TW
0

Die Farbe ist überall, auf den Wänden, auf dem Boden, im Raum – der Besucher selbst wird zu Farbe. Und natürlich ist Farbe in den Bildern, mal kinetisch bewegt, mal statisch. Die Ausstellung mit Werken von Carlos Cruz-Diez, zurzeit im Museu d'Art Espanyol Contemporani der Stiftung Juan March in Palma ist ein buntes Erlebnis.

Der Künstler Carlos Cruz-Diez (1923 Caracas/Venezuela) beschäftigt sich seit fünfzig Jahren mit einem Thema: Farbe, mit deren optischen Effekten und Formen. Gelgentlich werden seine Arbeiten unter dem Begriff Op-Art eingeordnet. Doch das allein wird diesem Künstler nicht gerecht.

Das Besondere an der Kunst des Cruz-Diez ist die Autonomie, die er der Farbe einräumt. Er spielt bewusst mit den optischen Reizen, die bestimmte Kombinationen von Formen und Farben beim Betrachter erzeugen. Doch Cruz-Diez geht noch einen Schritt weiter. Er wollte und will eine autonome Farbe, frei von Geschichte und Geschichten, oder, wie er selbst sagt „frei von Anekdoten und Symbolen.“ Und er sagt, dass er vor allem romantische und literarische Aspekte aus seinem Werk eliminieren will, um nur die reine Farbe zu haben. „Farbe hat mich ein Leben lang begleitet“, sagt Carlos Cruz-Diez. „Alles ist Farbe. Nicht nur in der Malerei, aber auch dort. Mit der Malerei will der Mensch die Zeit anhalten.“ Der Künstler will Farbe als kurzlebige und autonome Situation wahrgenommen wissen: „Kunst ist nicht nur auf der Leinwand, sondern in den Augen, im Leben, selbst im Schlaf“, sagt der 85-Jährige, der den Farben Eigenleben zugesteht.

Farbe ist für Cruz-Diez eine Momentaufnahme. Wenn man vor seinen Bildern steht und sich einige Minuten, bei manchen Arbeiten auch nur Sekunden, auf eine Farbe im Bild konzentriert, begreift man, was diese Kurzlebigkeit bedeutet. Die ausgewählte Farbe tritt für uns optisch hervor und verleiht dem Bild eine Tiefenwirkung. „Blau kann aggressiv sein“, sagt er. „Wenn sich das Auge daran gewöhnt hat, kann es sanft werden.“

Cruz-Diez will das Auge trainieren: „Es ist wie beim Sprechen. Ein Wort führt zum anderen. Farbe kann beim Betrachten zu Bewegung werden. Wenn man sie aneinanderreiht, wird sie zur Sprache. Man braucht dazu nur Disziplin und Vorstellungskraft.“

Für Cruz-Diez ist Farbe auch Raum, wie er in einige Installationen zeigt: „Wenn wir miteinander sprechen, ist zwischen uns ein Raum, dessen wir uns nicht bewusst sind. Ich wollte diesen Raum durch Farbe sichtbar machen.“ Carlos Cruz-Diez studierte in den 40er Jahren in Caracas, widmete sich zunächst der realistischen Malweise. Er arbeitete als Grafiker für verschiedene Unternehmen, unter anderem für die Werbeagentur McCann-Erickson, war Illustrator und unterrichtete Kunstgeschichte an der Hochschule in Caracas.

Nach Aufenthalten in Barcelona und Paris, wo er sich mit den Theorien des Bauhauses, mit wissenschaftlichen Farbtheorien und geometrischen Abstraktionen beschäftigte, eröffnete Cruz-Diez in Venezuela ein Studio für Visuelle Kunst, untersuchte das Zusammenwirken von Farbe und kinetischer Kunst. Später wurde er Lehrer für kinetische Techniken an der Ecole Superieure des Beaux Arts in Paris.

Carlos Cruz-Diez gilt als einer der wichtigsten Künstler Venezuelas und ist mit seinem der konkreten Kunst zuzurechnenden Werk mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden. Seine Installationen sind in den bedeutenden Museen dieser Welt zu finden. Die Ausstellung in der Fundación March gibt einen Einblick in sein Schaffen. Aus seinen sieben wichtigsten Serien ist je ein Beispiel zu sehen. Die Exponate stammen aus Privatsammlungen und internationalen Museen wie dem Centre Pompidou in Paris.

"El Color Sucede“ – Arbeiten von Carlos Cruz-Diez in der Fundación Juan March, Palma, Carrer Sant Miquel 11. Geöffnet bis 27. Juni von MO bis FR von 10 bis 18.30, SA von 10.30 bis 14 Uhr