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Optisches Kontrastprogramm auf Mallorca: Scharen von schwarz gekleideten Menschen laufen durch die strahlend weiße Hotellobby im Hotel Iberostar Club Cala Barca im Inselsüdosten. Darunter Künstler mit Gitarrenkoffern, schwarzen langen Ledermänteln und klobigen Stiefeln bei 25 Grad Außentemperatur. Locker lässt sich in den modernen lila Sesseln bei einem frisch gezapften Bier von der All-inclusive-Bedientheke eine Gruppe älterer Herren nieder. Tourdaten ihrer Lieblingsband zieren ihre T-Shirts.

Draußen am Pool turnt eine zierliche, stark tätowierte Blondine Yoga-Übungen vor und wirbelt mit ihren Armen, als würde sie Luftgitarre spielen. Hinter der meterhohen schwarzen Bühne erstreckt sich das Schnorchlerparadies mit dem türkisblauen Wasser und dem goldenen Sand.

Wer das „Wacken Open Air” nur aus dem Fernsehen kennt, bringt damit unausweichlich wild feiernde Massen auf dem schlammigen norddeutschen Acker in Verbindung. Das Festival im gleichnamigen schleswig-holsteinischen Dörfchen hat längst Kultstatus und zählt mit 85.000 Besuchern mittlerweile zu den größten Heavy-Metal-Festivals der Welt. Dieses Erfolgskonzept haben die Organisatoren um Veranstalter ICS nun auch nach Mallorca gebracht. Mit den „Full Metal Holidays” gibt es erstmals eine Variante der Rockmusik-Veranstaltung auf der Baleareninsel – deutlich kleiner, dafür aber sozusagen in der Luxus-Version. Eine Woche dauert das Spektakel an, noch bis zum 21. Oktober.

„Das Wacken Open Air gibt es nun schon seit fast dreißig Jahren, auch unsere Fans werden älter”, sagt Organisationsleiter Jan Struwe. Ein Grund, den Nachfragen nach anderen Locations nachzukommen. Der Festivalleidenschaft nachgehen, aber abends ins gemachte Hotelbett fallen. Genau das hat auch ein jung gebliebenes Paar aus Hamburg angesprochen: Sie, 51, kurze schwarze Haare, dunkle Brille, einen Arm komplett tätowiert. Er, 49, grauer Vollbart, Totenkopf-Shirt, die Arme von Lederschmuck und Festivalbändchen geziert. Kirsten Friedemann und ihr Partner Björn Beck sind zwar beide eingefleischte Metal-Fans, „aber nicht von mobilen Toilettenkabinen”, erzählt die adrette Frau und lacht.

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Hört man sich unter den Gästen um, ist das für viele hier ausschlaggebend. „Ich bin einfach kein Fan vom Zelten”, sagt auch die 62-jährige Sabine Bormdorff-Eccarius aus dem Sauerland. Das Konzept kommt an: Fast alle der 1200 Tickets für das Komplettpaket sind verkauft worden. Eine Woche lang in herrlicher Kulisse All-inclusive-Urlaub im Vier-Sterne-Hotel inklusive Flug und allen Annehmlichkeiten. Plus: Konzerte sehen und seinen Idolen ganz nahe sein. Preis: Moderate 1199 Euro. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat Kooperationspartner willst-du-weg.de die Fans einfliegen lassen, so Geschäftsführer Jürgen Gilfert. Durchschnittsalter der Teilnehmer: 51.

Wo sich bis zum Ende der Saison des Clubhotels am vergangenen Sonntag noch spanische Gäste mit Kindern am Pool tummelten, sind die deutschsprachigen Fans der harten Gitarrenriffs und lauten Stimmen nun völlig unter sich. Statt abgetrenntem Backstage-Bereich feiern die Gäste mit ihren Idolen beim Absacker an der Hotelbar oder schlafen mit ihnen Tür an Tür. Darunter deutsche Künstler wie Doro Pesch oder die „Emil Bulls”.

„Die Metaller sind gesittet”, sagt Organisationsleiter Jan Struwe. Und tatsächlich stecken hinter coolen Blicken, langen Bärten, schweren Metallketten und aufnäherverzierten Jeans-Kutten Normalbürger, die im Alltag Speditionskauffrau, Rechtsberater oder Konstrukteur sind. 2019 kommt das Festival auch per Schiff zurück: Die „Full Metal Cruise” wird wieder in Palma und im intern entsprechend umgetauften „Metalmeer” sein.

Anlässlich der Flutkatastrophe von Sant Llorenç nur wenige Tage vor Veranstaltungsbeginn möchte Veranstalter ICS die Einnahmen aus der Tombola an Hilfsprogramme spenden.