Man ist bereit für die Gäste.

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Mit dem Kommentar von Geschäftsführer Marcos Seijo in breitem Badisch hätte man nicht gerechnet. „Wir haben unsere Bierauswahl wegen der spanischen Kunden die letzten Wochen vergrößert. Spanier mögen das San-Miguel-Bier nicht so gerne, deutsche Urlauber lieben es.“

Der aus der Nähe von Lahr im Schwarzwald stammende Halbspanier betreibt zusammen mit seiner Partnerin Ines Seijo die Strandbar und das angrenzende Restaurant „La Vida“ in Peguera. Erste Meereslinie, man kann die Füße in den Sand strecken, während man einen Cocktail oder Smoothie trinkt, der Blick auf das blaue Meer ist frei. Das Lokal hat geöffnet, obwohl der Ort noch weitgehend im Dämmerschlaf verharrt. Die Deutschen fehlen. Und das merkt man in dem normalerweise von Familien dominierten Urlaubsort.

Die Hauptstraße, flankiert von unzähligen kleinen Läden, die normalerweise Strandkleider, Sand-eimerchen und Schaufeln, Flipflops und Sonnenbrillen verkaufen, ist ausgestorben. Viele Rollläden sind unten, die Hotels „verrammelt.”

Die chinesische Familie, die einen Schmuck- und „Nippesladen“ betreibt, hat ihr Geschäft geöffnet. Mit der Presse sprechen möchte sie allerdings nicht. Kein Foto, keine Auskunft. Der junge Chinese tippt in sein Handy, auch die Frau hinter der Kasse wendet sich ab. Kunden? Fehlanzeige.

Peguera ist eine der deutschen Touristenhochburgen. „Little Germany“ der Beiname des normalerweise knapp 4000 Einwohner zählenden Ortes. Zwei große, breite Strände laden zum Sonnenbaden ein. Vor allem Familien machen hier im Sommer Urlaub. Der Ort lebt von den Touristen, Einheimische gibt es natürlich auch, aber Peguera ist geprägt von den Urlaubern. Noch gleichen die Straßen Geisterstraßen, viele Terrassen der Cafés sind mit rot-weißem Absperrband zugeklebt.

„Bedrückend“ findet dies ein deutscher Resident, der seit über 20 Jahren hier lebt. Den Lockdown haben er und seine Frau hier verbracht. Jetzt genießen sie endlich wieder ein Glas Weißwein auf der Terrasse des Gran Café Beach Club. Sie haben einen guten Draht zur Geschäftsführerin Tanja Schwarz und ihrem Team. Die gebürtige Bulgarin hat geöffnet, auch wenn die meisten Tische leer bleiben. Auch sie hat sich den „neuen Kunden“, den Spaniern, während der vergangenen Wochen angepasst und sieht darin Chancen. „Normalerweise kommen die Spanier und Mallorquiner nicht zu uns.” Wenn die Speisekarte für den deutschen Gaumen ausgelegt ist – es gibt Schnitzel und Schweinelende – wählt man lieber ein anderes Lokal. Außerdem hätten viele das Vorurteil, dass das Essen in erster Meereslinie oft teuer und zudem schlecht sei. Jetzt seien viele Spanier vor allem am Wochenende gekommen. „Spanier zelebrieren das Essen mit mehreren Gängen. Dann noch den Nachtisch, Kaffee.” Das sei gut für das Lokal, erzählt Schwarz.

Mallorquiner entdecken ihre Insel neu. Wann hat man sonst Zeit, im Juni unter der Woche am Strand zu sein?

Auch die Rettungsschwimmer von Peguera genießen die leeren Strände der Insel. Diego Greco, der Chef des Teams, fährt an seinen freien Tagen an Mallorcas Buchten. „Das habe ich vorher noch nie gemacht. Normalerweise ist es viel zu voll“, sagt der aus Uruguay stammende Lebensretter. Aktuell ist an ihrem Strand alles entspannt. „Die Leute halten sich gut an die Regeln“, sagt Greco.

Auch wenn die Weite des Strandes und der viele Platz ihre schönen Seiten haben – die sich wie „Stümpfe“ in die Sonne reckenden nackten Pfosten der Sonnenschirme, geben dem Strand etwas Tristes. Die leeren Hotelbalkone gähnen die Strandbesucher an.

Wahre Tristesse kommt aber in der zweiten Meereslinie auf. Dort betreiben die Inder Gurinder Singh und Vinay Komli einen Laden. Sie haben geöffnet, aber auch bei ihren herrscht absolut tote Hose. Gurinder Singh ist niedergeschlagen. Seit sieben Jahren führt er den Laden mit Getränken, Knabberzeug und Strandbedarf. Er habe es zu Hause nicht mehr ausgehalten. Auch wenn es sich finanziell nicht lohne zu öffnen, es sei allemal besser, als nur die vier Wände anzustarren.

Der Lockdown der vergangenen Wochen hat zwei Gesichter. Die einen schwärmen von dem türkisfarbenen Wasser, der klaren Luft und der „angenehmen Leere“ der Insel. Die vom Tourismus abhängigen Menschen warten sehnsüchtig darauf, dass es wieder losgeht. Doch auch viele der finanziell hart Getroffenen zeigen einen erstaunlichen Pragmatismus und eine positive Einstellung. Tanja Schwarz vom Gran Café Beach Club hat die freie Zeit genossen. „Die Gastronomie ist ein hartes Geschäft“, erzählt sie. Sie hat einen kleinen Sohn, für den sie nun endlich einmal Zeit hatte. Auch der Badener mit den spanischen Wurzeln ist entspannt. „Wir Schwarzwälder sind hart im Nehmen“, sagt er lachend, während seine Frau die Weißweinflaschen hinter der weißgetünchten Holztheke entkorkt.

Eine, die normalerweise immer unter Strom ist, ist Marion Pfaff, besser bekannt als „Krümel“ von „Krümels Stadl”. Sie tourt in normalen Jahren am Wochenende durch Deutschland, heizt auf „Mallorca-Partys“ den Leuten ordentlich ein. Auch in ihrer Hauskneipe tanzt und singt sie regelmäßig direkt auf der Theke. Daniel und Marion Pfaff haben sich hier ihr kleines Party-Imperium geschaffen. 1000 Personen Durchlauf pro Abend ist die Norm. Nächstes Jahr feiern sie das zehnjährige Jubiläum ihrer Location auf Mallorca.

Wo normalerweise die angeheiterte Menge rockt, stehen jetzt die umgedrehten Holzbarhocker auf den Tischen. Der Laden ist zu. Diesen Sommer wird alles anders sein. Kein Toben dicht an dicht, dafür Bestuhlung mit begrenzter Besetzung. 30 Menschen sollen es im Innenraum werden. Der angrenzende Biergarten bleibt auch erst mal geschlossen.

Krümel und ihr Mann haben dennoch gute Laune. „Viele Stammgäste wollen direkt am 2. Juli kommen“, sagt sie. Daniel Pfaff ist die schwäbische Ruhe in Person. „Du kannst es nicht ändern“, sagt er. Der Wirbelwind „Krümel“ hat in den letzten Wochen ein neues Projekt geplant. „Was ganz anderes als bisher.“ Mehr werde noch nicht verraten.

Doch die Barhocker kommen bald runter. Dann wird die Theke wieder zu Krümels Bühne, wenn sie Hits wie „Mein Herz ist auf Mallorca zu Hause“ singt. Mit mindestens 30 Stammgästen, die begeistert mit ihr einstimmen werden „mein Malle, ich hab’ dich vermisst“.