Die Wohnung der jungen Künstlerin in Santa Ponça verwandelt sich mehr und mehr in ein Atelier. | patricia lozano

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Eine Routineuntersuchung beim Arzt im Mai dieses Jahres kurz nach ihrem Geburtstag stellte das Leben von Sarah Pipkin komplett auf den Kopf. Denn bei der 31-jährigen Mallorquinerin wurde ein HER2-positiver Brustkrebs festgestellt. Pipkin sagt: "Niemals habe ich mit solch einer Diagnose gerechnet. Ich bin noch jung und dachte, dass mir so etwas niemals passieren würde." Schlagartig änderte sich das Leben der jungen Frau, die noch bis Juni als Projektmanagerin bei einem Touristikunternehmen arbeitete und seitdem krankgeschrieben ist. "Ich hatte zuvor für die Woche nach dem schicksalhaften Arztbesuch einen Trip nach Hamburg gebucht. Der Doktor meinte jedoch nur: 'Vergiss diese Reise und deine Pläne! Dein Plan ist nun, dich um dich selbst zu kümmern!' ".

Halt findet die Insulanerin, die an der University of London Finanz- und Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, in ihrer Kunst, wie sie erklärt: "Ich male seitdem ich zehn Jahre alt bin. Es ist für mich ein Mittel, um abzuschalten und in eine andere Realität zu flüchten." In ihrer Wohnung in Santa Ponça, die sich zunehmend zu einem Atelier verwandelte, bewahrt sie zahlreiche ihrer Gemälde auf. Darüber hinaus sind einige ihrer Werke auch am Samstag, 23. September, bei der Kunstnacht „Nit de l’Art” in der Ahoy Art Gallery zu sehen, mit der Pipkin seit wenigen Monaten zusammenarbeitet.

Ihr Krankheitsbefund und der damit einhergehende Schock haben auch Einfluss auf das künstlerische Schaffen der zierlichen Frau: "Früher erstellte ich Popart-Gemälde, wobei ich bunte Fluoreszenzfarben mit einem Spachtel aufgetragen habe." Dabei konzentrierte sich die Künstlerin bei der Wahl ihrer Motive auf auffallende Frauen mit vollen Lippen, künstlichen Wimpern und markantem Nagellack. Nun habe sich der Fokus ihrer Werke hingegen auf die innere Schönheit der Frauen verlagert, erklärt Pipkin: "Ich male nun in einem eher realistischen Stil in schwarz-weißen Farben, detaillierter und monochronistisch, wobei ich auf meine Pinsel zurückgreife". Ihre neu entstandene Serie mit den Torsi junger Frauen nennt sie "The Unfinished", was auf Deutsch "Die Unvollendeten" heißt. „Man sieht von den nackten Frauen nur die Büsten, muss sich also den Rest hinzudenken”, so Pipkin.

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Genauso verhalte es sich schließlich mit ihrem eigenen Lebensweg, der aufgrund des aggressiven Brustkrebses unklar ist. "Früher habe ich ein Bild von vorne bis hinten geplant, doch jetzt ist die Zukunft offen." Die Krankheit hat die Künstlerin umdenken lassen und bewusster gemacht. „Ich selbst war ein wenig wie die Figuren auf meinen Bildern, habe für High Heels, Friseurbesuche und Make-up viel Geld ausgegeben. Doch wozu? Zugleich verstehe ich aber junge Frauen, die Wert auf Äußeres legen”, erklärt Pipkin. Jetzt hingegen richtet sie ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf oberflächliche Dinge: „Ich erlebe gerade eine Lebensphase, in der ich mich mit mir und meinem Körper stark verbunden fühle.”

Die Chemotherapie, die sie wöchentlich von den Ärzten in Palma erhält, führte dazu, dass Pipkin über 15 Kilo an Gewicht verlor sowie ihre Haare und die Wimpern einbüßte. "Manchmal trage ich eine Perücke. Mein Freund machte mir das schönste Kompliment, denn für ihn bin ich auch ohne Kunsthaare nach wie vor schön." Die medikamentösen Behandlungen führten bei der Mallorquinerin dazu, dass sie sehr lichtempfindlich wurde, unter Kopfschmerzen leidet und nur nachts vor ihrer Leinwand sitzen kann. "Ich fühle mich oft nach dem Aufstehen kraftlos und kann mich nur auf wenige Dinge am Tag konzentrieren."

galeria ahoy sarah pipkin y renate pentzien
Sarah Pipkin mit der Galeristin Renate Pentzien, die sie beim Kampf gegen
die Krankheit unterstützt.

Neben einem täglichen Sportprogramm in Form von Rollerskaten ist für sie eine gesunde Ernährung unabdingbar. "Früher habe ich gerne Pizza oder bei McDonald’s gegessen. Jetzt stehen Brokkoli, Spinat, Milchshakes und Mandeln auf meinem Speiseplan." Pipkin ist sich sicher, dass sie den Kampf gegen den Krebs gewinnt. Nach einem Jahr Chemo wird sie sich, wenn der Tumor hoffentlich deutlich kleiner ist, einer Operation unterziehen.