Bier den ganzen Tag und nichts extra bezahlen? Immer mehr Feriengäste mögen das. | Patricia Lozano

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Es war im Mai 1996, als für Mallorcas Pauschalreisebranche ein neues Zeitalter anbrach. Als erster deutscher Veranstalter offerierte ITS seinen Gästen in einem Hotelressort in Alcúdia unter dem Motto „Essen, Getränke, Kaffee, Kuchen und Eis so viel man will” eine Verpflegungsart, die von mallorquinischen Hoteliers zuvor bereits erfunden und jahrelang erprobt worden war – wenn auch nicht auf der Insel selbst, sondern in der Karibik.

Das sogenannte „All inclusive” entwickelte sich daraufhin sehr schnell zu einer beliebten Alternative für Pauschalurlauber. Insbesondere junge Familien oder Paare, die außerhalb der Hotelmauern möglichst kein Geld mehr für Verpflegung ausgeben wollten, begannen die Flatrate-Pauschale als eine Art Budget-Sicherheit zu buchen. Damit das Servicepersonal sie von Halb- oder Vollpension-Gästen unterscheiden konnte, bekamen sie ein farbiges Plastikbändchen ums Armgelenk verpasst, als eine Art Freifahrtschein, um von morgens bis abends zu essen und zu trinken, ohne dafür extra bezahlen zu müssen.

Doch nach dem anfänglichen Boom ging die Zahl an All-inclusive-Urlaubern auf Mallorca immer mehr zurück. Grund dafür war vor allem das sich zunehmend verschlechternde Image dieser Versorgungskategorie. In vielen Hotels bekamen All-inclusive-Gäste qualitativ minderwertige Getränke und Speisen vorgesetzt. Außerdem ging der Trend in der Tourismusbranche in den vergangenen zwei Jahrzehnten weg vom Pauschal- und hin zum Individualurlaub, Büffet-Essen und Flatrate-Saufen im Hotel gelten mittlerweile oftmals als uncool und werden selbst von jugendlichen Reisenden verpönt.

In den vergangenen Jahren verminderte sich der Anteil von All-inclusive-Urlaubern auf Mallorca im Durchschnitt auf weniger als 15 Prozent. Doch diese Zahl könnte sich in der nächsten Saison deutlich verändern. „Die Reiselust der Deutschen ist definitiv da und Spanien auf der Beliebtheitsliste ganz oben”, sagt Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverband DRV. „Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die Konsumneigung der Deutschen vor dem Hintergrund der steigenden Inflation entwickelt und wie hoch das frei zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen sein wird”, so die DRV-Sprecherin. Abhängig davon, würden Reisende im kommenden Jahr vermutlich überaus preissensibel bei der Wahl des Urlaubsziels agieren. „Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis rückt noch stärker in den Fokus. Bei Familien mit Kindern dürften aufgrund der höheren Budgetsicherheit All-inclusive-Angebote besonders nachgefragt werden”, glaubt Heinen.

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Eine ähnliche Prognose wagt auch Aage Dünhaupt, Sprecher des Reisekonzerns Tui. „Das Bedürfnis nach Sicherheit ist groß, sodass zum einen mehr Pauschalreisen gebucht werden als individuelle Trips und zum anderen die Nachfrage nach All-inclusive-Angeboten deutlich steigt”, so Dünhaupt. In welcher Form sein Unternehmen auf die möglicherweise wachsende Nachfrage nach einer Flatrate-Versorgung im Urlaub reagieren werden, ließ er jedoch unbeantwortet.

Sehr viel klarer sieht man die Sache dagegen bei Neckermann. Nach dem Comeback des Traditionsveranstalters in diesem Frühjahr, der jetzt als eigene Marke zur Anex-Gruppe gehört, will man das Portfolio im kommenden Sommer deutlich ausbauen – und dabei verstärkt auch All-inclusive-Angebot offerieren. 12.000 Gäste hatte Neckermann in diesem Jahr begrüßen können, 2023 soll diese Zahl deutlich zunehmen. Im Fokus stehen dabei Familien. Auf Mallorca bietet die Marke knapp 200 Hotels, wichtigste Hotelpartner sind die Ketten Iberostar, Protour und Hipotels.

„Da wir wissen, wie wichtig Budget-Sicherheit gerade für Familien ist, haben wir unser Angebot hinsichtlich All-inclusive deutlich ausgebaut”, erklärte Carsten Burgmann, Markenchef von Neckermann Reisen in einem kürzlichen Interview mit der deutschen Fachzeitschrift Touristik Aktuell. Rund die Hälfte aller Flugpauschalreisen im kommenden Sommer seien daher erstmals mit einem All-inclusive-Paket buchbar.

Sollten das Konzept Erfolg haben, dürften auch andere Reiseveranstalter bereits kurzfristig Flatrate-Ferienprogramm ausweiten.