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Lluís Cirera Planas sitzt seelenruhig auf seiner Steinbank im Innenhof der Finca Son Canavès und pult rote Paprika. Daraus wird die typische mallorquinische Tap de Cortí, das Paprikapulver, um die Sobrassada zu würzen. Ein Hahn kräht. Die Finca liegt gut versteckt im Umland von Llucmajor. Lluís Cirera liebt die Abgeschiedenheit. Zwischen Johannisbrotbäumen und Agrarland grasen seine 140 Schafe, aus deren Milch er feinen Schafskäse, Joghurt und Frischkäse herstellt.

Mallorca ist für Schafskäse bekannt. Die wolligen Tiere sind widerstandsfähig, brauchen deutlich weniger Pflege oder Futter als Kühe. Früher gab es hier viele kleine und kleinste Käsereien. Dann kam der EU-Beitritt und mit ihm strengere Richtlinien. Viele dieser kleinen Betriebe hielten dem stand. Eine Handvoll Käsereien blieb übrig. Lluís Cirera Planas hat sich in den „Ring geworfen”. Direkt von der Universitäts-Bank als frisch diplomierter Agraringenieur übernahm er vor zehn Jahren die Finca der Großmutter. Mit viel Geduld hat er daraus einen Betrieb für guten Käse und Sobrassada gemacht.

Der 33-Jährige hält nicht viel von aggressivem Marketing, wohl aber viel von passionierter Kleinproduktion. Sein Käse verdient den Namen „Queso artesano“. Jeder Handgriff, der dafür notwendig ist, kommt von Lluís selbst. Die Milch stammt von seinen eigenen Tieren, eine Voraussetzung, um den Käse „handgemacht“ nennen zu dürfen. „Am Anfang habe ich sogar die Schafe selbst per Hand gemolken“, erzählt er. Inzwischen übernimmt das eine Maschine. Ein Mann hilft ihm mit den 140 Schafen.

Auf Mallorca geschieht viel durch Kontakte, Zufälle, Mund-zu-Mund-Propaganda. So auch bei Juan Rojas vom Familienkäsebetrieb Saglà, der zwei Stände in Palmas Markthallen Santa Catalina und Olivar betreibt. Wie sich Lluís Cirera und Juan Rojas kennenlernten, wissen beide nicht mehr so genau. Der eine ruhig und eher wortkarg, der andere sprudelt zum Thema Käse wie ein Wasserfall. Beide verbindet die Leidenschaft zum würzigen Milchprodukt.

Juan Rojas und seine Ehefrau Margarita Comas sowie Sohn Sebastián Rojas sind Meister auf dem Gebiet der gereiften Hartkäse, cremiger Weichkäse, würziger Schimmelkäse. Juan kann stundenlang begeistert von Reifeprozessen und Aromen schwärmen, wird regelmäßig als Jurymitglied für internationale Käsewettbewerbe eingeladen. In den Vitrinen seiner Verkaufsstände findet sich die „Crème de la Crème“ der internationalen Käseproduktion. Dunkelorange gereifter Gouda, der laut Juan nach getrockneten Früchten schmeckt und mit den faden Käselappen, die man aus Supermarktketten kennt, nichts gemein hat. In Asche gewälzte zarte Ziegenkäse neben cremigem Gorgonzola, den er mit einer kleinen Schaufel direkt aus der Mitte des großen Käselaibs schöpft. Und natürlich auch der zart-würzige Schafskäse von Lluís Cirera. Die Auswahl ist riesig, das Kriterium: Qualität und Geschmack.

In der Abgeschiedenheit von Llucmajor geht derweil alles seinen entspannten Gang. Montag ist bei Lluís Joghurt-Tag. Zweimal die Woche stellt er Käse her. Corona hat diesen festen Rhythmus etwas aufgeweicht, die gewohnten Absatzmärkte sind teilweise eingebrochen.

Die frische Milch wird zunächst pasteurisiert. Damit der Käse „stocken“ kann, gibt Lluís Fermente hinzu. Dieser Prozess nennt sich in Fachkreisen „Ausfällung“. Früher verwendete man Lab aus Kalbsmägen dafür, heute ist es entweder ein im Labor gewonnenes Ferment oder ein Pflanzenprodukt. Das garantiert verlässliche Werte. Die „Ausfällung“ dauert bei Lluís’ Hartkäse nur 38 Minuten, für den weichen „Lactic” länger.

Hat sich die Molke abgesetzt und ist aus der Milch eine schnittfähige Masse geworden, nimmt Lluís mit einem Schäufelchen Portion für Portion davon ab und legt diese behutsam in kleine Schalen. Ausgetretene Molke gießt er vorsichtig ab. Für den späteren Hartkäse sind diese Portionen viel kleiner. „So groß wie ein halber Daumennagel“, erzählt Lluís. Diese legt er in die runden Gitterschälchen aus Plastik, die später die typische Käseform bilden. Manche erhitzen diesen „Käsebruch“ vor dem Reifen noch einmal, damit er besser zusammenwächst und die Restmolke austritt. Drei Tage liegen die Käseportionen bei stabiler Raumtemperatur in der Käserei, bevor sie für zwei bis drei Wochen in den Kühlraum zum endgültigen Reifen wandern. Der Hartkäse überdauert dort deutlich länger und wird regelmäßig gewendet, damit die feste natürliche Rinde entstehen kann.

Derweil im Käseparadies Saglà gibt Juan Tipps, was gut zu den einzelnen Sorten passen könnte. Der natürliche Gorgonzola, der je nach Temperatur cremiger oder fester wird, hineingerührt in eine leckere Pasta mit kleingehackten Nüssen oder auf einer knusprigen Tostada, ist eine Delikatesse. Auch als Belag auf einer Pizza oder als Füllung für Champignons für wenige Minuten im Ofen, wo er zu einer würzigen Creme zerschmilzt, kann er ihn empfehlen. Der gereifte Gouda genügt sich eigentlich selbst. Zu einen frischen Weißwein und ein paar Trauben macht er sich gut auf einer Käseplatte. Und natürlich ist da noch Lluís Cireras Schafskäse, gleichzeitig frisch und würzig. Bei einem guten Rotwein, Biss für Biss, kann man die Arbeit des jungen Landwirts genießen und vor allem schätzen lernen.