Ob Santa Ponça, Peguera oder Sant Elm: All diese Orte im Südwesten gelten als Urlaubermagnete. Gäste kommen sommers wie winters in einem der zahlreichen Hotels unter. Doch im Dorf Andratx war das bis vor kurzer Zeit nicht möglich. Obwohl bei Besuchern sehr beliebt und Ausgangspunkt vieler Wanderungen und Fahrradtouren, gab es hier noch keine offizielle Ferienunterkunft.
Eine Tatsache, die den Mallorquiner Pep Colom zum Nachdenken anregte. Als Besitzer eines Reisebüros sah er sich häufig mit diesem Manko konfrontiert: „Es fehlte einfach ein Hotel im Dorf, um nicht nur Urlauber, sondern auch Geschäftsreisende oder Familienangehörige unterzubringen”. Angesichts leerstehender ehemaliger Herrenhäuser an der Hauptstraße Avinguda Joan Carles I, verfestigte sich der Gedanke, eines davon zu kaufen und zu renovieren. 2022 war es schließlich soweit. „Die Gebäude sind geradezu prädestiniert dafür, sie in touristische Unterkünfte umzuwandeln. Ich wollte ein schlichtes Haus schaffen für Menschen, die das Dorfleben schätzen, die Ruhe und die Landschaft.” Die Gäste sollen dabei in das Dorfleben eintauchen und ein Ferienerlebnis abseits der Massenhotels genießen. „Fer poble”, nennt das Colom.

Dabei ist das „Unic” strenggenommen gar kein Hotel: „Man erlaubt es uns aufgrund der Bestimmungen nicht, uns so zu nennen. Wir tragen den Titel „Turismo de interior, kurz TI”. Das sind Unterkünfte, die sich im Landesinneren von Mallorca befinden und den Nutzern erlauben, das authentische Dorfleben kennenzulernen.
Das ist im „Unic” gewährleistet. Wände und Fassade wurden bereits im Jahr 1880 errichtet. Als private Villa wurde es ab 1921 genutzt. Viele Details aus dieser Zeit haben überdauert und wurden bei der Renovierung liebevoll ins neue Ambiente integriert. „Die Bodenfliesen sind noch original, alte Küchentüren aus Holz und Glas verrichten jetzt in den Badezimmern ihren Dienst, die Deko über den Betten stammt aus antiken Bettgestellen”, erklärt Colom beim Rundgang durch das Haus. Dekorateurin Laura Lerycke gab ihm dabei viele Einrichtungstipps sowie Zimmern und Eingangshalle den letzten Schliff.

Bringschuld in Andratx
Auch wenn die Renovierung länger dauerte als ursprünglich geplant und die Mühlen der Behörden langsam mahlten, zeigt sich der Inhaber nach drei Jahren Existenz zufrieden über das Ergebnis. Er betont, dass ausschließlich ortsansässige Firmen an den Arbeiten beteiligt wurden. „Obwohl ich aus Pollença stamme und lange in Palma gelebt habe, hatte ich nach 18 Jahren in Andratx eine Bringschuld. An keinem anderen Ort hätte ich ein Hotel aufmachen können. Ohne meine Mitarbeiter, die ebenfalls hier leben, bin nichts”, so der 51-Jährige und blickt dabei wohlwollend auf seine Mitarbeiterinnen Leyre und Carmen, die von Tag Eins mit dabei sind.

Die wiederhergestellte Hausfassade mit steinernen Fensterbögen, die farbigen Fliesen, historische Deckengiebel, all das erzählt auch die Geschichte der „Andrixols”: Ende des 17. Jahrhunderts zog es viele arme Bewohner nach Kuba, weiß Colom. Nachdem sie dort mit dem Verkauf von Meeresschwämmen zu Geld gekommen seien, kehrten sie in die Heimat zurück und bauten dort beeindruckende Häuser, die ihren Reichtum sichtbar machen sollten. So schmücken noch heute viele solcher Prachtbauten die Straßen von Andratx und dem Nachbarort S’Arracó.
Nomen est omen: Das Gästehaus ist nicht nur die einzige offizielle touristische Unterkunft im Ort. Der Name steht auch für die dekorativen Unikate, die die Besuchern an vergangene Zeiten erinnern. „Das Wort „unic” ist in vielen Sprachen leicht auszusprechen und spiegelt unsere Einzigartigkeit wider”, sagt Colom. Und auch die Herzlichkeit, mit der er seine Besucher empfängt. „Estás en tu casa”, fühl dich wie zu Hause, sagt der Hausherr zum Abschied. Im „Unic” fällt das ganz leicht.
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