Lebensgefühl Playa de Palma: Die Unternehmer wollen der Strandmeile ein neues, edleres Image verpassen.

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Über die Meerespromenade flanieren Menschen, im Meer baden die ersten Mutigen, auf der Straße sind Radfahrgruppen unterwegs und in den Cafés sind bereits zahlreiche Tische besetzt, trinken die Gäste Bier, Wein Cocktails. Tatsächlich regt sich an der Playa de Palma in diesem Jahr reichlich Leben: Die touristische Meile ist ungeachtet der Zuwächse der vergangenen Jahre gefragt wie lange nicht mehr. Über die Ostertage waren die dortigen Hotels bis zu 80 Prozent belegt sein. Der Anteil der Unterkünfte, die bereits geöffnet hatten, lag nach Angaben von Mallorcas Hotelverband Fehm bei 70 Prozent. Bei den übrigen Hotels handelt es sich zudem nicht um winterliche Langschläfer. Vielmehr wird dort noch gebaut, renoviert, saniert. Wer in diesen Tagen an der Playa längs marschiert, stößt noch auf Baustellen und Lastwagen; Baulärm aus der Ferne mischt sich mit den Chill-Out-Klängen der Lokale.

Immer wieder gibt es an der dienstältesten Wiege des Massentourismus Neues zu entdecken. Etwa den berühmt-berüchtigten Strandkiosk Balneario 6, der jahrzehntelang als "Ballermann 6" Ruf und Nimbus der gesamte Zone brandmarkte. Jetzt kommt die Bude in einem gänzlich Look daher: Statt seinerzeit orangefarbenen Keramikfliesen (1972-1993) und dem späteren Edelstahl-Outfit (1994-2016) präsentiert sich der umgetaufte "Beach Club Six" nun als holzgetäfeltes Lokal, wie man ein solches an einem Naturstrand erwarten würde. Um dennoch nicht allzu rustikal zu wirken, ist die Bestuhlung auf stylisches Grün umgestellt. Das Lokal von einst, das vor exakt 20 Jahren im gleichnamigen Ballermann-Kinostreifen zur Bier- und Eimer-Sangria-Tränke verballhornt wurde, legt damit einen ungeahnten Imagewandel hin.

Ein Wandel, der sich in den vergangenen zwei Saisonen bereits immer deutlicher ankündigte. Seit 2012, dem Inkrafttreten des Tourismusgesetzes, das Unternehmern mit Bauerleichterungen Anreize zum Modernisieren bot, haben Hoteleigentümer rund 600 Millionen Euro in die Renovierung und Generalsanierungen ihrer Häuser investiert. Mit dem Abschluss weiterer 20 Arbeiten, die erst in diesem Winter begonnen wurden, werden dann bis zum Sommer insgesamt 21 Hotels aufgehübscht und aufgewertet worden sein, sagt der Präsident der Hoteliervereinigung an der Playa de Palma, Francisco Marín.

Doch mit dem Fortschritt an der Touristenmeile offenbart sich umso mehr, wohin die Welle der Innovation bislang nicht angebrandet ist: Neben den jüngst herausgeputzten Übernachtungsbetrieben treten die nach wie vor verlotterten und verwahrlosten Winkel und Ecken der Strandzone noch deutlicher hervor. Alt und Neu bilden an der Playa de Palma derzeit einen unüberbrückbaren Kontrast. Die beiden Konzepte von angejahrter Tradition und hipper Innovation bilden derzeit ein gänzlich unausgewogenes Zerrbild. Direkt neben den Eingängen zu den veredelten Hotels stehen die Batterien ramponierter Abfallbehälter. Verkommene Eingangstore und Gebäudefassaden säumen die Straßen zwischen den Fünf-Sterne-Herbergen. Insbesondere in der zweiten Linie weist der Straßenbelag Flickwerk auf, die Bürgersteige sind brüchig, das antiquierte urbane Mobiliar - sprich Straßenbeleuchtung, Stromleitungen, verrostete Verkehrsabsperrungen und Sitzbänke aus Beton - wirken alles andere als ansprechend.

Die Verantwortung für diesen Zustand sieht der Privatsektor, das sind in erster Linie die Inhaber der Hotels, bei der Lokalpolitik. Während die Geschäftsleute dreistellige Millionenbeträge in die Playa investierten, blieb die öffentliche Hand weitgehend untätig. Die vielen versprochenen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, zur Ausbesserung der Straßen und zur Pflege der öffentlichen Wege, Plätze und Grünzonen, sie harren weiter ihrer Erfüllung.

"Wir wünschen uns, dass etwas im Umfeld unserer Hotels geschieht. Es kann nicht sein, dass wir in ein Fünf-Sterne-Haus investieren, um Urlauber von mittlerer und gehobener Kaufkraft anzulocken, und diese dann auf die Straße treten, und dort keine adäquaten Verhältnisse vorfinden", sagt Xisco Fullana, Vertriebsvorstand der Hipotels-Gruppe, die derzeit direkt hinter dem Mega-Park zwei Hotelkomplexe fertigstellt. Das Vier-Sterne-Haus wird am 29. April den Betrieb aufnehmen, die Fünf-Sterne-Unterkunft folgt am 1. Juni.

