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Spätestens am Ende von Franz Listzs sinfonischer Dichtung „Les Préludes“, wenn das Orchester zu voller Größe aufläuft und Becken und große Trommel das Fanfarenthema zu einem wuchtigen Klangerlebnis werden lassen, war klar: dieser Abend würde ein Festival orchestraler Fülle werden. Das setzte sich auch im Violinkonzert in a-Moll von Alexander Glasunow mit dem russischen Geiger Sergei Dogadin fort und fand seinen Höhepunkt in der d-moll-Sinfonie von César Franck. Was Pablo Mielgo und seine Balearensinfoniker gestern Abend in den Raum des Trui Teatre zauberten, machte wieder einmal klar: Musik kann glücklich machen.

Bei Les Préludes musste man dazu vergessen, dass die Nazis einst das Fanfarenthema als Jingle ihrer „Deutschen Wochenschau“ zweckentfremdet hatten (Missbrauch gibt es eben auch in der Musik) und die Bilder von der gen Russland marschierenden Wehrmacht aus dem Kopf bekommen. Dann konnte man das Stück so hören, wie es von Liszt gedacht war, als eine Darstellung des Lebens in Form von Vorspielen – Préludes. Liszt praktizierte eine damals völlig neue, von Berlioz inspirierte Orchestrierung, die auch heute noch eine Herausforderung selbst für gute Orchester darstellt. Aber dass unsere Sinfoniker in diese Kategorie gehören, wissen wir ja und durften es gestern Abend erneut erleben.

Der Solist des Abends, Sergei Dogadin, der mit Orchestern wie dem Chicago Symphony Orchestra, dem Orchestre de la Suisse Romande und dem Royal Philharmonic Orchestra derzeit seine Weltkarriere weiter in Schwung bringt, entstammt der russischen Geigenschule. Die zeichnet sich durch einen kräftigen, farbigen Ton aus, gepaart mit höchster Virtuosität. Wer mit den Schallplatten von David Oistrach, Leonid Kogan oder Jascha Heifetz aufgewachsen ist, weiß, wovon ich rede. Dieser Tradition verpflichtet spielte Dogadin das Violinkonzert in a-Moll von Alexander Glasunow (1865-1936). Atemberaubend die von Glasunow selbst stammende Kadenz mit Bogenspiel und Pizzicato in einem, an deren Ende sich das Orchester langsam, zunächst in den Bässen, dann im Fagott und schließlich mit der Pauke wieder ins musikalische Geschehen zurückschleicht. Das Finale dann, ziemlich folkloristisch und fast ein wenig gassenhauerisch, nistete sich wie ein Ohrwurm in den Gehörgängen ein und war auch durch die Zugabe, so virtuos und beeindruckend sie auch war, nicht mehr wegzukriegen. Mit dieser Melodie im Kopf ging man in die Pause. –

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Die meisten Konzertbesucher erleben die Musik über den Klang und weniger über ihre formale Struktur. Die ist natürlich als ordnendes Prinzip stets da, aber ein guter Dirigent rückt sie nicht in den Vordergrund, sondern gestaltet den Klang – gewissermaßen der Köder, den der Komponist auswirft, um den Hörer in seine geistige Auseinandersetzung mit einer zunächst abstrakten Idee hinein zu locken. Das gelang Pablo Mielgo mit der Franck-Sinfonie vortrefflich.

Man hat Franck oft als den „deutschen Brahms“ bezeichnet, was so pauschal natürlich nicht gelten kann. (Siehe meine Einführung in dieses Konzert) Aber ein bisschen Brahms steckt natürlich schon drin, vor allem, was die Instrumentierung betrifft. Die verlangt geradezu nach einem „deutschen Orchesterklang“, einem bassgrundierten, eher dunklen Klang, wie ihn Celibidache oder Thielemann praktizierten bzw. praktizieren. Joachim Kaiser beschreibt ihn so: ein Sound, bei dem „kein brillanter Oberstimmenklang dominiert, sondern ein etwas verhaltener, tieferer Klang, der eher von den Bässen und der Harmonie bestimmt wird als von der Melodik.“ - Die fabelhafte Akustik des Trui Teatres, die das Orchester überaus farbig und tiefenbetont „rüberbrachte“, kam der Realisierung sehr entgegen. Und so geriet die Sinfonie zu einem großartigen Klangerlebnis, das noch lange nachhallte und beifällig beklatscht wurde.

Das nächste Konzert, wieder unter der Leitung von Pablo Mielgo und wieder im Trui Teatre, findet am 2.März statt. Pablo Ferrández wird das Cellokonzert von Robert Schumann spielen, nach der Pause erklingt dann die Vierte von Brahms. Karten für Palma gibt’s hier. Das Konzert wird am 3.März im Auditorium von Manacor wiederholt.