All-inclusive-Gäste erhalten auf Mallorca ein Kunststoffarmband als Erkennungszeichen.

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Laura und Julia blinzeln müde in die Mallorca-Sonne. Sie haben die letzte Nacht zum Tag gemacht und lange an der Playa de Palma gefeiert. Daraufhin haben sie das Frühstück im Hotel verschlafen. Kein Problem, es gibt ja das Mittagessen, das sie ohne Zusatzkosten einnehmen können. Anschließend gönnen sie sich einen Milchkaffee auf der Hotelterrasse am Pool. Alles ohne einen Euro Mehraufwand, dank All-inclusive. Die jungen Frauen aus Bottrop können sich morgens, mittags und abends im Hotel verpflegen lassen, dazu gibt es Kaffee, Snacks und alkoholische Getränke an der Bar, meist ohne zusätzliche Ausgaben.

María, die Inhaberin einer bekannten Pizzeria an der Playa de Palma, hat weder Zeit noch Lust, sich zum Thema All-inclusive zu äußern. Nur so viel: "Es ist grauenvoll. Am besten verbieten, abschaffen."

Ganz anders sieht das Alex Alzamora, Direktor des Grupotels Orient: "Ohne All-inclusive würden viele Gäste gar nicht nach Mallorca kommen, sondern ihre Urlaube in der Türkei oder Ägypten verbringen." Eine Ansicht, die der Reiseveranstalter DER-Touristik sicherlich unterschreiben würde: "Das Alles-inklusive-Geschäft auf Mallorca ist für uns sehr wichtig. Rund ein Drittel unserer Mallorca-Urlauber bucht All-inclusive."

Wenig begeistert wiederum ist Jamal Abdelloui, der in seinem Lokal Mamita Marrakech unweit des "Ballermann 6" nordafrikanische Küche offeriert. "Es gibt viel All-inclusive. Wenn ich die Leute in mein Lokal einladen möchte, zeigen sie auf ihre Armbänder und sagen: Wir haben schon gegessen."

Die konträren Aussagen zeigen, wie unterschiedlich das Thema All-inclusive wahrgenommen wird. Das ist auf Mallorca noch nicht einmal neu. Ein Novum ist jedoch, dass die neue Linksregierung auf den Balearen angekündigt hat, den Anteil des All-inclusive-Angebotes zurückdrängen zu wollen. Dazu soll auch das balearische Tourismus-Gesetz in einigen Paragraphen reformiert werden. So weit, so gut. Doch wie das im Einzelnen geschehen soll, ist noch völlig unklar. Denn schlicht verbieten lässt sich All-inclusive nicht, denn es handelt sich lediglich um eine Verköstigung der Gäste sowie um eine weitere Verpflegungsart neben "Nur Frühstück", Halbpension, Vollpension. Ein Eingreifen des Gesetzgebers würde der unternehmerischen Freiheit zuwiderlaufen. Die öffentliche Verwaltung kann den Hoteliers weder vorschreiben, welche Preise sie zu verlangen haben, noch sie dazu zwingen, ihren Gästen künftig nur noch Kaviar und Champagner aufzutischen.

Nichtsdestotrotz ist aufseiten der Politik davon die Rede, die qualitativen Mindestanforderungen so zu verschärfen, dass ein Ausweiten von All-inclusive verhindert wird.

Die Präsidentin des mallorquinischen Hotelverbandes Fehm, Inmaculada de Benito, kann das angekündigte Vorhaben der Balearen-Regierung nicht recht nachvollziehen. "Wir haben schon jetzt eine ganze Reihe von Vorschriften in Sachen Qualität und All-inclusive. Es ist nicht notwendig, sie zu verschärfen. Wichtiger wäre es, auf die Einhaltung der bestehenden Vorgaben zu achten." Nach ihren Worten liegt der All-inclusive-Anteil seit etwa fünf Jahren stabil bei 18 Prozent aller Hotelübernachtungen. Am höchsten lag der Anteil in den Jahren 2008 bis 2010. Damals betrug er 24 Prozent.

