Endlich Zeit zum Reisen. Joachim H. Luger beim Interview in Alcúdia: "Wir waren nur ein einziges Mal vor 25 Jahren auf Stippvisite auf Mallorca". | P. Lozano

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Auf der Kulturfinca Son Bauló in Lloret de Vistalegre begeht Songwriter Willi Meyer an diesem Mittwoch, 27. März, ab 18 Uhr das 20-jährige Bestehen seiner Show „Music & Talk”. Der Eintritt kostet 45 Euro inklusive Paella und Getränke. Anmeldungen: son-baulo@son-baulo.com. Sein Jubiläum feiert Meyer mit Band und Publikum. Illustre Gäste sind der Schweizer Biker, Musiker und Autor Jimy Hofer und der Schauspieler Joachim H. Luger, bekannt als „Vater Beimer” aus der WDR-Serie „Lindenstraße”, die von 1985 bis 2020 ausgestrahlt wurde. Im MM-Interview erzählt er, wie er zu seiner Paraderolle kam, warum er nach 33 Jahren ausstieg und wie es dann weiterging.

MM: Herr Luger, wer oder was führt Sie nach Mallorca?
Joachim H. Luger: Mein alter Kollege Jo Petit, mit dem ich in Essen Theater gespielt hatte. Er sagte: „Komm doch mal, du weißt gar nicht, wie schön Mallorca im Frühling ist.” Wir waren nur ein einziges Mal vor 25 Jahren auf Stippvisite hier gewesen und kennen die Insel praktisch nicht.

MM: Ihr Aufenthalt ist mit einem Gastauftritt bei „Music & Talk” verbunden.
Luger: Ich werde da wahrscheinlich etwas singen. Was, das ist eine Überraschung.

MM:Sie singen auch?
Luger: Das habe ich am Theater natürlich auch gemacht, verschiedene kabarettistische, musikalische Abende, sogar Musicals wie „Anatevka” und „Kiss Me, Kate” und Operetten wie „Im Weißen Rössl” und einiges mehr.

MM:Wie kamen Sie ans Theater?
Luger: Theater hat mich schon als Junge interessiert. Meine ältere Schwester war Tänzerin an der Oper in Berlin, wo ich bei jeder Premiere dabei war. Aber als ich den Wunsch äußerte, Schauspieler zu werden, sagte mein Vater, ich solle erst etwas Vernünftiges lernen. Ich habe bei Schering eine Lehre als Chemielaborant gemacht und auch anderthalb Jahre in dem Beruf gearbeitet. Dann war der Wunsch, Schauspieler zu werden, nicht mehr zu bremsen.

MM: Warum wählten Sie eine private Schauspielschule in Stuttgart?
Luger: Ich hatte in einer Laiengruppe gespielt. Deren Leiterin sagte, dass es sehr schwierig sei, an die staatlichen Schauspielschulen zu kommen, dass sie aber in der Nähe von Stuttgart eine sehr gute Lehrerin kenne. Mein Glück war, dass ich dort die Frau des Schauspieldirektors des Staatstheaters Stuttgart kennenlernte, die ein paar Unterrichtsstunden nahm. So hatte ich schon 1966 meine ersten bezahlten Auftritte am Staatstheater Stuttgart, erst Edelstatisterie, dann winzige Sprechrollen. Irgendwann brauchten sie in einem Stück mal eine Katze, und ich hatte einen Kater, der mir zugelaufen war. Er bekam eine höhere Gage als ich.

MM: Ihre Karriere begann mit Engagements in Lübeck, Essen und Bochum, dann spielten sie frei an Theatern und hatten erste Fernsehrollen. Wie kamen Sie zur „Lindenstraße”?
Luger: Eines Tages bekam ich einen Anruf, dass Hans W. Geißendörfer (Produzent der Serie; Anm. d. Red.) mich sehen möchte. Ich war ja gut im Theatergeschäft und ging da völlig unbelastet zum Casting, eigentlich war mein Interesse gar nicht so groß. Danach nahm mich Geißendörfer in die Arme und sagte mir, er habe schon mehrere Hundert Leute gecastet, aber ich sei sein Vater Beimer.

MM: Wie kam es dazu, dass Sie diese Rolle 33 Jahre lang spielten?
Luger: Geißendörfer sagte, dass er mich für ein Jahr engagieren wolle, ich dann aber nicht nebenher Theater spielen könne. Im ersten Jahr merkte man schon, dass Marie-Luise Marjan und ich als Protagonisten der Serie einen Stempel weg hatten und damit für andere Rollen verbrannt waren. Da habe ich mir gesagt: Wenn kein anderer nach dir fragt, warum sollst du den Vertrag nicht verlängern? Und so wurden aus einem Jahr mehr als 30. Nach einigen Mühen setzte ich durch, dass ich wieder Theater spielen konnte. Als Gegengewicht zu der problembeladenen Rolle des Vater Beimer spielte ich mit Lust wieder Komödien. Ich bin dadurch nie ganz raus gewesen aus dem Theaterspielen. Das war mein Glück, als ich dann ausgestiegen bin.

MM: Was waren die Gründe für den Ausstieg?
Luger: Ich musste die letzten zwei Jahre Parkinson spielen, und das war für mich sehr belastend. Diese Krankheit beschränkt ja drei wesentliche Dinge, die einen Schauspieler ausmachen, die Gestik, die Mimik und die Sprache. Da habe ich beschlossen, den Vertrag nicht mehr zu verlängern. Am letzten Drehtag fuhr ich per Taxi nach Dresden, weil ich am nächsten Tag eine Wiederaufnahmeprobe eines Boulevardstückes und am übernächsten Tag die Wiederaufnahme hatte. Also ging es nahtlos weiter, bis Corona kam.

MM: Sie waren sicherlich der berühmteste Vater der Bundesrepublik. Hatten Sie überhaupt noch ein Privatleben, wenn Sie auf die Straße gingen?
Luger: Die „Lindenstraße” spielte ja in einer kleinbürgerlichen Gesellschaft. Für die Leute war ich im Grunde genommen einer von ihnen. Da war natürlich häufig Schulterklopferei, aber eben nicht dieses Aufblicken zum „Star”, und das fand ich auch gut. Ich wollte mich immer normal unter den Leuten bewegen können.

MM: Treten Sie seit dem Ende der Corona-Pandemie noch auf?
Luger: Ich hatte ein Angebot, in München die Hauptrolle in einem guten Stück zu spielen, und hatte den Text schon gelernt, kam aber mit dem Regisseur nicht klar. Ich hatte keine Lust, mich vier Wochen auf Konfrontationskurs mit einem Regisseur zu begeben, der vorher noch nie Regie geführt hatte, fürchterliche Blasen im Kopf hatte und meinte, er wisse alles besser. Dafür bin ich zu alt. Seitdem ist nichts mehr passiert. Ich mache noch gerne Lesungen, lyrische Abende und Ähnliches mehr und lasse das in aller Ruhe ausklingen. Ich kann ehrlichen Herzens sagen, ich habe keine Entzugserscheinungen.