Christine Boes von Second Hand First Brand setzt auf Luxus-Mode.

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Gut 605 Milliarden US-Dollar. So viel beträgt die geschätzte Größe des weltweiten Gebrauchtwarenmarktes für das kommende Jahr. Zum Vergleich: Das entspricht etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Schweden aus dem Jahr 2023. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, welche Rolle heutzutage der Kauf und Verkauf von Artikeln aus zweiter Hand spielt. Auch auf Mallorca wächst die Sparte der Geschäfte im Einzelhandel, die Second Hand bieten. Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Läden dieser Art in Palma, und das Interesse der Kundschaft nimmt stetig zu.

Die Vorteile von Artikeln aus zweiter Hand sind offensichtlich: Oft sind sie günstiger als Neuware, man findet noch Schätze, die es gar nicht mehr neu gibt, und als Privatperson verdient man sich nebenbei etwas Geld mit Dingen dazu, die zu Hause sonst nur Platz wegnehmen. Offenkundig sind die positiven Auswirkungen in Bezug auf Nachhaltigkeit. Diese drei Akteure auf dem mallorquinischen Gebrauchtwarenmarkt interpretieren Second Hand alle auf ihre eigene Weise:

Die Luxus-Boutique

Christine Boes, 74, aus Düsseldorf betreibt im Zentrum von Palma die Boutique „Second Hand First Brand” mit hochpreisiger Bekleidung für Damen. „Die Nachfrage ist extrem groß geworden”, sagt sie. Ihre Kundschaft ist international, viele Skandinavierinnen, mittlerweile auch Spanierinnen. „Diese Art einzukaufen, ist in den Köpfen der jungen Menschen”, sagt Boes. „Nachhaltigkeit ist das Thema schlechthin”, und die Motivation für den Weg zu ihr – denn „meine Kundinnen könnten ohne Weiteres Neuware kaufen.”

Ida aus Schweden stöbert mit einer Freundin durch den Chanel-Schmuck. Sie shoppt second hand wegen der Geschichte der Teile, sagt sie: „Du weißt nie, was du in so einem Geschäft finden wirst. Es ist wie eine Schatztruhe.” Außerdem sei die Qualität der alten Artikel manchmal besser als die der neuen.

Boes’ Artikel sind durchweg von höchster Qualität, wodurch sie besonders langlebig sind. Ihre Kundinnen akzeptieren, dass die Blusen, Hosen und Schuhe bereits getragen wurden. Die Käuferinnen ziehen es vor, sich im Laden vom Zustand der Ware zu überzeugen und sie anzuprobieren. Boes bezieht ihre Artikel überwiegend von Freundinnen aus Monaco, die die Stücke teilweise nie getragen hätten.

Die soziale Stiftung

Die Stiftung „Deixalles” (katalanisch für „Hinterlassenschaft”) existiert seit 1986 und wurde von der Caritas mitgegründet. Sie will die Wiedereingliederung von Menschen in den Arbeitsmarkt fördern mittels des Recyclings von Gegenständen, die von der Gesellschaft erübrigt wurden. Die Bürger können ihre benutzten Kleidungsstücke, Haushaltsgeräte und Möbel hinterlassen. Die Stiftung bereitet diese in eigenen Werkstätten wieder auf und verkauft sie in ihren Geschäften. Dadurch ermöglicht sie Menschen mit kleinem Budget, sich für wenig Geld mit Dingen des alltäglichen Bedarfs auszustatten.

Andererseits arbeiten in den Werkstätten Männer und Frauen, die durch ihre Tätigkeit ins Arbeitsleben reintegriert werden. Die Stiftung bereitet sie auf den Arbeitsmarkt vor und hilft ihnen beispielsweise beim Schreiben einer Bewerbung. Die Wiederverwendung des Materials ist somit ein Werkzeug, um Arbeit zu vermitteln. „Hier hat das Ziel der zweiten Hand einen sozialen Hintergrund”, sagt die Umweltverantwortliche von Deixalles, Maria Suau Font.

In 2022 sammelte die Stiftung fast 2900 Tonnen Material ein. 74 Prozent davon verwendete sie wieder. Dadurch wurden fast 12.000 Tonnen Schadstoffe vermieden. Die Objekte stammen alle von Privatpersonen, die bei der Stiftung anrufen, die dann mit Lastwagen die gespendeten Gegenstände abholt. Neben dem Hauptstandort in Palma hat die Stiftung weitere Zweigstellen etwa in Calviá, Sóller, Felanitx, Manacor und Inca.

Suau Font berichtet von zwei Kundentypen, die bei Deixalles kauften: Jene, die aus ökonomischen Gründen die Geschäfte der Stiftung besuchten und jene, die sich ihrer Umweltverantwortung besonders bewusst sind – und zwar in ökologischer wie auch in sozialer Dimension. Die letztgenannte Gruppe habe in den vergangenen Jahren zugenommen, beobachtet Suau Font.

Die Gebrauchtprofis

Ähnlich basiert auch das Modell des Unternehmens „Cash Converters” auf der Idee der Kreislaufwirtschaft. Die Firma ist in Spanien seit fast 30 Jahren aktiv. Die Cash Converters kaufen und verkaufen insbesondere Elektronik. Kunden erhalten eine zweijährige Garantie auf die Artikel. Die Gruppe verkauft ihre Gebrauchtware auch über die eigene Internetseite. Die Ersparnis gegenüber Neuem liegt im Schnitt bei 40 Prozent.

„Zu uns kommen zunehmend Eltern mit Kindern, die diesen so die Philosophie der Nachhaltigkeit beibringen. Die Familien sind diesbezüglich mittlerweile sehr orientiert!”, sagt Rafa, Store Manager der Filiale in Palmas Calle Aragón.

Befragt nach seinen Motiven für den Kauf aus zweiter Hand, verweist Joshua aus den USA auf den Preiswert. „Mir gefällt die Idee, Dinge weiterzubenutzen, die fast wie neu sind”, fügt er hinzu. Schließlich spare man so Ressourcen für etwas, das bereits existiere.