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Die Praktiker an der Gästefront fragen sich, wie die Qualitätsstandards tatsächlich angehoben werden sollten. "Das Angebot der All-inclusive-Leistungen wird in der Regel von den Reiseveranstaltern für die Partnerhotels festgelegt", sagt Direktor Guillem Cerdà, der für die Grupotels an der Playa de Palma zuständig ist. Von den verschiedenen Niederlassungen des Unternehmens offeriert einzig das Drei-Sterne-Haus Orient, hinter dem Taurus-Park gelegen, All-inclusive. Dort logieren nach Cerdàs Angaben 30 Prozent der Gäste mit der genannten Verpflegungsvariante, 70 Prozent buchen für ihren Urlaub die traditionelle Halbpension. "Das bedeutet: Das Frühstück und das Abendessen sind für beide Urlaubsgruppen identisch."

Der Unterschied sei, dass für die All-inclusive-Gäste auch Snacks und Drinks an der Bar sowie das Speiseeis für die Kinder mit dem Reisepreis bereits abgegolten seien. Aber unterschiedliche Qualitäten bei den Lebensmitteln? Die gebe es gar nicht. Selbst bei den Getränken ist mit dem Reiseveranstalter klar vereinbart: Der All-inclusive-Gast mit dem blauen Armband am Handgelenk bekommt etwa beim Bier bis 23.30 Uhr spanische Primemarken (im Orient ist es "Estrella"-Bier). Möchte der Gast hingegen deutsches Bier trinken, muss er einen Aufschlag zahlen. Für ein Weizenbier sind das an der Bar 2,50 Euro, während jeder andere Gast an der Bar für dasselbe Bier 4,60 bezahlen müsse.

Im Schnitt beträgt der Preisunterschied zwischen einem Pauschalurlaub mit Halbpension und einem All-inclusive-Urlaub 16 bis 21 Euro pro Gast und Tag. Der stabile Anteil an All-inclusive im Hotel Orient ermögliche es zudem, dass man das Mittagsbüfett auch jenen Gästen mit Halbpension anbieten könne. Sie zahlen dafür acht Euro (ohne Getränke). Täglich kommen auf diese Weise rund 300 Speisende der verschiedenen Verpflegungsarten zusammen.

Fabian Lück und Sascha Bronner aus Augsburg fiel es nicht schwer, sich für die Rundum-Verpflegung zu entscheiden. "Uns bot das Reisebüro All-inclusive für einen Aufschlag von 40 Euro an. Da haben wir gleich zugegriffen." Tatsächlich haben sie seitdem auswärts nichts mehr konsumiert. Auch eine Gruppe von Freunden aus Wolfsburg entschied sich für All-inclusive: "Die Reise per Halbpension wäre für uns 150 Euro billiger gewesen. Aber da wir gerne viel trinken, haben wir auf All-inclusive gesetzt. Dennoch gehen wir zum Feiern in andere Lokale und geben dort jeder zwischen 100 und 150 Euro am Tag aus."

Man kann gespannt sein, wie die Balearen-Regierung der All-inclusive-Nachfrage einen Riegel vorschieben möchte. Die deutschen Reiseveranstalter sehen ihrerseits die Nachfrage nach All-inclusive stabil, auch wenn der Anteil auf Mallorca weit unter dem der anderen Mittelmeerdestinationen wie etwa der Türkei (90 Prozent) liegt. "Bei Familien, für die Budget-Sicherheit ein wichtiges Buchungskriterium ist, wird All-inclusive weiterhin eine sehr beliebte Angebotsform bleiben", heißt es bei Thomas Cook.

Auch TUI sieht All-inclusive weiter gefragt. Eine Herausforderung sei es, die touristischen Zonen attraktiver zu gestalten und Geschäfte, Bars und Restaurants in verschiedenen Preissegmenten anzubieten. "Auf Mallorca sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Hotels renoviert werden, ohne dass die Umgebung mit dieser Entwicklung Schritt gehalten hat. Kaputte Promenaden und abblätternde Farbe von Hausfassaden prägen das Bild einiger touristischer Zonen, zum Beispiel in Can Picafort", sagte eine Unternehmenssprecherin.

"Die Ansprüche der Gäste an All-inclusive werden wachsen", prognostiziert man bei Alltours. Aus diesem Grund müsse das Angebot qualitativ hochwertig bleiben und gleichzeitig zeitgemäß weiterentwickelt werden. "Showcooking zum Beispiel ist inzwischen bereits ein fester Bestandteil in vielen Hotels", sagte ein Sprecher. Letztlich werde All-inclusive auf Mallorca für bestimmte Zielgruppen, etwa Familien, langfristig ein Entscheidungskriterium bleiben, während Singles oder Paare meist andere Vorstellungen haben. "Am Ende wird immer der Kunde entscheiden."

(aus MM 34/2015)