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Nichts Neues unter der Sonne: Korrupte Politiker, schmierende Unternehmer, leere Haushaltskassen, Firmenpleiten, Bankenkrise, Regierungsstürze; das alles sind keine Erscheinungen aus neuer Zeit. Schon vor 80 Jahren löste ein Skandal, der sein Epizentrum auf Mallorca hatte, ein Erdbeben aus, das am Ende sogar die Zentralregierung in Madrid in den Untergang riss.

Wie groß die Empörung über die Zustände und deren Folgen damals waren, ist auch daran zu erahnen, dass der Name des Skandals in den allgemeinen Wortschatz überging. "Straperlo", oder, noch spanischer "Estraperlo" steht seitdem für betrügerische Geschäftspraktiken und Schwarzmarkt. Doch was war ursprünglich mit Straperlo gemeint? Zwei Niederländer mit mexikanischen Pässen, Daniel Strauss und Jules Perlowitz, hatten 1934 einen elektrischen Roulette-Tisch entwickelt und be-nannt nach ihren Namensinitialen. Ein geheimer Druckknopf ermöglichte zudem, die Kugel auf ein bestimmtes Verliererfeld zu bewegen, ganz nach dem Motto, die "Bank gewinnt immer".

Glücksspiel war damals in Spanien verboten. Nichtsdestotrotz gelang es den beiden Unternehmern, von Politikern in Madrid eine Sondergenehmigung zu erhalten. Dafür sollten die Mächtigen am Gewinn beteiligt werden. Aufgebaut wurde der Spielbetrieb im Luxus-Hotel Formentor im Norden der Insel. Die Edelherberge stand damals unmittelbar vor dem Konkurs, der Roulette-Schmu, der in den Medien zunächst eifrig beworben wurde, sollte der rettende Strohhalm sein.

Tatsächlich drehte sich das Straperlo-Roulette zwei Wochen, bis die Polizei am 14. Dezember eingriff und das betrügerische Glücksspiel stoppte. Das Hotel ging endgültig pleite und zog dadurch auch die Banco de Crédito Balear ins Verderben. Viele Kleinsparer verloren ihre Einlagen, der flüchtige Direktor erschoss sich in Paris.

Strauss und Perlowitz wollten 1935 von den geschmierten Politikern ihre "Investition" zurück. Als diese sich weigerten, schwärzte Strauss sie bei deren Widersachern an. Der Korruptionsfall wurde publik, die Koalition der Rechtsregierung zerbrach, ein Linksbündnis gewann 1936 die Wahlen. Wenige Monate später begann der Bürgerkrieg.

(aus MM 51/2014)