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87 ist sie mittlerweile, und sie ließ es sich nicht nehmen, persönlich zum Konzert ihrer beiden Schüler Davit Khrikuli und Martin García García gestern Abend im Innenhof von Schloss Bellver zu kommen: Galina Eguizarova, legendäre Lehrerin der russischen Schule, aus deren pädagogischer Betreuung Pianisten vom Schlage eines Arcadi Volodos und Radu Lupu hervorgegangen sind. Und eigentlich waren es drei Schüler, denen der Besuch der alten Dame galt: auch Pablo Mielgo, der Dirigent des Abends, hat bei ihr Klavier studiert.

Der Abend war auch in anderer Hinsicht außergewöhnlich: wann kann man schon zwei große Klavierkonzerte der Romantik bzw. Spätromantik mit zwei jungen Pianisten, beide am Beginn einer Weltkarriere, in einer lauen Sommernacht im zauberhaften (und gestern Abend bis auf den letzten Platz ausverkauften) Innenhof eines mediterranen Schlosses erleben? – Den Anfang machte der 21-jährige georgische Pianist Davit Khrikuli mit dem Klavierkonzert Nr.2 von Johannes Brahms. Der Komponist hat es einmal einen „liebenswerten Koloss“ genannt. Mit kraftvoll männlichem Anschlag und sparsamem Pedalgebrauch rückte Khrikuli eher das Kolossale in den Mittelpunkt seiner Interpretation. Nach eigener Aussage „derzeit von Brahms geradezu besessen“ wuchtete er die gewaltigen Akkordballungen – technisch makellos – in den Steinway. Mielgos Orchester begleitete bei aller Herbheit der Brahms’schen Instrumentierung geschmeidig und gewohnt tonschön. Für die liebenswerte Komponente der Partitur zeichnete im dritten Satz der Solocellist Emmanuel Bleuse mit warmem, fülligem Ton verantwortlich. Verspielt und tänzerisch gelang das Finale, in dem das Konzertieren zwischen Soloinstrument und Orchester beglückend zur Geltung kam. Für den begeisterten Applaus bedankte sich Khrikuli mit einem Intermezzo aus op.118.

Nach der Pause setzte den 27-jährige Martin García García die „Hommage an das Klavier“, wie Pablo Mielgo das Konzert im Gespräch mit Martin Breuninger bezeichnet hatte, fort. García, laut Mielgo ein „absolutes Phänomen“ und Preisträger unter anderem des Van Cliburn-Wettbewerbs in Cleveland und des Chopin-Wettbewerbs in Warschau repräsentiert die „explosive Generation, die sehr stark im Kommen ist“. Er ist, das konnte man sehen und vor allem hören, Musiker mit Leib und Seele. Dass er sich für sein Mallorca-Debüt das bombastische und stellenweise geradezu „hollywoodeske“ zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow ausgesucht hatte, stellt seine Seriosität keineswegs in Frage, sondern unterstreicht sein Anliegen, Musik, die „von Herzen kommt und zu Herzen geht“ (Originalton Rachmaninow) dem Publikum mit größtmöglicher Intensität nahezubringen. Körpersprache und Mimik verrieten Engagement total, man musste unwillkürlich an Daniil Trifonov denken. In noch höherem Maße als Khrikuli verfügt er über einen atemberaubenden Nuancenreichtum des Anschlags. Pianistische Power, gepaart mit einer äußerst differenzierten Artikulation, ließen ihn Rach2 so mitreißend und unter die Haut gehend spielen, dass das Publikum – sonst eher unüblich – bereits zwischen den Sätzen applaudierte. Der Schlussbeifall, der auch der großen Lehrerin galt, die Mielgo nach vorne bat, zeigte: hier war ein neuer Publikumsliebling geboren. Der bedankte sich für die Ovationen mit dem „Oktober“ aus Tschaikowskys Jahreszeiten und bezauberte noch einmal mit seiner phänomenalen Anschlagskultur. – Bereits am kommenden Donnerstag (6.JuliI geht der Sinfonische Sommer in die zweite Runde. Zu hören gibt’s dann den ersten Satz des Klavierkonzerts von Edvard Grieg, dargeboten von dem 14-jährigen Liam de Paor, und das berühmte Violinkonzert von Max Bruch, ergänzt durch die Ouvertüre zum „Barbier von Sevilla“ und Benjamin Brittens „Young Person’s Guide tot he Orchestra“. Pablo Mielgo wird am Pult stehen. Das Konzert ist bereits ausverkauft.