörden."

Detektive werden den Angaben zufolge einzig nach Zeitaufwand bezahlt, nicht nach dem Sachwert beispielsweise der gestohlenen Ware. So wird die Detektiv- oder Ermittlungsstunde in der Regel je nach Anforderung und Umfang des Auftrages mit zwischen 48 und 120 Euro berechnet.

Über den Daumen gepeilt: Das Erwischen eines untreuen Ehepartners, der sich mit dem/der Geliebten verlustigt, schlägt im Schnitt mit 600 bis 800 Euro zu Buche.

Anders als im Spielfilm müssen sich reale Detektive stets an Recht und Gesetz halten. Andernfalls werden ihre Erkenntnisse vor Gericht nicht anerkannt. Auch haben sie Persönlichkeitsrechte und Datenschutzvorgaben einzuhalten. Aus diesem Grund sind in den Detekteien Experten beschäftigt, die sich vor allem im Steuer-, Arbeits-, oder Unternehmensrecht bestens auskennen müssen. Sie kooperieren mit Juristen, die die Mitarbeiter auf dem neuesten Stand der Rechtslage halten. Hinzu kommen viele Internet- und Software-Sachverständige. "Ein erheblicher Teil unserer Ermittlungen erfolgt vor Ort", sagt Hauschild. Soll heißen, im Büro der Detektei per Computer und Internet. Immerhin: So ganz ohne den Privatdetektiv, der verdeckt im Hauseingang steht, oder aus seinem Auto heraus das Treiben der Verdachtsperson observiert, kommen auch Wirtschaftsdetekteien nicht aus.

Und so ganz den Vorbildern aus dem Fernsehen können sich auch die echten Detekteien nicht entziehen. Ruft man bei Astor oder Condor an, erklingt am Telefon die Filmmelodie von "Miss Marple."