Künstler tun sich derzeit zusammen, um online musikalische Vielfalt zu bieten. | Screenshot

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Es war der bisher größte Event in Zeiten von Corona. Acht Stunden lang dauerte am 18. und 19. April das virtuelle Live-Konzert „One World: Together At Home“, an dem fast 100 Stars der Musikwelt teilnahmen. Doch es ist nicht das einzige Highlight, das man sich derzeit aus dem Netz fischen kann.

In Montreux wird alljährlich im Juli eines der bedeutendsten Jazzfestivals Europas veranstaltet. Während die Ausgabe dieses Jahr, wie viele andere Events auch, auf der Kippe steht, können aus den vergangenen Jahren mehr als 50 Top-Konzerte 30 Tage lang frei gestreamt werden. Anmelden kann man 
sich über die Website www.montreuxjazzfestival. com. Das Angebot reicht weit über den Jazz hinaus. Neben Nina Simone, Quincy Jones und dem Mahavishnu Orchestra stehen auch Country, Pop und Rock zur Auswahl, lassen sich Konzerte etwa von Phil Collins, Santana und Deep Purple abrufen. Selbst Legenden wie Johnny Cash, James Brown und Rory Galla-gher werden online noch einmal lebendig. Jazz vom Feinsten und unabhängig von der Tageszeit bietet dagegen das San Francisco Jazz Festival. Jeden Dienstag wird auf Youtube ( www.youtube. com/user/SFJAZZOnline ) ein neues Video mit internationalen Größen des Genres veröffentlicht.

Ein internationaler Top-Musiker ist auch der russisch-deutsche Pianist Igor Levit. Jeden Tag um 19 Uhr setzt er sich in seiner Berliner Wohnung an den Flügel, um nach einer kurzen Vorrede für seine Twitter-Gemeinde ein Hauskonzert zu geben. Und diese Gemeinde umfasst Zehntausende von Zuschauern. Im Nachhinein können die Konzerte bei Periscope ( www.pscp.tv/igorpianist ) gesehen werden.

Was Levit am Klavier, das ist Daniel Hope an der Violine. Auch er lebt in Berlin, und auch er streamte live aus seinem Wohnzimmer Konzerte, allerdings nicht auf Twitter, sondern bei Arte Concert. Bei sich zu Hause trat er nicht allein auf, sondern empfing Freunde und Kollegen wie den Pianisten Christoph Israel, den Sänger Max Raabe oder den Ex-Chef der Berliner Philharmoniker und jetzigen Chef des London Symphony Orchestras, Sir Simon Rattle. Auch Schauspielerinnen und Schauspieler wie Katja Riemann, Katharina Thalbach und Ulrich Tukur schauten bei „Hope@ Home“ vorbei, um auf Englisch Texte zu lesen. Abrufbar sind die Streamings bis 23. Juni.

Bei Arte Concert lassen sich zudem zahlreiche Musikevents aller Sparten abrufen, von der Fidelio-Inszenierung des zweifachen Oscarpreisträgers Christoph Waltz in Wien über „#United WeStream“ , den größten virtuellen Club der Welt, bis zum Auftritt der Southern-Rockband Lynyrd Skynyrd letztes Jahr beim Hellfest im französischen Clisson im Rahmen ihrer Farewelltour.

Zurück zur Klassik: Oper und Ballett on demand bieten gerade zahlreiche Bühnen weltweit an, darunter die beiden größten Häuser Spaniens, das Teatre Real in Madrid und das Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Lohnenswert ist zudem ein Besuch auf dem Youtube-Kanal des Royal Opera House in London: Neben den Vorstellungen können die Zuschauer Zaungast bei Proben und Meisterklassen spielen.

Das Sinfonieorchester der Balearen begleitet sein Publikum ebenfalls durch die Coronakrise, nicht nur auf Youtube mit Videos von vergangenen Konzerten. Nach wie vor laden Mitglieder des Orchesters von zu Hause aus Videos mit Musikstücken auf ihre Plattformen im Netz hoch. Hinzu kommt die Initiative „#SonemPerTu“ (Wir klingen für dich). Begonnen hat sie mit einer Hommage an die an oder mit Covid-19 Verstorbenen: Ases Tod aus Edvard Griegs erster Peer-Gynt-Suite, bei der jeder Streicher des Orchesters nach einem vorgegebenen Tempo seinen Part aufnahm. Am Ende wurden sämtliche Teile zusammengefügt. Als Fortsetzung folgen die Bläser der Sinfoniker mit zwei Sätzen aus der „Gran Partita“ von Wolfgang Amadeus Mozart.

Songwriter Willi Meyer musste seine Show „Music & Talk“ wegen Corona aussetzen. Damit seine Fans nicht ganz auf ihn verzichten müssen, hat er den Dienstag zum „Ruby Tuesday“ erklärt. Immer um 21 Uhr 
streamt er auf seiner Facebookseite „Willi Meyer“ ein Konzert mit eigenen Songs und Covern. Zuletzt sahen dies mehr als 1300 Internetnutzer.

Es muss nicht immer Musik sein. Ein monumentales Literaturprojekt ist die Marathonlesung des Camus-Romans „Die Pest“ aus dem Jahr 1947. An dem Projekt des Rabenhof Theaters in Wien und des ORF nahmen am Karfreitag 120 Österreicherinnen und Österreicher teil, darunter bekannte Literaten und Schauspieler. Bis Montag, 11. Mai, ist die Lesung 
online abrufbar.