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"Templeton", so heißt eines der acht Alpakas auf der Finca von Martina Vollmer und Andreas Peter in Costa d'en Mosson bei Santanyí, sieht noch ganz entspannt aus, "Ophelia" hat's schon hinter sich: das Scheren des dicken Fells, das den Tieren rechtzeitig vor Beginn des mallorquinischen Hochsommers den Hitzestau ersparen soll. Dafür ist Profi-Scherer Alexander Vogt extra aus Bielefeld eingeflogen. Außer den Alpakas wird - ausnahmsweise! - auch eines der beiden Guanakos geschoren, "weil sein Fell ziemlich verfilzt ist". Grundsätzlich aber haben Guakanos, die "Urform" der Lamas, beim Fellwuchs eine natürliche Grenze, so Martina Vollmer, genau wie die anderen vier Lamas, die zur Herde ihrer Finca gehören.

Schön ist die Scher-Prozedur nicht für die Alpakas - im Gegenteil. "Das ist purer Stress", sagt Martina. Um das Verletzungsrisiko zu minimieren - immerhin wird ein rund zwölf Zentimeter (!) dickes Vlies abgetrennt - werden sie auf einer Art "Streckbank" an den Hufen fixiert. Für die Fluchttiere ein Albtraum, dazu noch dieses schnarrende Geräusch des Schergeräts, das wie ein überlauter Elektro-Rasierer klingt. Um sie langsam daran zu gewöhnen, fängt Alexander an den Hinterbeinen an, dann geht es zügig und professionell weiter: "Damit sie's möglichst schnell hinter sich haben."

Die domestizierte Kamelart stammt aus den südamerikanischen Anden - um auf Mallorca "tiergestützte Therapien" anbieten zu können, hat das Paar mit sonderpädagogischer Ausbildung die als besonders sanftmütig geltenden Vierbeiner im Oktober letzten Jahres auf die Insel geholt: "Zur Arbeit mit Kindern, traumatisierten wie gesunden, und ihren Familien, aber auch mit Erwachsenen, die zum Beispiel unter Burnout leiden", so Andreas Peter.

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Einmal im Jahr müssen Alpakas geschoren werden - auf Mallorca etwas früher als anderswo. Inzwischen ist "Ophelia" dran, sie spuckt und fiept, auch wenn Martina Vollmer die ganze Zeit beruhigend auf sie einredet. Erst nach 20 Minuten ist das "Sensibelchen", so Martina, erlöst und springt erleichtert hinaus ins Gehege.

Der "Vorher-Nachher"-Effekt ist gewaltig, da staunt selbst die Finca-Chefin: "Sie sehen ja jetzt direkt zerbrechlich aus." Und der Kopf mit den riesigen, sanftmütigen Augen steht auf einmal in einem ganz anderen Verhältnis zum vorher fast "wuchtigen" Körper: "Wie E.T.s oder außerirdische Giraffen", lacht Martina. Frieren werden die Exoten nicht auf der Insel - aber vor der Sonne müssen sie die empfindliche Haut zumindest in den ersten Tagen nach der Schur gut schützen.

Und wohin nun mit der ganzen "hypoallergenen" Wolle? "Die liegt auf dem Dachboden zum Trocknen", sagt Martina, es habe zuvor viel geregnet, ganz trocken seien die Tiere dann doch nicht gewesen. Die Wolle "zweiter Wahl" - aus Hals- und -Beinbereich etwa, die schon etwas mitgenommen sein kann -, werde sie wohl für Kissenfüllungen und Ähnliches verwenden. Für die Wolle "erster Wahl" (die aus dem Sattelbereich) suche sie noch "Abnehmer" auf der Insel: "Jemanden, der sich mit Wollverarbeitung auskennt und auch das nötige Equipment dafür hat."

Auf der Finca ist Ruhe eingekehrt, selbst Ophelias schwacher Magen hat sich beruhigt, sie macht sich schon wieder über die Gräser her (Alpakas sind Wiederkäuer). Die dunkelbraunen Augen unter der neuen "Pony-Frisur" wirken jetzt noch riesiger als vorher, sanft und aufmerksam zugleich schauen sie einen an. Was sagt Martina noch über diese Tiere: "Sie ansehen und unglücklich sein? Beides zugleich geht einfach nicht."