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Francisco Fullana zeigte gestern Abend im Teatre Principal, dass er ein vortrefflicher Geiger ist, dass aber beim Dirigieren durchaus noch „Luft nach oben“ ist. Wir erlebten das virtuos gespielte Violinkonzert von Beethoven und eine ziemlich pauschale Jupitersinfonie. Für ersteres gab’s verdienten Applaus, der aber nach der Mozartsinfonie deutlich an Emphase verlor.

Es ist nicht bekannt, ob der 12-jährige Joseph Joachim anno 1844, als er Beethovens Violinkonzert (mit einem Londoner Orchester) zum Durchbruch verhalf, auch die Tutti-Stimme der ersten Geigen mitspielte, wie Fullana das gestern Abend tat. Auf jeden Fall aber hatte er einen Dirigenten zur Seite: Felix Mendelssohn, der den Orchesterleiter als eigenständigen Beruf etabliert hatte. Er wusste wohl, warum… Nicht nur, dass ein großes Orchester einen Chef braucht, der das Zusammenspiel koordiniert. Ein Solist, der gleichzeitig auch die Funktion des Konzertmeisters übernimmt, sieht sich vor das Problem gestellt, ständig zwischen Tutti-Ton und solistischer Tongebung zu wechseln, was nicht immer gelingt. Keine Frage: Fullana überzeugte als Virtuose, aber das Orchester stand ihm stellenweise blockhaft und isoliert gegenüber, das konzertante Miteinander blieb auf der Strecke. Stellen, an denen Beethoven bewusst auf Kontraste gesetzt hatte, nahmen dabei keinen Schaden. Aber in den dialogischen Passagen, vor allem im zweiten Satz, wollte sich kein organisches Ganzes ergeben. – Für den Beifall bedankte sich Fullana mit einem Stück von Bach, das er nicht anzukündigen brauchte; es ist in allen möglichen Arrangements, unter anderem von den Swingle Singers, bestens bekannt.

Nach der Pause bot sich ein ungewohntes Bild: Fullana nahm auf dem Stuhl des Konzertmeisters Platz, auf dem beim Beethoven-Konzert noch Smerald Saphiu gesessen hatte. Das vermittelte zwar den schönen, demokratischen Eindruck vom primus inter pares, hatte aber nicht ganz unproblematische Folgen. Das Zusammenspiel eines Orchesters dieser Größe lässt sich nun mal nicht demokratisch regeln, es bedarf eines Chefs, der das Ganze zusammenhält. Und so blieben die einzelnen Instrumentengruppen über weite Teile sich selbst überlassen. Natürlich sind die Musiker des OSIB allesamt Profis, sie kennen ihre Einsätze, aber für einen ausgewogenen Gesamtklang brauchen sie einen Koordinator. Diese Funktion konnte Fullana nicht erfüllen, zumal er zur linken Hälfte des Orchesters keinen Blickkontakt hatte. Und so führten sie ein Eigenleben, das sich, um nur ein Beispiel zu nennen, am Ende dest zweiten Satzes störend bemerkbar machte: da trumpften (ab Takt 88) plötzlich die Hörner auf, als handle es sich um eine Bruckner-Sinfonie. – Das Menuett wirkte durch die überbetonten Pauken, bei einem zudem zügigen Tempo, unfreiwillig komisch. Und auch das Finale wurde von den Pauken förmlich zu Tode geprügelt. Dieser letzte Satz kann (und darf) eine rauschhafte Wirkung entfalten. Aber das kann er eben nur, wenn eine fein austarierte Dynamik innerhalb eines homogenen Gesamtklangs für den nötigen Drive sorgt. Davon konnte gestern Abend keine Rede sein, und so wirkte der Satz grobschlächtig und stellenweise fast vulgär. Schade.

Das nächste Konzert findet am 14.März im Auditorium statt: auf dem Programm stehen die Sonata von Poulenc, das Flötenkonzert von Reinecke, die zweite Suite aus „Daphnis et Chloé“ von Ravel und dessen Welthit „La Valse“. Für den Flötenpart konnte Emmauel Pahud gewonnen werden, am Pult steht Pablo Mielgo. Karten wie immer hier.