TW
0

Ninfa - in der römischen Provinz Latina gelegen - gilt als der vielleicht romantischste Garten weltweit. Einst eine römische Siedlung, später ein mittelalterliches Dorf, dann verlassen und im frühen 20. Jahrhundert wieder als englischer Landschaftsgarten zum Leben erweckt. Heute ist hier üppiges Grün über Ruinen mit hoher Gartenkunst verknüpft. Hier - und im Seerosengarten von Claude Monet in Giverny in der Normandie - entstand ein Großteil der Fotos, die der deutsche Fotograf Elger Esser zurzeit im Casal Solleric in Palma zeigt.

"Nimfees i Ondinas (Nymphen und Undinen)" nennt er seine Ausstellung. Die Nymphen, in der griechischen und römischen Mythologie Naturgeister und Personifikation von guten Kräften der Natur, stehen für die Bilder der Gärten, die Undinen, die jungfräulichen Wassergeister aus der Mythologie, stehen für Fotos von Wellen und Wasser.

Gleich im ersten großen Saal der Ausstellung besticht eine riesige Arbeit von Esser, bestehend aus 10.000 (in Worten: zehntausend) Einzelfotos, die er während einer Exkursion mit Wissenschaftlern auf einem Schiff im Golf von Cádiz machte. Zusammen ergeben die Fotos eine Erinnerung an das berühmte Bild des französischen Malers Gustave Courbet "Die Welle". Esser fotografierte den Himmel für die Fotos des Wassers, fotografierte das Meer für den Himmel.

Im nächsten Raum hat er eine Postkarte - Esser besitzt eine Sammlung von zirka 25.000 Postkarten, allesamt mit Abbildungen der französischen Atlantikküste - mit einem Schiffswrack sehr vergrößert und per Hand koloriert: "Ich habe das ursprüngliche Schwarz-Weiß-Motiv aus dem Bild herausgehoben. Es ist für mich auch ein Symbol des Scheiterns", sagt er. Weitere Fotos von kraftvollen, energiegeladenen, aber auch bedrohlichen Wellen, entstanden an der Atlantikküste.

"Wasser hat in meiner Arbeit eine sehr große Bedeutung. Das war für mich eine ganz unbewusste Entscheidung. Das Wasser als Bildeingang zieht den Betrachter, hält ihn aber gleichzeitig auf Distanz. Wasser ist immer auch Spiegelung des Betrachters, Spiegelung von sich selbst."

Essers Gartenbilder sind voller Romantizismus, voller Nostalgie, voller Sehnsucht: lichte, aber völlig menschenleere Landschaften, die ein wenig an alte Postkarten, an Fotos mit Sepia überzogen erinnern. Ein Effekt, den Elger Esser durch ausgeklügelte analoge Fototechnik und extrem lange Belichtungszeiten, bei manchen Nachtaufnahmen bis zu sechs Stunden, erreicht. Er zeigt keine Idylle, viele seiner Fotos entstanden zur Nachtzeit.

"Dabei geht es mir nicht um den Kontrapunkt zum Heute. Eher um Bewahren, was Fotografie ja sowieso immer ist. Und es geht darum, Zeit festzuhalten. Der Begriff Zeit ist relativ, wir bemerken nur gefühlte Zeit. Und wir sind in unserem Sein temporäre Spaziergänger."

Esser, geboren 1967 in Stuttgart, als Sohn einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters, wuchs in Rom auf, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Professor Bernd Becher, einem der berühmtesten Fotografen des 20. Jahrhunderts.

"Es war kein Unterricht, wie man ihn heute versteht. Er wollte nur, dass man ernsthaft arbeitet. Der für mich wichtigste Lehrsatz von ihm war: Man sollte eine Geschichte zu erzählen haben." Elger erzählt Geschichten.

Info
Fotografien von Elger Esser - Casal Solleric, Palma, Paseo del Borne. Bis 20. Juli.

(aus MM 21/2014)