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Nicht alle Saisonangestellten auf der Insel sprechen gerne über ihre Beschäftigungsbedingungen oder gar den Arbeitgeber. Einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt, ist José Maria Goitia Delprado, der in El Arenal als Koch beschäftigt ist. Grundsätzlich ist der 57-jährige Spanier mit philippinischem Migrationshintergrund sehr zufrieden mit seinem Job, der ihn schon seit 2004 jedes Jahr ins gleiche Hotel führt: "Ich koche gern und habe deswegen Spaß an der Arbeit." Der Lohn sei tarifvertraglich geregelt und richte sich nach der Position in der Küche, in seinem Fall etwa als Chef de Partie für die kalten Speisen am Büfett - egal ob Salat oder feines Carpaccio.

Positiv sieht Goitia auch, dass er jedes Frühjahr sicher damit rechnen kann, wieder seine Stelle antreten zu können: "Los geht es immer kurz vor Ostern, 14 Tage vorab werden wir telefonisch verständigt. Gearbeitet wird durchgehend ohne Urlaub bis 31. Oktober", so Goitia. Bei seinem Arbeitgeber sei es generell vorgesehen, sich den Ferienanspruch im Anschluss an die Saison bar auszahlen zu lassen. "Finiquito" nennt man diese kleine Jahresabfindung auf Spanisch, und in den 20 Tagen, die sie in etwa abdeckt, hat man auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da der Vertrag zunächst weiterläuft.

Fast acht Monate am Stück keinen Urlaub nehmen zu können, das stört Goitia nicht weiter, da er während der Saison schon immer sonntags und montags frei hat. Da die Essenszeiten im Hotel fest geregelt seien, brauche er auch kaum Überstunden machen und arbeite täglich von 13 Uhr bis in den Abend. "Das ist optimal, um morgens Sport zu treiben oder Behördengänge zu erledigen", meint der Koch, der in seiner Freizeit auch gerne Kuchen und Kekse backt und von einer eigenen Konditorei träumt.

Die Schattenseiten seines Daseins als "Fijo discontinuo" sieht Goitia klar in der Saisonabhängigkeit, auch wenn er die freie Zeit schon zweimal für längere Reisen in seine Heimat auf den Philippinen genutzt hat. "Einen Winterjob im Restaurant habe ich in all den Jahren erst ein einziges Mal gefunden. Das Problem ist einfach, dass im Herbst alle gleichzeitig auf der Suche sind." Wirtschaftlich komme er trotz allem gut über die Runden, da seine Ehefrau fließend Englisch spreche und ganzjährig als Buchhalterin in einem internationalen Unternehmen auf Mallorca beschäftigt sei.

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Ansonsten nutzt José Maria Goitia den Leerlauf von November bis März dazu, um die Eigentumswohnung im Osten von Palma zu renovieren: "Malen, tapezieren, Parkett legen", sagt er und deutet auf die frisch gestrichenen Wohnzimmerwände. Auch lange Spaziergänge mit dem Hund bis hinauf zum Castell de Bellver gehören zu seinen Leidenschaften. "Im letzten Jahr habe ich abgenommen, und das Cholesterin ist auf einen guten Wert gesunken", sagt er zufrieden.

Unter dem Strich hat Goitia wenig an seinem Dasein auszusetzen. Das Einzige, was er sich wünschen würde, ist eine etwas längere Saison. "Neun Monate wären ideal. Leider gab es das bisher nur einmal, vor langer Zeit." Sollte Mallorca weiter so gut gebucht werden wie im Moment, ist aber nicht auszuschließen, dass es wieder einmal so kommen könnte. José Maria Goitia wartet täglich auf einen Anruf aus El Arenal. (mic)

(Der Bericht ist Teil des Themas der Woche im neuen MM. Die vollständige Berichterstattung lesen Sie in der jüngsten Ausgabe (8/2016), erhältlich am Kiosk auf Mallorca, sowie an den Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland; oder auf E-Paper.)

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