Viele Menschen sind vom tiefgründigen Blick in Katzenaugen fasziniert. Es wird sogar behauptet, dass die Augen einer Katze Fenster sind, die uns in eine andere Welt blicken lassen. | tco

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Der folgende Text ist der MM-Kolumne "Unter vier Augen" von Talia Christa Oberbacher entnommen. Die Autorin ist Hypnose-Therapeutin und Coach in der Palma Clinic auf Mallorca.

Ich gestehe. Ich habe wieder eine. Eine kleine Dame, elegant in Schwarz und Weiß gekleidet, mit einer Zeichnung, als trüge sie eine Kapuze bis über die Augen. Gut, ich „habe” sie nicht richtig, eher hat sie mich, und zwar am Haken. Wann immer ich eine Runde in „meinem” Hafen drehe (wir sprachen vergangene Woche darüber), taucht sie unvermittelt auf und schaut mich an. Wenn ich sie dann rufe, setzt sie sich postwendend in Bewegung und fällt von schnellem Schritt über eine Art Trab fast in einen Galopp, bis sie bei mir angekommen ist. Dabei maunzt sie vor sich hin, was bedeuten könnte: „Schön, dich zu sehen” oder auch „So, du hast also wieder keine Leckerlis mitgebracht”. Dabei verzieht sie naturgemäß kaum eine Miene. Ich arbeite noch an der Übersetzung. Dann schmiegt sie sich an meine Hand, meinen Arm und reibt ihr Köpfchen, als gäbe es kein Morgen. So voller Vertrauen, dass ich gerührt bin. Es war von Anfang an so zwischen uns, keine Scheu, keine Vorsicht. Kuschelprogramm total. Und ich spüre genau das, was ich später ein wenig erklären werde: Tiere tun uns einfach gut.

Ich habe Katzen in meinem Leben, solange ich denken kann. In meiner Jugend war es insbesondere eine ebenfalls schwarz-weiße, liebenswürdige Katze namens Gina. Sie kam zu mir, als ich Teenager war, und sie blieb über 20 Jahre. Gina zeigte mir, dass man auch in sehr hohem Alter noch Entdeckungsfreude haben kann, als sie, nachdem sie fast ihr ganzes Leben im Ruhrgebiet als Stubentiger verbracht hatte, zum ersten Mal auf meiner süddeutschen Loggia Draußen-Sein und Schnee erlebte und es sehr zu genießen schien.

Nach ihrem Tod brauchte ich einige Zeit, um zu trauern und ehrlicherweise etwas später auch, um es ein bisschen zu genießen, dass sich nicht mehr alles um Futter und Katzenklo, Tierarzt und die schlimmer werdende Demenz drehte (ja, auch Katzen können diese Krankheit haben). Es war am Ende eine schwere Zeit, aber ich möchte keinen Tag davon missen. Gina war meine erste Katzenvertraute.

Ein paar Jahre später machte ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit einer Siamkatze, die mir, wie sollte es wohl anders sein, auf Mallorca begegnete. Sie war wild, streunte herum und kam gleich zum Schmusen, wenn man signalisierte, dass man bereit dazu sei. Sie hatte blaue Augen und schielte derart, dass ich mich fragte, wie sie überhaupt in der Lage war, geradeaus zu laufen. Als ich wieder in Deutschland war, suchte ich nach einem Züchter und fand meine beiden Lieblinge. Ein Geschwisterpaar, das ich beinahe Tira und Misu genannt hätte, da sie im Grunde genau diese Farbe hatten. Am Ende schien es mir dann aber doch passender zu sein, etwas bedeutungsvollere Namen zu wählen. So hatten wir dann einen „Glücklichen“ (genau das bedeutet „Tashi“ in Tibet) und eine „Bezaubernde“ (Shira ist im Hebräischen der Ausdruck dafür). Und genau das waren sie. Ich habe bisher keine anderen Tiere erlebt, die derart friedfertig, liebenswürdig und menschenbezogen waren. Beide liebten Menschen, vor allem Kinder, auch Hunde und was es sonst so im Garten gab. Niemals haben sie gejagt und Beute gemacht. In einem sehr kalten Winter brachte Tashi an mehreren Tagen hintereinander lebende Mäuse ins Haus, die wir dann für eine Weile in einem ausgedienten Aquarium hielten. Als die kälteste Zeit vorbei war, setzen wir sie im Garten wieder aus und konnten sie tatsächlich noch eine Weile an dem Platz, an dem wir sie frei ließen, beobachten. So hat der Kater damals die Mäuse wohl vor dem Erfrieren gerettet.

