Die 35-jährige Niederländerin Stacey van Tichelt ist ein Magnet für ausgediente Pferde, Ponys und Esel. | Patricia Lozano

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Auch das ist Mallorca: Mehrere betagte Mastiffs liegen genüsslich ausgestreckt in der Morgensonne. Ein kleines Schwein mischt sich darunter. Auf der Koppel genießen Pferde eine Ladung frisches Heu. Es ist Sonntagvormittag auf der Rancho Fino bei Costitx. Auf 60.000 Quadratmetern leben hier Pferde, Ponys, Esel, Hunde, Katzen, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner und Gänse entspannt miteinander. „Wir sind offen für alle Tiere, die Hilfe brauchen”, sagt Stacey van Tichelt. Die 35-jährige Holländerin leitet den Hof zusammen mit ihrem Mann Sten Bendsen. Die Zahlen schwanken, aber sie hätten immer etwa 20 Pferde und 20 bis 30 Hunde.

Die Rancho Fino ist ein Tierschutz- und Gnadenhof. Alte, kranke und behinderte Tiere werden hier bis zu ihrem Lebensende betreut. „Und wo immer es Sinn macht, vermitteln wir die Tiere in gute Hände, um Platz für neue zu machen”, betont Sten Bendsen.

Viele der Bewohner haben eine Leidenszeit hinter sich. Stacey zeigt auf einen kleinen Ratero, der seine Hinterbeine nicht benutzen kann. „Das ist Sput. Er hat auf einem winzigen Balkon gelebt”. Den Blutwerten nach sei er tot gewesen, als er ankam. Jan, das kleine Schwein, habe vier Jahre in einer Wohnung unter einem Tisch verbracht. „Er hatte extrem überwachsene Klauen und war massiv übergewichtig. Sein Gesicht war so fett, dass er nichts sehen konnte.” Allmählich werde er schlanker und agiler. Besonders viel Zeit und Fürsorge, um sich zu erholen, bräuchten die ehemaligen Trabrennpferde. Sie seien körperlich ausgelaugt und seelisch kaputt, sagt Stacey. „Sie wissen gar nicht, wie es ist, ein Pferd zu sein.”

Das kleine Schwein Jan hat vier Jahre in einer Wohnung unter einem Tisch verbracht, bevor es auf die Finca kam.

Dass sie ihr Leben dem Tierschutz widmen würde, war nicht geplant. „Es war ein großer Unfall”, meint Stacey und erzählt, wie es dazu kam. Vor neun Jahren war sie durch ihren damaligen Freund nach Mallorca gekommen. Er hatte hier einen Job als Tauchlehrer. Die Beziehung ging auseinander, Stacey blieb. Um sich Geld zu verdienen, arbeitete sie auf Booten, reinigte Ferienwohnungen, machte Catering und Babysitting. Außerdem kümmerte sie sich um die zwei Pferde eines Bekannten. Mit Pferden war sie aufgewachsen. „Sie sind mein Leben”, betont Stacey. Zusammen retteten sie ein ausgesetztes, fast verhungertes Pferd. Kurz darauf verschwand der Bekannte jedoch spurlos – ohne die Pferde. Nach einiger Suche fand Stacey eine Finca bei Montuïri, auf der sie ihre drei Schützlinge unterbringen konnte.

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„Von da an war ich ein Magnet für ausgediente Pferde, Ponys und Esel, die irgendwo in der Natur ausgesetzt worden waren, oftmals an einen Baum gebunden.” Um die wachsende Zahl Tiere zu versorgen, habe sie begonnen, Helfer zu engagieren und gleichzeitig immer mehr gearbeitet, um die Helfer und das Futter bezahlen zu können. Auf ihren Körper achtete sie dabei nicht. „Ich habe einige orthopädische Probleme und nach vielen OPs schon Mitte Zwanzig zwei neue Hüften bekommen”, sagt Stacey. Nach vier Jahren voller Arbeit streikte der Körper. Diagnose: Doppelter Leistenbruch. Die Beine funktionierten nicht mehr. Stacey wurde nach Holland ins Krankenhaus geflogen. Mit dem Handy habe sie die Notversorgung der Tiere organisiert, erinnert sie sich. Ihre Wohnung auf Mallorca verlor sie derweil. „Wer wird eine verrückte Holländerin mit einem heimatlosen Zoo aufnehmen?”, habe sie sich gefragt.

Im Krankenhaus kam auch die Wende. Eine Frau, die Stacey über drei Ecken kannte, kontaktierte sie und meinte, so könne das nicht weitergehen. „Ich bezahle deine Ausgaben einen Monat lang. In dieser Zeit baust du eine gescheite Facebook- und Instagramseite auf.”

Auch Ziegen finden auf der Rancho fino ein neues Zuhause.

Zurück auf Mallorca fand Stacey die Finca bei Costitx. „Das Haus hatte keine Fenster, kein Wasser, keinen Strom und kein richtiges Dach, aber die Miete war günstig, es war perfekt”, sagt sie und lacht. Die Kosten seien wahnsinnig hoch. Allein das Heu für die Pferde koste alle paar Monate mehrere tausend Euro. Aber durch ihre Arbeit verfüge sie über ein tolles Netzwerk an Kontakten auf der ganzen Insel und in allen Schichten der Gesellschaft. Ein Golfclub habe das Dach für das Haus finanziert, ein Hotel die Quarantänestation für die Hunde. „Und tolle Privatsponsoren helfen mir beim Hundefutter.” Weil sie unterernährt herkämen, Krankheiten oder Allergien hätten, bräuchten die Hunde eine hochwertige Nahrung, betont sie.

Die größte Unterstützung ist jedoch Sten Bendsen. Der Däne lebt seit 2018 auf der Insel und hat eine Firma für Hausverwaltung. Im Oktober heirateten sie. „Wir kommen jetzt im Doppelpack”, meint Stacey. Sie arbeite in seiner Firma mit und er bei ihr.

Wenn Besucher zur Rancho Fino kämen, sagten diese oft: „Ihr lebt einen Traum.” Das sei es absolut nicht, sondern eine Lebensaufgabe mit viel Arbeit und der ständigen Sorge, wie es weitergehe. „Dafür bekommen wir unendlich viel Dankbarkeit und Liebe von den Tieren.”