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In zwölf Jahren harter Arbeit haben die drei (mittlerweile nicht mehr so jungen) Jungwinzer von Ànima Negra den gleichnamigen Rotwein zum renommiertesten, hochpreisigsten und meistprämierten Tinto Mallorcas gemacht. Künftig werden die drei Wein-Enthusiasten aus Felanitx jedoch getrennte Wege gehen. „Wir bleiben aber weiterhin gute Freunde”, betonen Francesc Grimalt, Miquel Àngel Cerdà und Pere Ignasi Obrador gegenüber MM.

Der Vorzeige-Wein der Bodega, der „AN”, und das rare Spitzenprodukt „Son Negre” schafften es aus kleinsten Verhältnissen in den Olymp der spanischen Edelrebsäfte. Die Son-Negre-Etiketten wurden gar von Mallorcas international bekanntem Künstler, Miquel Barceló, einem Freund aus dem Dorf, gestaltet.

Ähnliche Entwicklungen kennt man eher aus der Welt der Rockmusik. Junge Kreative schließen sich zu einer Band oder Boygroup zusammen, stecken all ihre Energie in das gemeinsame Projekt und schaffen mit viel Schweiß, dem sprichwörtlichen Quäntchen Glück und einem guten Management den Durchbruch zum Erfolg. In den Höhen des Starruhms ist dann alles nicht mehr so wie vorher. Zwar wird der Glamour zunächst in vollen Zügen genossen, aber dann entwickeln die Gruppenmitglieder unterschiedliche Vorstellungen, wollen schließlich eigene Projekte realisieren. Es kommt zum Bruch, zur Trennung. Bei den Beatles dauerte dieser Prozess zehn Jahre, bei Take That sechs Jahre, bei den Sex Pistols drei Jahre.

Rein äußerlich wirkten die drei „Väter” des Ànima Negra selbst wie eine Rockgruppe. Miquel Àngel mit der ungebändigten Lockenpracht und dem Kinnbart, Francesc mit den langen Koteletten, Pere mit dem Zopf am Hinterkopf. Die drei Freunde aus Felanitx waren Burschen vom Land, locker, herzlich, unkonventionell. Man konnte mit ihnen ordentlich Spaß haben und – Winzer hin, Winzer her – ein kaltes Bier zischen. Es war lange schwer fassbar, dass ausgerechnet dieses Jungspund-Trio Jahr auf Jahr den ungewöhnlichen Tinto zu kreieren wusste.

Doch wie jetzt bekannt wurde, kehrte der Önologe Francesc Grimalt zu Jahresbeginn der Bodega den Rücken. „Ich habe beschlossen, meinen eigenen Weg zu gehen.” Es hätten sich mit der Zeit unterschiedliche Sichtweisen herausgebildet, sagt er, ohne näher darauf einzugehen. „Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass wir in Zukunft wieder zusammenarbeiten.” Jetzt verfolgt der 35-Jährige sein eigenes Weinprojekt. Der Tinto solle 2008 präsentiert werden. „Es wird eine ganz anders Linie als bisher.” Denn die Hauptweine von Ànima Negra bestehen aus der heimischen Rebsorte Callet. Für ihn, so Francesc Grimalt, würde es deshalb keinen Sinn machen, auf Callet zu setzen. Schließlich seien die besten Callet-Weinstöcke Mallorcas jene, die sich die Bodega in zwölf Jahren intensiver Arbeit herangezogen habe. So will der Winzer bei seinem Solo-Debüt stattdessen auf Rebsorten wie Cabernet und Syrah setzen.

Miquel Àngel Cerdà und Pere Ignasi werden die Geschicke von Ànima Negra künftig alleine leiten, obgleich Francesc Grimalt nach ihren Worten weiter Teilhaber der Bodega ist. An der Linie der Weine solle sich nichts ändern. „Wir werden weiterarbeiten, wie wir es immer getan haben”, sagen Pere Ignasi und Miquel Àngel Cerdà. In den vergangenen Wochen stellten sie den neuen Jahrgang des Tischweins „ÀN/2” und des Weißweins „Quíbia” vor. Im Februar präsentierten sie zudem den neuen Paradewein „Ànima Negra Son Negre 2004”. Die rund 3000 Flaschen, die ein neues Etikett von Miquel Barceló aufwiesen, waren innerhalb von zwei Tagen ausverkauft. Sie gingen zum allergrößten Teil aufs Festland und ins Ausland.

Miquel Àngel Cerdà erinnert sich an die Anfänge der Bodega. „Als wir uns in den Kopf setzten, Wein zu machen, hatten wir alle drei nicht den Hauch einer Ahnung davon.” Bei der täglichen Zusammenarbeit in einem Dutzend Jahren habe man unzählige Erfahrungen gesammelt und alle Arbeiten gemeinsam ausgeführt, auch wenn Francesc Grimalt nach außen hin als der Önologe der Bodega ausgegeben wurde.

Die Anekdoten über die Gründerjahre der Bodega sind Legende. Nach einem feuchtfröhlichen Gelage im Jahre 1994 entschloss sich eine Clique von Freunden aus Felanitx, eigenen Wein anzubauen. Von den vielen Enthusiasten blieben schon nach kurzer Zeit die meisten auf der Strecke. Lediglich das Trio machte weiter. Der Landwirt und Schafhalter Pere Ignasi besaß den Bauernhof, den seine Vorfahren schon im Mittelalter ihr Eigen genannt hatten. Er steuerte das Land, seine Freunde die Arbeitskraft bei. In Ermangelung der Gerätschaften fermentierten sie den ersten Jahrgang in riesigen Wannen, die in der Regel zur Herstellung von Molke und Käse verwendet werden.

Von Anbeginn an setzten die hoffnungsvollen Winzer auf Callet. Eigene Stöcke waren kaum vorhanden, also klapperten sie die Gärten und Landhäuser von Freunden, Verwandten und Nachbarn ab, entdeckten dabei uralte und zum Teil verwilderte Callet-Stöcke. Die Rebsorte galt als unbeliebt, stand sie doch im Ruf, die Trauben für die wässrigsten und farblosesten Rotweine zu liefern. Also dünnten die Jungwinzer stark aus, schnitten unreife Trauben ab und zogen sich damit manchmal den Zorn der Besitzer ob der vermeintlichen Vergeudung zu. „Mitunter hat man uns fast vom Hof gejagt.”

Dass das Trio nun kein Trio mehr ist, sei schmerzlich, aber man müsse die Ansichten des jeweils anderen respektieren. Dies sei auch leicht möglich, da man ja Freunde sei, erklären die drei einmütig. „Viele Leute mögen das als Bruch empfinden”, sagt Pere Ignasi, „aber wer nach Felanitx kommt, kann uns leicht antreffen - vielleicht, wie wir gerade in der Bar sitzen - bei einem Bier.”