Der Autor Stefan S. Kassner bei der Lesung des ersten Teils von Poison Bakery, in Marlies’ Deutscher Buchhandlung in Peguera. | Anja Schmidt

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Die Tür zur Buchhandlung in Peguera geht auf und heraus stürmt ein fröhlicher schwarz-weiß gefleckter Boston-Terrier, der das vor dem Laden wartende Publikum begrüßt. Es ist „Goliath”, der Hund und Protagonist einiger Bücher seines Herrchens, Stefan S. Kassner. Der Autor hält an diesem Abend in Marlies’ Deutscher Buchhandlung eine Lesung seines ersten Bandes aus der Cosy-Crime-Romance-Reihe „Poison Bakery”.

„Das ist ja ein Lümmel!”, liest Kassner vor und zitiert damit die kreischende Mrs. Avory, Residentin eines Altenheims, als diese statt einer Buttercremetorte zum Geburtstag einen Kuchen in Penisform vorgesetzt bekommt.

Kassner liest zwei Kapitel aus Poison Bakery und bringt die Zuhörer mit der quirligen Story schnell zum Lachen. Die Atmosphäre im Laden ist angenehm gelöst und mit einem guten Dutzend Zuhörer gut gefüllt.

Als im Laufe des Abends das Gespräch auf seine anderen Werke wie „Kein Platz für die Liebe” kommt, meldet sich eine Dame: „Es hat mich Kraft gekostet, dieses schöne Buch zu lesen. Ich war so bewegt, dass ich es manchmal zur Seite legen musste, um mich wieder zu beruhigen.”

Der 42-jährige Stefan S. Kassner hatte zehn Jahre lang eine Praxis als Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Mannheim geführt, als er sich entschied, den weißen Kittel an den Nagel zu hängen, um Buchautor zu werden. Kam das plötzlich und unerwartet? „Nein. Ich habe bereits als Kind viel geschrieben, bevor ich mich meiner Passion ganz hingegeben habe. Während des Studiums wurde ich natürlich etwas ausgebremst, nahm aber bald wieder den Stift auf, als Familie und Freunde wissen wollten, wie meine Geschichten weitergehen”, erzählt der Autor. Nach und nach wurde dem gebürtigen Mönchengladbacher immer klarer, dass er lieber Bücher schrieb als Rezepte.

2020 begann Kassner mit dem professionellen Schreiben. Zunächst setzte er sich humoristisch und dann ernsthaft mit seinem Dasein als Arzt auseinander und schrieb im Buch „Let’s Talk about Medicine: Die Motte aus der Vagina” von Fällen, die er in seiner Laufbahn als Arzt tatsächlich erlebt hatte.

Anfangs fand Kassner es gewagt, sich Schriftsteller zu nennen, da er ja sein Brot noch als Arzt verdiente. Doch das sollte sich rasch legen, denn die Rädchen waren bereits ins Laufen geraten. Als er sogar eine Agentin und einen Verlag an Land zog, verabschiedete sich der Mediziner von seinen Patienten. Die konnten es gar nicht fassen, dass Kassner seinen sicheren und lukrativen Job als Arzt für einen gewagten und unsicheren Ausgang als Autor aufgab. Sie waren auch richtig traurig, ihn als Doktor zu verlieren.

Am 1. Oktober 2022 übergab Kassner seine Praxis an einen Kollegen, packte seine Siebensachen und zog keine vier Wochen später nach Mallorca. „Denn schreiben kann man überall! Und wo kann das schöner sein als auf Mallorca?!” Seitdem lebt der Autor mit Hund „Goliath” in Palmanova und hat so einiges erreicht, was man an den bisher 14 Veröffentlichungen erkennen kann: aus unterschiedlichen Genres sind bereits fünf Romane, acht Novellen und eine Kurzgeschichte erschienen. Allein in diesem Jahr hat der Vielschreiber sechs Bücher verfasst und seine zweite Lesung in Peguera gehalten. „Mallorca hat mich inspiriert”, lacht er.

Auf ein bestimmtes Genre möchte sich Kassner nicht festlegen. „Das ist wie im Leben, das hat auch mehr als ein Genre”, betont er.

Beim Schreiben ist nicht immer alles einfach. „Letztes Jahr habe ich bei 40 Grad Außentemperatur und Blick aufs Meer eine Weihnachtsnovelle geschrieben. In diese Stimmung zu kommen, war nicht leicht!” Leichter fällt es Kassner sicherlich, über „Goliath” zu schreiben: In „Fledermausohren lügen nicht” schlüpft der Autor in die Rolle des Hundes und betrachtet dabei amüsiert das menschliche Handeln. Nachdem Kassner lange an lieblich-romantischen Cosy-Inhalten geschrieben hat, wächst nun in ihm wieder das Verlangen, jemanden in einem Buch zu „killen”.

Viele seiner Bücher hat Kassner (mehr zu Autor und Werken unter stefan-kassner.de ) zwar auf Mallorca geschrieben, aber erst im kommenden Jahr erscheint eine Trilogie, die auf der Insel spielt. Dabei geht es um eine Auswanderin, die ein Hotel eröffnet. In die Geschichte verpackt Kassner, klare Sache, auch einige jener Erfahrungen, die er selbst beim Auswandern erlebt hat.