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Fußballer haben sie, Popstars haben sie, ja sogar die Gattin des US-Präsidenten: Tattoos. Kleine oder große Kunstwerke aus Tinte, die die Haut zieren. Bereits vor 7000 Jahren - in Chile gefundene Mumien beweisen dies - haben sich die Menschen Bilder auf den Körper malen beziehungsweise unter die Haut stechen lassen. Was später zum Teil verpönt war, ist heute zum modischen Accessoire geworden. Doch die Motive haben sich im Laufe der Zeit geändert.

"Früher gab es die klassischen Motive: Vor allem die Rose als Zeichen der Liebe hat sich jahrelang gehalten", sagt John Hilmarsson. Der Isländer betreibt ein Tattoo-Studio in der Altstadt von Palma. "Heute wollen die Kunden andere Dinge. Vor allem der Wunsch nach Selbstdarstellung und -Verwirklichung ist größer geworden. Viele Klienten entwerfen ihre Motive selbst und ich darf sie ihnen dann stechen. Oder sie kommen und sagen: 'Ich möchte das gleiche Tattoo wie Rihanna'", so Hilmarsson.

Auch heute gibt es immer noch Trendmotive, jedoch fernab des Ankers oder des vom Pfeil durchschossenen Herzens. "Das infinity-Motiv, bei Schülern auch bekannt als 'unendliche Acht', verziert mit Federn ist der absolute Renner", so Hilmarsson. Aber auch Sprüche wie "You only live once" sind sehr beliebt.

Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Auch, was das zu tätowierende Körperteil angeht. "Ich habe schon fast überall gestochen", sagt Hilmarsson. "Auf dem Rücken, in den Achselhöhlen und auf den Fingern." Ob er schon einmal einen Auftrag abgelehnt hat? "Oh ja, einmal wollte ein Kunde, dass ich ihm sein 'bestes Stück' verziere. Da habe ich Nein gesagt."

Besonders wichtig, so der Tätowierer, sei die Hygiene. "Man sollte wirklich aufpassen, wo man sich sein Tattoo stechen lässt. Immerhin durchdringt die Nadel mehrere Hautschichten. Da muss man schon auf hygienische Zustände achten", so Hilmarsson. "Nach dem Stechen sollte das frische Tattoo mit etwas Bepanthenol bestrichen werden. Denn die Einstichlöcher sind wie viele kleine Wunden, die sich erst schließen müssen."

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Aber wie sieht es fern-ab der eleganten Altstadt aus? An der Playa de Palma und in El Arenal sind Tattoo-Shops in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden gesprossen. Wer sich in den Sommerferien eines stechen lassen möchte, der hat dort freie Auswahl. Ana López, Piercing in der Nase und blaues Haupthaar, betreibt einen der Läden. Die Motive, die an der Playa gestochen werden, weichen doch oft von den "klassischen" ab.

"Natürlich gibt es auch bei uns die Trendbilder", so López. "Aber gerade hier wollen doch auch viele Kunden ein Andenken an ihren Urlaub in Form eines Strandmotivs oder einfach nur 'Mallorca 2014', wir haben alles schon gestochen. Mein persönliches Highlight waren mehrere Mini-Bierkrüge, die sich ein deutscher Urlauber auf die Brust hat stechen lassen."

Immer wieder hört man aber auch Horrorgeschichten, von Jugendlichen, die im Vollrausch ein Tattoo-Studio aufsuchen, und am nächsten Morgen mit einer Tätowierung aufwachen, die sie gar nicht wollten. "Dazu kann ich nur sagen: Wenn Betrunkene zu uns kommen, dann lehnen wir ab", so López. "Natürlich können wir nicht bei jedem einen Alkoholtest machen, und ja, viele haben ein oder zwei Bier getrunken. Wenn aber jemand offensichtlich alkoholisiert ist, schicken wir ihn nach Hause. Nicht nur, weil er seinen Entschluss, sich tätowieren zu lassen, unter Umständen am nächsten Tag bereut, auch weil es gesundheitliche Konsequenzen haben kann."

Micha und Patrick, zwei Playa-Urlaubern aus Deutschland, ist die gesundheitliche Komponente auch wichtig. Micha, der den halben Oberkörper bereits mit Tattoos übersät hat, sagt: "Ich kenne hier an der Playa die Läden, die Qualität bieten. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das bei allen der Fall ist. Ich habe auch schon Geschichten von Geschäften gehört, die auch sturzbetrunkenen Jugendlichen ein Tattoo verpassen. Das führt dann meistens am nächsten Morgen zu einer bösen Überraschung."

Bei Patrick soll es noch in diesem Urlaub so weit sein. Er hat sich ein Studio an der Playa de Palma ausgesucht. Bei ihm muss die rechte Wade dran glauben. "Ich lasse mir einen Taucher tätowieren, und zwar einen mit einer alten Taucherglocke, einen sogenannten Retro-Diver." Um dem Tätowierer zu zeigen, wie dieser aussehen soll, hat er ein T-Shirt mitgebracht, auf dem er abgebildet ist. Auch er möchte durch das Tattoo einen Teil seiner Persönlichkeit unterstreichen, denn der Tauchsport ist sein großes Hobby.

(aus MM 36/2014)