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Mancor und Manacor, da kann man schon mal durcheinander kommen", sagt Ingrid Schneider und lacht. Die Hamburgerin war schon mehrmals auf Mallorca, aber Mancor de la Vall sieht sie zum ersten Mal. Vier Kilometer von Inca entfernt liegt das Dörfchen, umgeben von Ausläufern des Tramuntanagebirges.

Abgesehen von der Ähnlichkeit im Namen hat es nichts mit der 40 Kilometer südöstlich gelegenen Stadt Manacor zu tun. "Aber als wir den Namen zum ersten Mal als Ausflugstipp gehört haben, waren wir zunächst etwas verwirrt", sagt Schneider und lächelt ihrem Mann Heinz zu.

Beide sitzen in der Dorfmitte an einem Tisch, warten aufs Mittagessen. "Die Restaurants hier sollen gut sein und vor allem typisch mallorquinisch", erzählen die beiden Rentner. Sie haben in Inca geparkt und einen Spaziergang durch die Felder und Olivenhaine bis nach Mancor gemacht. "Das war schön. Vom Ort haben wir bisher nicht viel gesehen, aber er scheint angenehm ruhig zu sein", sagt Schneider und deutet auf die kleinen Gassen, die von Häuschen im typisch mallorquinischen Sandsteinstil umrahmt sind.

Viel zu sehen, das gibt es in Mancor de la Vall ohnehin nicht. Zumindest dann nicht, wenn man auf der Suche nach großen Sehenswürdigkeiten ist. Stattdessen stoßen Ausflügler hier auf das authentische Mallorca: auf den kleinen Bäckerladen Forn Ca na Bolla, in dem frische Ensaimadas bereitstehen, oder auf den Fleischer um die Ecke, dessen günstige Preise in Orten des Massentourismus schlicht nicht existieren. Wer Glück hat, erhascht sogar einen Blick in eine der alten Scheunen, in denen noch immer die antiken Olivenölraffinerien stehen, für die das Dorf einst bekannt war.

"Sol und Playa oder Großstadt haben wir hier nicht. Die Urlauber, die kommen, suchen Natur zum Wandern und Ruhe abseits von Touristenläden", erzählt Joana María Alba. Sie ist die stellvertretende Bürgermeisterin im kleinen Rathaus neben der Kirche. Bei nur 1400 Einwohnern ist es fast verwunderlich, dass ein eigener Verwaltungsapparat existiert. "Außer dem Bürgermeister arbeiten wir Gemeinderatsmitglieder alle ehrenamtlich", erklärt Alba. Von Touristen überfüllt sei das Dorf zu keiner Jahreszeit. "Außer an den großen Festen, beim Pilzmarkt 'Esclata-Sang' Ende November und zu Sant Joan um den 24. Juni, da kommen sie in Strömen."

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Ein Agroturismo-Hotel gibt es in Mancor de la Vall. "Und ein paar Ferienwohnungen", so Alba. Doch die meisten kämen, wie auch Heinz und Ingrid Schneider, nur für ein paar Stunden vorbei. Was die Bewohner angeht, sei das Dorf jedoch im Wandel. "In den vergangenen Jahren sind viele Familien mit kleinen Kindern hierher gezogen", weiß sie.

Das liege zum einen an der auf Mallorca einzigartigen Privatschule "Sa Llavor", in der alternative, naturverbundene Erziehungsmethoden angewendet werden. Viele kämen aber auch einfach, weil sie nach Feierabend Ruhe und Natur um sich haben wollten. "Die meisten, die hier wohnen, arbeiten außerhalb. Manche nutzen Mancor de la Vall nur als Schlafzimmer."

Genau mit diesen Worten beschreibt es auch Pedro. Vor 42 Jahren wurde er in Mancor de la Vall geboren, jetzt sitzt er mit ein paar Freunden im Dorfzentrum an einem der Außentische der Restaurants, ein paar Meter von Ingrid und Heinz Schneider entfernt, und genießt das warme Dezemberwetter. "Nicht alle, die hierhin ziehen, wollen sich integrieren", bestätigt er. "Andere wiederum schon", sagt er und nickt Juan zu, der mit ihm am Tisch sitzt.

Juan ist einer von denen, die vor weniger als zehn Jahren herkamen und eine Familie gründeten. "Hier ist es sicher, es gibt ein paar Geschäfte mit den wichtigsten Lebensmitteln und keinerlei Kriminalität, die Kinder können überall spielen", betont der gebürtige Palmesaner. "Die Sportanlagen am Ortseingang sind ideal."

Er hat recht: Rund 800 Meter weiter, am Rande des Dorfes, nutzen übermütige Jugendliche den modernen Skatepark, auch die Tennisplätze und Schwimmbäder nebenan sehen einladend aus. Erwachsene sitzen an den Außentischen des Restaurants "Sa Piscina" und schauen den Kindern beim Spielen zu. "In den vergangenen Jahren sind deutlich mehr Touristen gekommen als früher, vor allem Familien", freut sich Küchenchefin Leonor Amengual. "Das Dorf wird dadurch offener."

Ingrid und Heinz Schneider aus Hamburg sind noch unschlüssig, wo sie als Nächstes hingehen. "Das Kloster würden wir schon gerne sehen, aber dann hätten wir ein Auto oder mehr Zeit mitbringen müssen", resümieren sie. Hoch über dem Dorf, auf dem "Puig de Santa Llúcia" prangt das gleichnamige Kloster, bis nach Inca und noch weiter kann man von hier aus schauen. Heinz Schneider sieht es pragmatisch: "Dann kommen wir einfach nochmal wieder."