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Ich habe damals viel Zeit zu Hause verbracht, und wo auch immer im Haus oder Garten ich zu tun hatte, die Katzen waren bei mir. Setzte ich mich irgendwohin oder machte Siesta in meiner Hängematte, waren sie innerhalb von Sekunden da, um sich den besten Platz auf meinem Schoß oder Bauch streitig zu machen. Wir liebten sie sehr und sie liebten uns, das konnte man sehen und fühlen. Jeder Besucher oder Gast, auch meine Patienten waren von den beiden in Sekundenschnelle verzaubert. Später, als ich alleine in dem Haus wohnte, waren sie mir eine große Stütze. Sie waren einfach immer für mich da, trösteten mich in meiner Trennungszeit, alberten mit mir herum, wann immer sich dazu eine Gelegenheit bot. Heute sind sie beide nicht mehr in meinem Leben. Sie haben mich 17 Jahre begleitet und werden immer ihren Platz in meinem Herzen haben. Der große Schmerz über ihren Verlust hält nach fast zwei Jahren immer noch an, und so kann ich mich bisher nicht dazu durchringen, mein Herz wieder für neue tierische Gefährten zu öffnen. Ich habe ja jetzt erst mal die Katzendame mit der Kapuze, die mich immer erfreut, wenn wir uns begegnen. Ich bin sicher, wenn ich soweit bin, werden sie von irgendwo her auftauchen und sich auf sanften Pfoten wieder in mein Herz schleichen.

Dass Haustiere ihre Menschen im wahrsten Sinne des Wortes glücklich machen können, ist übrigens schon länger kein Geheimnis mehr. So konnten bereits ältere Studien aus Amerika zeigen, dass beispielsweise Hundehalter nicht nur glücklicher, sondern auch gesünder sind. Denn, wer mehrmals täglich mit seinem Vierbeiner Gassi und zum gemeinsamen Spielen an die frische Luft geht, hält sein Herz-Kreislauf-System fit und senkt zudem seinen Blutdruck und Cholesterinspiegel. 2019 konnten Wissenschaftler der Ruhr-Universität in Bochum nun in einer wissenschaftlichen Studie erneut bestätigen, was Besitzer von Haustieren längst wissen: Das Kuscheln mit Hunden, Katzen oder Kaninchen kann Depressionen entgegenwirken, und Hunde im Büro den Stresslevel reduzieren. Das Schnurren einer Katze wird sogar therapeutisch eingesetzt und kann angstlösend und beruhigend wirken.

Aber warum haben Haustiere einen so positiven Effekt auf den Menschen? Die Antwort heißt Oxytocin, genauer gesagt, die vermehrte Ausschüttung dieses Hormons, das umgangssprachlich auch als Kuschel- oder Liebeshormon bezeichnet wird und bei Kontakt mit den Haustieren produziert wird. Schon der typische Hundeblick kann für die vermehrte Ausschüttung dieses Hormons sorgen. Oxytocin sorgt für das angenehme Gefühl von Nähe, Geborgenheit, Zufriedenheit. Studien konnten die erhöhte Produktion des Hormons beim Kontakt mit Haustieren bereits mehrfach nachweisen und damit wissenschaftlich belegen, dass Haustiere glücklich machen.

Wenn Sie also bereits glücklicher „Dosenöffner” sind: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben alles richtig gemacht. Falls Sie bisher „alleine” leben und die Kolumne Sie dazu inspiriert hat, besuchen Sie doch einmal eines der vielen Tierheime auf der Insel. Vielleicht können Sie sich und einem Vierbeiner zu einem (noch) glücklicheren und gesünderen Leben verhelfen.

Talia Christa Oberbacher ist Hypnose-Therapeutin und Coach in der Palma Clinic.

(aus MM 14/2022)