Der Argentinier Juan Manuel Flores erklärt auf seinem Grundstück auch jungen Menschen die vielen Vorteile, die eine nachhaltige Anbauweise für die Pflanzen, den Boden und den Menschen haben kann. | privat

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Angefangen hat die Liebesbeziehung zwischen Carolin Beyer und Mallorcas Natur mit einer Wanderung von Sant Elm im Südwesten bis zum Kap Formentor im Norden der Insel. Es waren besonders die Nächte, in denen sie es nicht rechtzeitig in die nächste Unterkunft schaffte und deshalb unter freiem Himmel schlafen musste, die ihr Herz heute noch schneller schlagen lassen. „Ich bin verliebt in die Insel, anders kann man es nicht sagen”, schwärmt die 34-Jährige, die aus Kleve an der deutsch-niederländischen Grenze stammt, in London Garten-Design studiert hat und heute ihren Kunden dabei hilft, entweder den eigenen Garten umzugestalten oder sogar komplett neu zu planen.

„Ich bin quasi im Wald und mit Tieren groß geworden und habe schon mein ganzes Leben lang Erde unter den Fingernägeln.” Um nicht nur mit der Natur, sondern auch den Menschen Mallorcas in Kontakt zu kommen, verfasste die Pflanzen-Expertin vor einigen Wochen kurzerhand einen Facebook-Beitrag, in dem sie ihre Hilfe und ihr Know-how den Insulanern kostenlos zur Verfügung stellte. „Die Resonanz war überwältigend. Ich habe dadurch so viel tolle Liebhaber der Natur kennengelernt.”

Einer von ihnen sei der Argentinier Juan Manuel Flores gewesen. Er habe nahe Inca ein Stück Land, auf dem er Permakultur betreibe. „Kurz erklärt, ist Permakultur das Gestalten und Beleben eines nachhaltigen Ökosystems, das mehr gibt als es benötigt.” So könne man kleine geschlossene Stoffkreisläufe sowie umweltfreundliche Energiesysteme schaffen, erklärt Beyer weiter. Mit Flores habe sie dann einen ganzen Tag gemütlich gegärtnert und dabei eine fast vergessene Anbauweise der südamerikanischen Urvölker kennengelernt. „Er hat einen neun Meter langen und ungefähr einen Meter breiten Graben ausgehoben. Dort kam alles möglich an organischem Gartenabfällen hinein. Darauf landeten dann die Setzlinge und darüber eine Schicht Erde. Die Pflanzenreste fermentieren und liefern so jede Menge Nährstoffe für alles, was wachsen soll. Das ist genauso einfach wie genial.”

Aufgefallen sei ihr dabei, wie sehr sich doch die Erde auf Mallorca von der in Deutschland unterscheide. Sie sei sehr viel felsiger und lehmiger, deshalb aber nicht schlechter. „Die Steine haben jede Menge Poren und können das Wasser deshalb sehr gut im Boden halten: hier auf der Insel eine sehr wichtige Eigenschaft.”

Überhaupt sei es enorm hilfreich zu verstehen, dass alles, was hier wild wachsen würde, auch im eignen Garten eine große Überlebenschance habe. „Ich war bei Stephanie Silver nahe Cala Rajada. Sie hat einen Gemüsegarten und ein paar Hühner. Ich habe ihr ein paar Tipps gegeben. Noch heute bekomme ich ab und an Bilder von ihrer kleinen Oase.”

In Marratxí wiederum habe man ihr einen weiteren, ganz besonderen Ort gezeigt. „Das war ein mediterraner Waldpark. Nicht nur, dass er wunderschön angelegt war, die Sträucher und Bäume haben für ein sehr angenehmes Mikroklima gesorgt.”

Am beeindruckendsten sei für die junge Frau jedoch das Herrenhaus La Granja bei Esporles gewesen. „Die haben es geschafft, die Kraft des Wassers so clever zu nutzen, dass der Bach, der durch das Gebäude fließt, alles mit Energie versorgt.” Wirklich alles, was dort in dem Landgut traditionell erzeugt wurde, wie etwa Wein, Öl, Mehl und Webstoffe, würde ohne zusätzliche Energie auskommen. „Einfach ein Traum! Besonders, wenn man sich überlegt, wie alt das Ganze ist. Sehr spannend, wie viel Wissen die Menschen früher bereits hatten. Ich würde dort jedenfalls sofort einziehen.”

Mittlerweile ist Carolin Beyer wieder in Deutschland. Die Insel habe es ihr so angetan, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sie wieder zurückkomme. „Es gibt unglaublich viele Menschen mit grünen Daumen auf Mallorca. So viel interessante Projekte und Ideen, um im Einklang mit der Natur zu leben.” Hier und da bekomme sie Anfragen auf ihrer Website (wuchsrichtung.de) , ob sie nicht abkömmlich sei, auch gegen Bezahlung auf der Insel ein Garten-Projekt zu übernehmen. „Das wäre natürlich fantastisch, wenn ich hier leben und arbeiten könnte.”

Den wohl wichtigsten Tipp für einen tollen Garten gibt der Profi den MM-Lesern aber sofort und unentgeltlich mit auf den Weg: „Das Zauberwort heißt Mulch. Also das bewusste Ausbringen von organischem Material auf den Beeten.” Die Sonne würde die Flächen nicht so leicht austrocknen können. Zusätzlich sorgen Bakterien und Kleinsttiere für mehr Nährstoffe, und auch der Regen könne den Boden nicht mehr so einfach ausschwemmen. „Ich kann nur jedem raten, dies einmal auf einem halben Meter Fläche auszuprobieren und zu vergleichen. Der Unterschied ist großartig.”

Carolin Beyer lebt fast vollkommen autark.
Carolin Beyer lebt fast vollkommen autark.