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Der Anblick ist verstörend: Eine Frau sitzt auf dem Balkon ihres Zimmers im Hotel "Timor" an der Playa de Palma auf Mallorca und schaut auf eine riesige Baustelle mit Kränen, Baggern, schwitzenden Bauarbeitern und natürlich viel Staub und Lärm. Ein klarer Fall von Reisenepp und falschen Versprechungen im Katalog? Mitnichten. An der Hotelrezeption des Vier-Sterne-Hauses wird auf MM-Anfrage versichert, dass alle Gäste vorher informiert worden seien. Das Hotel sei ausgebucht. Tatsächlich bestätigt eine Gruppe junger Frauen in Junggesellinnen-Abschieds-Optik, dass sie von der Baustelle Kenntnis hatten, aber "ohnehin nicht viel Zeit auf dem Zimmer" verbringen. Die Touristen sind anpassungsfähiger als manches Bewertungsportal glauben macht.

Die Playa de Palma soll schöner werden und das hat seinen Preis. So wird neben dem Hotel Riu Bravo ebenfalls an einem Großprojekt der Hipotel-Gruppe gebaut. Auch hier genießen die Hotelgäste einen Blick auf die Baukräne, haben sich aber nach Angaben der Hotelkette nicht "mehr als normal" beschwert. Außerdem informierten die Reiseveranstalter schon bei der Buchung über die Arbeiten.

Das Bauen in der wichtigsten Touristenzone Palmas zur Hauptsaison ist in der Bauverordnung nicht ausdrücklich verboten, sagt Patricia Lliteras von der Hotelvereinigung Playa de Palma. In der 2014 verabschiedeten Verordnung wird lediglich vom 1. Mai bis 30. Oktober in Gegenden mit "hohem touristischen Aufkommen" eine Kernarbeitszeit bei Baustellen im Freien von 11 bis 19 Uhr festgelegt. Generatoren dürfen maximal mit einer Lautstärke von 90 Dezibel arbeiten, was einem Lkw entspricht. Die Maschinen müssen einen Mindestabstand von 50 Metern haben, weitere Einschränkungen sind der Verordnung nicht zu entnehmen.

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Zwischen den Hoteliers, die bauen und denjenigen, deren Häuser betroffen sind, habe es jedoch Gespräche gegeben, sagt Lliteras. So habe man sich darauf geeinigt, die lärmintensiven Arbeiten mit Presslufthämmern im Frühjahr zu erledigen. Tatsächlich erklingt jetzt nur das typische Surren der Kräne und das Hämmern. Nichts, weswegen der Cocktail am Pool nicht mehr schmecken würde, auch wenn die Kräne deutlich sichtbar sind.

Ein größeres Ärgernis ist da die Cala Llamp in der Gemeinde Andratx, in der seit Monaten Wasser- und Stromleitungen verlegt werden. "Cala Llamp ist eine einzige Baustelle", sagt Anwohner Bernd Reisig. Er schätzt, dass täglich 50 Lkw durch seine Straße fahren. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.

Mehr im Sinne der Anwohner und Touristen handelt dagegen die Gemeinde Calvià. Dort sind schwere Arbeiten mit Maschinen und Presslufthämmern in der Hochsaison in touristischen Zonen maximal zweieinhalb Stunden am Tag erlaubt, von 10.30 bis 13 Uhr. Das hatte bereits die konservative Vorgängerregierung unter Manuel Onieva 2014 verabschiedet. Die örtlichen Baufirmen hatten dagegen geklagt, jetzt hat ein Gericht der Gemeinde recht gegeben. Auch so kann es laufen.

(Aus MM 28/2015)