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Christine Kondziella (46) ist eine tatkräftige Frau. Seit ihr Mann Dieter (68) im Februar einen Schlaganfall erlitten hat, ist sie rund um die Uhr für ihn da, hilft ihm beim Anziehen, beim Waschen und bei allen anderen Dingen, die er alleine nicht erledigen kann. Sie hat ihren Job gekündigt. Das Paar, das seit 2005 in Arenal lebt, kommt mit 817 Euro Rente kaum über die Runden. Die deutsche Pflegekasse zahlt 225 Euro Pflegegeld, 7'50 Euro pro Tag. „Ich bin 24 Stunden im Einsatz”, sagt Christine Kondziella. Zweimal habe sie ihren Mann in den zurückliegenden Monaten allein gelassen, beide Male sei er gestürzt und habe sich nicht selbst helfen können. „Zum Glück habe ich mal in einem Altersheim gearbeitet”, sagt sie. „Sonst wäre ich total überfordert.” Aber auch so geht es ihr an die Substanz: Zehn Kilo habe sie seit Februar abgenommen. „Mein Mann hat sein Leben lang Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt – und als Dankeschön gibt es jetzt einen Tritt in den Hintern.” Christine Kondziella findet nicht in Ordnung, dass die Pflegekasse keinerlei Sachkosten übernimmt, sondern nur Pflegegeld zahlt, obwohl ihrem Mann Monat für Monat die gleichen Kassenbeiträge von der Rente abgezogen werden, wie Ruheständlern, die in Deutschland leben. Den Rollstuhl, den sie anschaffen musste, hat sie aus eigener Tasche bezahlt. Die Kosten für eine Spezialvorrichtung, damit sie ihren Mann nicht mehr in die Badewanne heben muss, übernehme niemand. „Das ist nicht nur eine Ungerechtigkeit, das schreit zum Himmel.” Die Rechtslage allerdings ist eindeutig. Ins EU-Ausland werden nur Geldleistungen aus der Pflegeversicherung gezahlt, also Pflegegeld. „Sie können bei Wohnort in einem anderen EU-Staat nur solche Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit erhalten, die Sie nach dem dortigen Recht beanspruchen können”, heißt es in einem Merkblatt der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland. Heißt: Den Rollstuhl, den die deutsche Pflegekasse nicht bezahlt, müsste die spanische Sozialversicherung finanzieren.

Die Beantragung von Leistungen bei der Seguridad Social aber ist oft schwierig. Das Problem dabei ist laut Experten, dass deutsche Mallorca-Residenten nicht ausreichend auf solche Situationen vorbereitet sind. Meist sei schon die Sprache eine unüberwindliche Hürde. Aber auch, wer wie Christine Kondziella des Spanischen mächtig ist, muss sich unter Umständen erst gegen Widerstände durchsetzen. So habe sich die Seguridad Social ebenso wie die deutsche Pflegekasse bis heute geweigert, die Kosten für den Rollstuhl ihres Mannes zu übernehmen, sagt Kondziella.

Denn die spanische Sozialversicherung befürchtet, auf den Kosten für diese Art Leistungen für ausländische Mallorca-Residenten sitzen zu bleiben. Zwar sind pauschale Ausgleichszahlungen zwischen den EU-Staaten für solche Fälle vorgesehen, es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die spanische Seguridad Social am Ende trotzdem regelmäßig draufzahlt.