Der Belgier Jan Fabre hat seine Ausstellung auf Mallorca eröffnet. Fotos: Teresa Ayuga

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Klassisch, zeitgenössisch, provokativ - so bezeichnet der Kunstkritiker Fernando de Castro den belgischen Künstler Jan Fabre, dessen Ausstellung kürzlich in der Lonja von Palma de Mallorca eröffnet wurde. Die Ausstellung zeigt neun meist großformatige Skulpturen: Menschliche Gehirne, die auf Schildkröten ruhen, in einigen sitzt die Schildkröte auch auf dem Gehirn. Damit ist die Ausstellung auch ein philosophischer Exkurs, was schon der Titel verrät: "Zeno Brains and Oracle Stones" (Das Gedächtnis des Zenon und Orakelsteine).

Fabre bezieht sich damit auf den griechischen Vorsokratiker Zenon (490 bis 430 v. Chr.) und auf dessen Paradoxien, von denen der "Trugschluss von Achilles und der Schildkröte" die bekannteste ist. Zenon geht es um das Verhältnis von Raum, Zeit und Bewegung. In der Geschichte von Achilles und der Schildkröte beweist er schlüssig, dass ein schneller Läufer wie Achilles einen langsamen Läufer - wie die Schildkröte - nicht überholen könne, sofern er jener einen Vorsprung gewähre.

Schildkröten gehören zu den ältesten Tieren der Welt, so Fabre. Sie kämen in fast allen Mythologien vor, insbesondere in den chinesischen Religionen, wo aus den abgeschnittenen Füßen einer Schildkröte die vier Himmelssäulen erschaffen wurden, der Panzer ist das Symbol des Universums. Wenn also eine Schildkröte ein Gehirn stützt oder es nährt, so gilt das Fabre als Metapher für die Tatsache, dass der menschliche Geist die physische Kraft überwinden könne.

"Das Gehirn", so Fabre, "ist der sexieste Teil des menschlichen Körpers." Und er fügt hinzu: "Ganz einfach. Keine Vorstellungskraft, keine Erektion." Der Wiener Galerist Mario Mauroner, zu dessen "Fundus" Jan Fabre gehört, sagte, der Belgier habe sich sehr schnell zu der Ausstellung in dem historischen Gebäude der Lonja bereiterklärt, nachdem er die Räume und damit auch die künstlerischen Gegebenheiten gesehen hatte. So seien etliche Arbeiten eigens für diese Ausstellung konzipiert worden.

Fabre (1958 in Antwerpen geboren) ist als Maler, Dramatiker, Regisseur und Choreograf ein umstrittener Künstler. Er provoziert und ruft oft Protest hervor. Wenn er etwa ein Fresko aus eineinhalb Millionen Chitin-Panzern von thailändischen Juwelenkäfern fertigt, geliefert von anerkannten Restaurants in Asien. Damals ging es ihm um die Erforschung von Körper, Schönheit und Tod. In Antwerpen inszenierte er ein Spektakel, bei dem Katzen immer wieder in die Luft geworden wurden, für die Dokumentation mit dem Titel "Dr. Fabre will cure you". Jemand stellte ein Video des Spektakels ins Netz - und ein Shitstorm brach los. Fabre entschuldigte sich.

Seit 1979 machte er mit Solo-Performances und Theaterspektakeln von sich reden. Zur Malerei kam er über die Bühnenbildnerei. 1992 wurde seine Oper "Silent Screams. Difficult Dreams" bei der documenta IX in Kassel uraufgeführt, dort war er auch in den folgenden Jahren vertreten. 1997 zeigte er bei den Salzburger Festspielen "Requiem für eine Metamorphose". 1984 bis 2007 war er häufig auf der Biennale in Venedig.

Nach Mallorca kam Fabre direkt aus Sankt Petersburg. Dort wird er ab September 2016 der erste und bislang einzige lebende Künstler sein, der in der L'Hermitage mit einer Einzelausstellung zu sehen sein wird.

Zur Ausstellung in der Lonja wird es, so der Direktor des Institutes für Balearische Studien, das die Kosten von 90.000 Euro mitgetragen hat, eine eigene Website sowie einen Katalog geben. Die Ausstellung ist bis zum 21. Dezember geöffnet, bis zum 30. September täglich außer montags von 18 bis 24 Uhr, danach täglich außer montags von 10 bis 14 und von 17 bis 20 Uhr.