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"Das ist mit Abstand der schönste Markt auf Mallorca", da sind sich Armin Spieth und Marianne Fischer sicher. Jeden Sonntag kommen sie nach Santa Maria del Camí, nicht immer zum Einkaufen. "Oft sitzen wir hier auf der Plaça und genießen die tolle Atmosphäre", sagt der aus Köln stammende Spieth und nimmt einen kräftigen Schluck aus dem Rotweinglas. Seine Begleiterin Marianne Fischer aus Leverkusen bescheinigt dem Markt vor allem Authentizität. "Das Schöne ist, dass es hier noch wenig touristisch zugeht, es kommen einfach noch wahnsinnig viele Einheimische her."

Spieth und Fischer wollen noch in diesem Jahr eine Straußenfarm eröffnen. Ihre Ausführungen zu jenem Projekt aber gehen in der "Marktschreierei" eines Korbflechters unter, der seine Ware nicht nur lautstark, sondern auch mit ausschweifenden Gesten anzupreisen versucht.

Bereits am frühen Vormittag wird deutlich, dass Spieth und Fischer nicht die Einzigen sind, die vorwiegend der Atmosphäre und weniger der Schnäppchen wegen nach Santa Maria kommen, denn die Bars, Restaurants und Kneipen, die den Marktplatz säumen, platzen aus allen Nähten. Tapas, Pinchos, Platos combinados und allerlei Alkoholika werden von Kellnern im schwarzen Gilet nach draußen getragen, wo Heizstrahler die Winterkälte vergessen lassen.

Inmitten der großen Plaça führen, akkurat wie auf einem Reißbrett, Gänge zwischen den zahlreichen, mit viel Ware bestückten Ständen hindurch. Ein jeder Standbesitzer scheint den anderen übertrumpfen zu wollen, so überladen sind die Auslagen mit Socken, Ledertaschen, Jeans, Pullovern, T-Shirts, Unterwäsche und Schuhen. Der Gang über den "Mercado" gleicht einem Slalom-Parcours. Frauen mit prall gefüllten Einkaufstaschen nehmen den Großteil des Platzes, der zwischen den Ständen ohnehin begrenzt ist, ein.

Hat man sich durchs Textilparadies gekämpft, das bestimmt drei Viertel des Marktes ausmacht und in dem Leder oder zumindest etwas, das es zu sein vorgibt, dominiert, gelangt man zu den kulinarischen Köstlichkeiten. Würste soweit das Auge reicht, Sobrassada in allen Varianten, Formen und Größen, dazwischen Fleisch, vor allem aber Obst und Gemüse, beherrschen die Auslagen. Die Lockrufe der Standbesitzer durchdringen das allgemeine Gemurmel, das unter den Markisen herrscht. Überhaupt scheint der Markt nicht nur ein Ort zum Einkaufen, sondern auch zum sozialen Austausch zu sein.

"Treten Sie näher, junge Dame, bestaunen Sie die Prinzessin der Küche", schallt es aus dem Mund von Zsolti Karika. Der gebürtige Ungar preist sein Werkzeug, eben jene "Prinzessin" an, mit Hilfe derer dem Hobbykoch im Umgang mit Gemüse so ziemlich alles gelingen soll. 60.000 Stück der orangefarbenen Königstochter aus Plastik will Karika nach eigenen Angaben in Santa Maria bereits verkauft haben. Lucrecia, eine junge Frau aus Palma, die der charmante Verkäufer an seinen Stand gelockt hat, will ihm das trotz seiner Schmeicheleien nicht abnehmen, bestaunt aber dennoch mit großen Augen seine "Gemüse-Kunst."

"Sind die auch wirklich ganz reif?", fragt am Stand nebenan ein älterer Herr in roter Jacke eine Verkäuferin, während er prüfend auf den Mangos herumdrückt. "Maduro y fresquísimo", also "reif und superfrisch" antwortet die Frau mit dem pechschwarzen Haar. Kommunikation wird eben großgeschrieben auf dem Markt.

Wer gegen Mittag seinen "Café" getrunken und all die Ware, die er braucht oder auch nicht braucht, zusammen hat, macht sich auf den Weg durch die Gassen von Santa Maria in Richtung Hauptstraße. Wenn die Wintersonne tief steht, wird es kühl und schattig rund um die Plaça del Mercado, dann trifft man sich im Ortszentrum auf ein paar Calamares oder Schnecken sowie die ein oder andere "Copa." Schließlich gilt es, sich von einem anstrengenden Markttag zu erholen.

(aus MM 2/2015)