Holger Kimmerle an einem Strand auf Mallorca. | Patrick Czelinski

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Wenn Holger Kimmerle den Raum betritt, hat er eine enorme Präsenz. Fast zwei Meter und knapp 130 Kilo Mann stehen einem dann gegenüber. Die Espresso-Tasse verschwindet in seinen Pranken und seine Schuhe könnte auch Dirk Nowitzky tragen. Kein Wunder, der Typ war schließlich Bodybuilder! Aber: Sobald der Hüne mit dem schwäbischen Dialekt den Mund aufmacht, hat man das Gefühl, es mit einem frechen Buben zu tun zu haben, so sympathisch kommt er daher.

Holger Kimmerle, geboren und aufgewachsen in Reutlingen, hat seinen Job beim Aufzugsbauer Thyssen-Krupp in Stuttgart diesen Februar nach 17 Jahren an den Nagel gehängt. „Ich will jetzt selbstständig durchstarten”, sagt der 48-Jährige. Und die Voraussetzungen hierfür sind nicht schlecht, denn Kimmerle ist jemand, den man durchaus als Tausendsassa bezeichnen kann. Konstruktionsmechaniker, Markenbotschafter, Hobby-Landwirt, Kaninchenzüchter, Familienvater, Bodybuilder, XXL-Model – um nur einige seiner Tätigkeiten zu nennen.

Sein täglich Brot verdient Kimmerle als Markenbotschafter des Bekleidungsherstellers „Top Gun”. Ich arbeite außerdem seit vergangenem Jahr wieder als Personal Trainer, betreue überwiegend online bis zu 100 Kunden, denen ich Trainings- und Ernährungspläne schreibe. Einige davon mache ich auch im Studio fit. Dass er auf diesem Gebiet ein Experte ist, verwundert nicht, wenn man seine Geschichte hört.

„1990 habe ich als damals 16-Jähriger die Filme ‚Rocky 4’ und ‚Rambo 2’ gesehen und war total begeistert. Ich wollte so einen Körper haben wie Sylvester Stallone.” Damals wog Kimmerle 80 Kilo. Die ersten Muckis trainierte er sich an, indem er einem alten Ehepaar auf dessen Bauernhof half. „Traktor fahren, Kartoffeln schleppen und im Kuhstall arbeiten, das war mein Ding. Hätten meine Eltern einen Hof, wäre ich heute Bauer”, sagt er und lächelt.

15 Jahre brauchte Kimmerle, um die 100 Kilo Körpermasse zu erreichen. 2004 lernte er auf einer Fitness-Messe sein Idol Stallone persönlich kennen. „Darauf bin ich bis heute stolz, es war auch der Startschuss für meine Karriere.” 2005 startete der damals 31-Jährige dann als Bodybuilder durch, gewann direkt seinen ersten Wettkampf um den Titel des „Mister Adonis.”

Es folgten zahlreiche weitere Shows und Wettbewerbe, viele davon in den USA. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kam Kimmerle so gut an, dass man ihm anbot, zu bleiben. „Die Amis meinten, ich hätte den gleichen Akzent wie Arnold Schwarzenegger, und ein Busfahrer sagte zu mir, ich sähe aus wie Superman.” Den endgültigen Schritt über den Teich wagte er dann aber nicht. „Das bereue ich bis heute.” Aber damals wollte er seinen sicheren Job in Stuttgart nicht aufgeben. „Die Amerikaner”, findet Kimmerle, „sind gelassen und freundlich. Und, anders als wir Deutsche, keine Neidgesellschaft”.

Trostpflaster in der Heimat: 2010 wurde Kimmerle vom SWR und dem Tourismusverband des Landes zum „Gesicht Baden-Württembergs” gewählt, setzte sich gegen Konkurrenten aus 20 Städten im „Ländle” durch.

„Das war klasse, ich bin lange Zeit durch die Medien getingelt, das hat mir Spaß gemacht.” Den Titel trägt er übrigens bis heute, aber auch ein „Gesicht Baden-Württembergs” braucht mal Urlaub, und den verbringt Kimmerle am liebsten auf Mallorca. „Ich liebe die Insel!”

Jedem, der glaubt, Mallorca sei nur der „Ballermann”, entgegnet Kimmerle. „Du hast doch keine Ahnung. Die Insel ist so vielseitig, so wunderschön.”