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Von fröhlicher Opera Buffa-Atmosphäre über ein hochdramatisches Cellokonzert bis hin zu komplexer Sinfonik á la Brahms reichte der Bogen, den Pablo Mielgos Sinfoniker und der fabelhafte Pablo Ferrández an seinem Stradivarius „Lord Aylesford“-Cello von 1696 gestern Abend im Trui Teatre spannten. Und zeigte, dass man auch mit der klassischen Programmfolge (Ouvertüre, großes Solokonzert, große Sinfonie), die viele für nicht mehr zeitgemäß halten, ein Publikum begeistern kann.

Schumanns tschechischer Kollege Anton Dvorak hat einmal über das Cello gesagt „Es ist ein schönes Instrument, aber sein Platz ist im Orchester und in der Kammermusik. Als Soloinstrument ist es nicht viel wert. Seine mittlere Lage ist in Ordnung, das stimmt, aber die obere Stimme quietscht und die untere knurrt.“ Gestern Abend trat der 32-jährige Starcellist Pablo Ferrández an, um diese Aussage Dvoraks (der übrigens selbst ein großartiges Celloconzert geschrieben hat) Lügen zu strafen. Ferrández, der neben Preisen bei internationalen Wettbewerben Auftritte mit den großen Orchestern der Welt (Royal Philharmonic, Israel Philharmonic, Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks) vorweisen kann und von der Presse bejubelt wurde, bestach durch beglückende Tonschönheit in allen Lagen, da kreischte nichts, da knurrte nichts, da war einfach der Ton, der sprichwörtlich die Musik macht.

Schumanns Cellokonzert in a-moll ist kein ausgesprochenes Virtuosenkonzert (siehe meine Konzerteinführung), aber der Solist muss sein Instrument selbstredend aus dem FF beherrschen, um die ganze Stimmungspalette, die der Komponist hineingepackt hat, darzustellen. Ferrández hatte mit dem OSIB dazu einen kongenialen Partner an seiner Seite. Chefdirigent Pablo Mielgo, der so gar nicht in das Klischee vom herrschsüchtigen Maestro passt, das gerade in dem Film „Tár“ mit Cate Blanchett auf der Kinoleinwand karikiert wird, kommuniziert (ohne Taktstock als Herrschaftsinstrument) mit seinen Musikern und dem Solisten auf Augenhöhe und ist ihnen sichtlich in kollegialer Freundschaft verbunden. Heraus kommen dabei Konzerte, in denen die Musik im Mittelpunkt steht, ohne Allüren und Machtspielchen. Das durfte ein begeistertes Publikum gestern Abend einmal mehr erleben.

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Eine kleine und an sich „harmlose“ Ouvertüre wie die zu Haydns früher Opera buffa Lo speziale oder „El Apotecari“, wie sie im Programmheft auf Katalanisch angekündigt wird, dient oft zum Warmspielen des Orchesters. Aber das hat das OSIB nicht nötig: Mielgos Mannen und Frauen sind vom ersten Takt an präsent und sozusagen „voll da“. Ohne „historisch informierte“ Mätzchen wie Vibratoverbot wurde plastisch und transparent musiziert. Die breite Aufstellung auf der großen Bühne des Trui Teatres steigerte die Durchhörbarkeit und sorgte für einen beeindruckenden Stereoeffekt. – Wenn Sie das Spiel von Ferrández noch einmal nacherleben möchten: hier ist der erste Satz des Schumannkonzerts mit ihm und den Stuttgarter Philharmonikern.

Mit der Sinfonie Nr.4 in e-moll, op.98, von Johanes Brahms demonstrierte das OSIB erneut, zu was für einem luxuriösen Klangkörper es sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Mit der Einstellung von jungen Musikerinnen und Musikern hat Mielgo das Ensemble deutlich verjüngt und bei der Auswahl eine glückliche Hand gehabt. So hat er einen ganz eigenen Klang geschaffen, den man getrost als Palma Sound, wenn nicht sogar als Mielgo Sound bezeichnen darf: einen sehr „deutschen“ Klang, aus der Tiefe kommend und geradezu kulinarisch. (Siehe meine Kritik über das Konzert am 2.Februar) – Mit sechs(!) Kontrabässen gestaltete eine opulente Vierte, der es gleichwohl nicht an detaillierter Ausarbeitung der sinfonischen Themenentwicklung mangelte. So wurde die Aufführung zu einem Fest „für Geist und Gemüt“. Das Scherzo mit seiner neckischen Triangel-Begleitung: eine audiophile Fiesta. Das Finale, diese knifflige Passacaglia: klanggewaltig und akzentuiert brauste es durch den Saal. So waren der stürmische Beifall und die Bravorufe am Ende mehr als angebracht.

Das nächste Konzert (am 9.März im Auditorium) beschert uns ein Wiedersehen mit der Sopranistin Lisa Larsson und eine Erstbegegnung mit der 1.Sinfonie der „Komponistin zwischen zwei Welten“ Florence Price. Martin Breuninger hat es in der Printausgabe des MM bereits angekündigt. Der online-Kartenvorverkauf findet hier statt.