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Man kann ihn getrost als einen der letzten „großen Alten“ unter den Dirigenten bezeichnen. Das hat nichts Despektierliches, sondern drückt dankbaren Respekt aus für den 87-jährigen Leopold Hager und das, was er dem Publikum gestern Abend im ausverkauften Auditorium schenkte: ein Mozarterlebnis voll jugendlicher Frische, fernab von Sentimentalität, ohne allen Rokoko-Zierat, ohne Romantiker-Pathos, ohne Manierismen und süßliche Ritardandi. Mit der späten g-moll-Sinfonie (KV550) und der c-moll-Messe (KV427) vermittelte er ein modernen Mozartbild, wie es Karl Böhm in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen hatte, das Bild eines männlichen, ja bisweilen faustischen Mozart.

Und er bewies, dass so etwas auch ohne die „Errungenschaften“ der historisch informierten Aufführungspraxis geht, der er in einem Interview (2015 anlässlich seines 80.Geburtstags) eine klare Absage erteilte: ihn störe vor allem, dass „das als die Hauptentwicklung in der Musik gepriesen und sowohl von den Journalisten wie von den Plattenfirmen mitgemacht“ werde. Außerdem finde er „den Klang…entsetzlich. Ich kann gewisse Geigenpassagen ohne Vibrato und scharf gespielt einfach nicht hören“, so Hager weiter. Sein Dirigat zeigte, dass auch mit (maßvoll) vibrierenden Streichern ein hohes Maß an unvernebelter Transparenz möglich ist. Die war ihm – in der Sinfonie und nach der Pause in der Messe – wichtig. In Verbindung mit sehr zügigen Tempi schuf er so einen luziden, fast schwerelosen Klang. Ob es der leichtfüßige Beginn des ersten Satzes oder das unpathetisch dahinschreitende Andante war, das ohne dick aufgetragenen Bombast daherkommende Menuett oder die feurig aufsteigende „Mannheimer Rakete“ am Beginn des Finales: alles war schlank musiziert und überzeugte. –

In der Messe kamen dann der Chor der Universität (Einstudierung J.Company) und vier Gesangssolistinnen und Solisten hinzu: die beiden Soprane Serafina Starke und Flore van Meerssche sowie Ángel Macías (Tenor) und Gabriel Rollinson (Bass). Die beiden letzteren mussten lang auf ihren Auftritt warten, Rollinson bis zum Benedictus am Schluss (und auch da war er „nur“ im Quartett zu hören, was aber genügte, um sich vorstellen zu können, dass er auch als Graf im „Figaro“ oder als Don Giovanni – beides Rollen, die er schon gesungen hat – überzeugen kann). – Mozart hatte, wie auch in seinen Opern, vor allem die Frauen mit großen Passagen beschenkt. Gleich im Laudamus te, der wohl „opernhaftesten“ Nummer der Messe, durfte Flore van Meerssche mit bravourös gemeisterten Koloraturen glänzen. Im Domine Deus gestaltete sie die Kantilenen (im Duett mit Serafina Starke) ebenso tonschön wie klar in der Deklamation. Im als Terzett angelegten Quoniam tu solus durfte sich dann erstmals der Tenor hören lassen.

Das nächste Konzert findet schon am kommenden Donnerstag (9.Februar) statt. Pablo Mielgo wird im Trui Teatre unter anderem die d-moll-Sinfonie von César Franck dirigieren. Eine Einführung können Sie demnächst an dieser Stelle lesen. Karten gibt’s hier.

Die c-moll-Messe zeichnet sich vor allem durch stilistische Vielfalt aus. Opernhafte Italianitá trifft auf bisweilen bedrohlich wirkenden Sakralstil. Solistische Passagen wechseln sich mit „Schreckenschören“ und „Jubelchören“ ab. Allein das Gloria dauert fast eine halbe Stunde und besteht aus acht(!) Teilen. Im Sanctus – sicher dem dramatischen Höhepunkt des Werkes – steigert sich der Chor zur Achtstimmigkeit, vom Orchester klanggewaltig begleitet. Gut, dass Hager – durch seine kluge Disposition – da noch Reserven mobilisieren konnte.

Der Schlussbeifall setzte nur zögernd ein, wie oft nach sakralen Werken, war sich das Publikum unsicher, ob es applaudieren durfte. Erst ein Kopfnicken des Dirigenten signalisierte: man durfte. Und man tat es ausgiebig. Die Bravorufe galten auch dem Chor, der wieder einmal ganze Arbeit geleistet hatte.