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Ähnlich sieht das Pepe Frau, Eröffnungsdirektor des Luxus-Hotels Llaut Palace, wenige Schritte entfernt. "Alles was bisher geleistet wurde, ist das Werk von Privatunternehmern gewesen. Die öffentlichen Verwaltung, das Rathaus sowie die Balearen- und die Zentralregierung haben bisher nichts Nennenswertes geleistet. Im Gegenteil, sie legen uns auch noch Hindernisse in den Weg." Nach seinen Worten fehlt es der Politik weniger an Geld denn am Willen, etwas an der Playa de Palma ändern zu wollen.

Handlungsbedarf aufseiten der Privatunternehmer wird indes ebenfalls angemahnt. Etwa von Juan Ferrer, dem Initiator der Qualitätsvereinigung Palma Beach. Die im Vorjahr gegründete Organisation hat Hoteliers, Gastronomen, Einzelhändler und Dienstleister wie etwa Golfplatzbetreiber ins Boot geholt, um gemeinsame Standards für eine bessere Erscheinung der Playa de Palma zu verwirklichen. Man verpflichtete sich unter anderem zum weitgehend Verzicht auf All-inclusive-Angebote in den Hotels sowie auch Billiganreize über Massenrabatte und Nachlässe bei Trink- und Partyveranstaltungen in Lokalen. Auch der ambulanten Bewerbung von Geschäften und Restaurants in den Straßen wurde eine Absage erteilt. Vielmehr wollen die Mitglieder der Vereinigung durch ein Plus an Qualität und Gediegenheit punkten.

Ihre Lokale fallen ins Auge: Statt altbekannter Bier-, Wurst- und Bulettenbuden setzten diese Gastronomen auf Cocktails, Tapas, Thaifood. "Es müssten sich aber noch weit mehr Unternehmer in dieser Linie einbringen", sagt Ferrer mit Blick auf den Handel. Von der Politik erwartet er einen Masterplan mit Zielvorgaben, was in drei, fünf, sieben und zehn Jahren zu erreichen sei. "Wir müssen die Playa de Palma auf Nachhaltigkeit umstellen, damit auch eine dritte und vierte Generation von Dienstleistern und Beschäftigten hier mit der Strandmeile ein Auskommen finden kann. Ein solcher Masterplan müsse zudem vollkommen unabhängig von jeglicher Parteipolitik sein. Vielmehr gehe es darum, dass sich alle Seite verbindlich einbringen. Der Strandabschnitt müsse für die städtische Verwaltung dieselbe Bedeutung haben wie das Altstadtzentrum von Palma. "Die Playa braucht drei Dinge: Pflege, Liebe und Verantwortlichkeit."

Null Tätigkeit kann man der Stadt aber nicht vorwerfen. So sollen 2017 die neuen - und sogar unterirdischen Müllcontainer - endlich kommen. Parallel dazu ist geplant, den Straßenbelag zu erneuern, für 1,25 Millionen Euro. Eine Million dafür stammt von der Tourismusagentur ATB, die ihrerseits weniger Geld für Werbung ausgeben will. Vorgesehen ist zudem ein Wettbewerb, um eine neue Beleuchtung für die Playa zu gestalten.

So mancher Hotelier, der schon seit Jahrzehnten sein Geld mit und an dem knapp fünf Kilometer langen Sandstreifen verdient, glaubt, dass der Playa bereits mit rudimentärsten Mitteln zu helfen sei. "Wir brauchen Sauberkeit und Sicherheit. Das ist schlicht die Grundlage, damit sich Menschen hier wohlfühlen können", sagt Guillem Cerdà, Direktor des Grupotels Playa de Palma.

Doch genau an diesen Punkten wird es auch diesen Sommer wieder haken, befürchtet Verbandspräsident Francisco Marín. Es werden viele Besucher kommen, die Zahl der Polizisten werde aber nicht zunehmen. Erst wenn die Polizei ausreichend Präsenz zeige, um Kleinkriminellen wie Taschendieben, Hütchenspielern und Klauhuren das Handwerk zu legen, ferner, um Trunkenbolde und Radaubrüder in die Schranken zu weisen, und drittens um illegale Dienstleistungen wie den Straßenhandel und die Massagen am Strand zu verbieten, werden es an der Playa de Palma gesitteter zugehen. Doch die Stadtverwaltung setze nach seinen Worten andere Prioritäten. Dass die Playa de Palma trotzdem eine Erfolgsstory ist, liege jenseits des politischen Agierens, sagt Marín. "Wir haben einen schönen Strand, gutes Wetter sowie beste Anbindung an den Airport und das Zentrum von Palma. Das lockt die Urlauber zu uns. Und das ist das Glück, das wir haben."

(aus MM 15/2017)