Zwei Powerfrauen interpretieren Grieg: die 34-jährige kolumbianische Dirigentin Lina González-Granados und die junge Pianistin Judith Jáuregui. | Martin H. Müller

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„Frauenpower mit Sinfonieorchester“ hatte Martin Breuninger im Vorbericht zum 5. Abonnementkonzert der Balearensinfoniker im Trui Teatre angekündigt. (MM vom 20.01.). Eingelöst haben dieses Versprechen die 34-jährige kolumbianische Dirigentin Lina González-Granados und die junge Pianistin Judith Jáuregui.

Pianistinnen, auch welche von Weltgeltung, gibt es seit Clara Schumann; Frauen am Dirigentenpult beginnen sich erst seit einigen Jahrzehnten einen Platz in der einstigen Männer-Domäne zu erobern. Nicht alle tun das gegenwärtig so erfolgreich wie beispielsweise Simone Young, Joana Mallwitz – und eben Lina González-Granados. Sie hat es bereits zur Hausdirigentin der Los Angeles Opera gebracht. Es ist ein Vergnügen, ihr zuzuschauen: mit eleganten, federnden Bewegungen und ganzem Körpereinsatz holt sie aus dem Orchester heraus, was in ihm steckt. Und das ist bei den Balearensinfonikern bekanntlich eine ganze Menge.

Die 34-jährige kolumbianische Dirigentin Lina González-Granados.
Die 34-jährige kolumbianische Dirigentin Lina González-Granados.

Das erste Hauptwerk des Abends (nach Tschaikowskys Fantasieouvertüre „Romeo und Julia, im Programmheft etwas despektierlich und zu unrecht als „appetizer“ abqualifiziert) war das a-moll-Klavierkonzert von Edvard Grieg. Man kann es als skandinavisches Pendant zum Schumann-Klavierkonzert hören: beide stehen in a-Moll, beide haben die gleiche auftrumpfende Geste am Anfang, sogar das lyrische Hauptthema, das auch bei Grieg unmittelbar auf das virtuose Ausrufezeichen der ersten Takte folgt, hat eine starke Ähnlichkeit mit dem Schumann’schen. Diese fast epigonalen Anwandlungen haben es ihm anfangs schwer gemacht, sich im Konzertsaal durchzusetzen.

Zumal dann auch noch Komponistenkollege Hugo Wolf spottete, es sei gerade gut genug, „Brillenschlangen in Träume zu lullen oder rhythmische Gefühle in abgerichteten Bären zu erwecken … für den Konzertsaal tauge es nicht.“ Heute ist es, den unseriösen Sottisen des alten Stänkerers – er ließ auch an Brahms kein gutes Haar – zum Trotz fester Bestandteil des internationalen Repertoires.

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Judith Jáuregui bot es an diesem Abend mit grundsolider Technik, rhythmischer Verve und delikatem Anschlag. Frauenpower? Sicher! Zumal es ohne eine gewisse pianistische Urgewalt gar nicht möglich ist, dieses und andere Konzerte der Romantik so zu spielen, dass der Funke überspringt. – Für den herzlichen Applaus bedankte sich die Pianistin mit einer Gnossienne von Erik Satie.

Nach der Pause konnte das Orchester wieder einmal zeigen, was es an schier unerschöpflichen klanglichen Möglichkeiten drauf hat. Es war auch die große Stunde der Stimmführer: Konzertmeister Smerald Spahiu glänzte mit dem sich durch alle vier Sätze ziehenden Leitmotiv (fast Wagner’scher Prägung: Rimsky-Korsakow war bekennender Wagnerianer) der „Scheherazade“ von Nicolai Rimsky-Korsakow, dem zweitem Hauptwerk des Abends; Cello-Stimmführer Emmanuel Bleuse spielte mit warmem, beseeltem Ton die Soloeinlagen für sein Instrument; in weiteren solistischen Passagen spielten sich Oboe, Trompete und Posaune die Motive wie Bälle zu. Die Partitur des auch als Arrangeur genialen Russen animierte die Dirigentin dazu, 45 Minuten Klangmagie pur zu zelebrieren. Und nicht nur das: die Orientalismen des Werkes erklangen unter ihrer Stabführung betörend exotisch. Die russischen Rhythmen entfalteten eine geradezu explosive Dynamik. - Stürmischer Beifall am Ende eines großen Abends.

Das nächste Konzert der Aboreihe im Auditorium findet am 3. Februar statt. Coronabedingt hat sich das Programm des Konzerts im Auditorium allerdings geändert. Statt der Carmina Burana von Carl Orff werden nun Ouvertüren und Arien von Vivaldi und Mozart erklingen, unter anderem die Konzertarie “Ch’io mi scordi di te” mit obligatem Klavier, KV 505. Außerdem gelangt die 1. Suite aus Manuel de Fallas “El sombrero de tres picos” zur Aufführung. Unter der Leitung von Pablo Mielgo werden die Sopranistin Julia Lezhneva und der Pianist Andreu Riera zu hören sein.”

(aktualisiert am 26. Januar, 11.45 Uhr)