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Mit Brahms, dessen dritte Sinfonie wir im letzten Konzert gehört haben, verband ihn wenig: Er fand ihn „kalt und düster“ und schätzte ihn allenfalls als inspirierenden Gesprächspartner, „ mit dem man sich herrlich betrinken“ konnte (was er auch getan hat). Mit Beethovens späten Quartetten konnte er auch nichts anfangen („ein Schimmer ist da, mehr nicht…“), Wagner gar quäle sein Publikum, anstatt es zu erfreuen. Solche und andere Ansichten äußerte er zum Teil öffentlich als Musikkritiker.

Er selbst war bei Mit- und Nachgeborenen, bei Kollegen und Kritikern andererseits auch nicht eben everybody’s darling: Gustav Mahler beispielsweise bescheinigte seiner sechsten Sinfonie Erfindungslosigkeit und Leere, sie sei „nichts Besseres als Salonmusik“; Nikolai Rubinstein, dem er sein erstes Klavierkonzert widmen wollte, hielt dieses op. 23 für unspielbar und befand, es müsse komplett umgeschrieben werden. (Was Tschaikowsky zwar kränkte, ihn tatsächlich aber unbeeindruckt ließ: „Nicht eine Note werde ich ändern!“ – Das Genie als Kritiker, das kritisierte Genie.

Die fünfte Sinfonie in e-moll hat man oft als Tschaikowskys „Schicksalssinfonie“ bezeichnet. Ähnlich wie Beethovens Fünfte funktioniert sie nach dem Motto „Durch Nacht zum Licht“: das Schicksalsmotiv (urnebelartig zu Beginn des ersten Satzes aus dem Nichts auftauchend) zieht sich durch das ganze Werk. - Natürlich hat jeder der vier Sätze eigene Themen. Das Hauptthema des Kopfsatzes, das auf das Schicksalsmotto folgt, klingt so. Im weiteren Verlauf entwickelt Tschaikowsky es dramatisch. Den 2. Satz (Sie können darin das „Lied der Taiga“ hören, oder auch – besser – nicht) leitet eine lyrische Hornmelodie ein. Aber – ähnlich wie später bei Mahler – ist der Friede nicht von Dauer. Das Schicksalsmotiv kracht unerbittlich in die Idylle. Der dritte Satz ist ein Walzer. Zunächst wenigstens, denn auch hier ist die Seligkeit nicht von Dauer: eine turbulente Entwicklung stiftet Unruhe.

Höhepunkt ist das Finale. Ausgerechnet dieser Satz gefiel Brahms, der das Werk ansonsten schätzte, gar nicht. Zu grell und plakativ sei das alles, der „Triumph“ über das Schicksal wirke aufgesetzt. Gleich zu Beginn erscheint das Schicksalsmotiv, das sich zu einem regelrechten Thema entwickelt hat – in Dur! Fast majestätisch schreitet es einher. Doch bevor es am Ende in großer Besetzung endgültig triumphieren darf, wird es von einem fast hektischen Gedanken konterkariert. Umso wirkungsvoller ist dann die finale Apotheose. - Die Lebensumstände des Komponisten zur Zeit der Arbeit an der Fünften können Sie sich von Udo Wachtveitl im 8.Kapitel der gut gemachten Hörbiografie des Bayerischen Rundfunks erzählen lassen. Zum Kennenlernen der ganzen Sinfonie empfehle ich Ihnen den Videomitschnitt einer Aufführung durch das hr-Sinfonieorchesters unter Manfred Honeck. – Joji Hattori leitet die Aufführungen am 8.Februar in Palma und am 9.Februar in Manacor.