Hans von Rotenhan. | Privat

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Geschichten hat Hans von Rotenhan schon immer gern erzählt. Der fränkische Freiherr erinnert sich noch an eines seiner frühesten Werke, ein Weihnachtsgeschenk für seinen Vater. Die kindliche Erzählung handelte von einer Maus, die sich in einem Laib Käse eingenistet hatte und so dick wurde, dass sie Junge bekam.

Inzwischen zählt Rotenhan 72 Lenze, und fast auf den Geburtstag genau ist bei Maximum sein Romandebüt „Allsberg 1871 – Der Glanz der alten Zeit” erschienen. Es ist der erste Teil einer Trilogie, deren weitere Bände „Allsberg 1980 – Der Klang der Vergangenheit” und „Allsberg 1985 – Der Duft der Veränderung” am 1. August 2023 respektive am 1. Februar 2024 veröffentlicht werden.

Zentrum dieser Saga ist das fiktive Schloss Allsberg in Unterfranken. Was das mit den Balearen zu tun hat? Nichts, was den ersten Band der Trilogie betrifft, aber viel, was den Autor angeht. Nach dem Jurastudium ließ er sich 1978 auf Ibiza nieder, arbeitete als Stiefelverkäufer, Radiosprecher und Journalist, um schließlich als Rechtsanwalt zu praktizieren – ab 1991 dann auf Mallorca. 2014 zogen er und seine Frau nach Berlin, um ihrer kleinen Enkelin nahe zu sein, und werden im September wieder auf die Insel zurückkehren.

Mit „Mallorca ist anders – Ibiza erst recht: 58+2 kuriose Storys eines Anwalts von den Balearen” und „Ibiza und Mallorca, eine Welt für sich: Weitere Geschichten eines Anwalts von den Balearen” veröffentlichte Rotenhan bereits beim Reisebuch Verlag zwei Bücher über seine Erlebnisse auf den Balearen. Darüber hinaus erschien 2015 das Buch „Die Runde Eckstube: Geheimnisse und Geschichten aus Schloss Rentweinsdorf” über sein Elternhaus.

Mit der Schloss-Allsberg-Reihe hat sich der Autor nun erstmals auf das Gebiet der Fiktion begeben. „Es ist nicht die Geschichte meiner Familie, Ort und Leute sind frei erfunden”, stellt er klar. „Aber ich konnte den Roman nur schreiben, weil ich in so einem Kasten aufgewachsen bin.”

Die Protagonistinnen des ersten Bands sind zwei Frauen, die um den Fortbestand der Familie von Tröger und ihres Stammsitzes kämpfen und sich zugleich in ihrem Streben nach Selbstbestimmung gegen die Konventionen des Adels auflehnen.

Angesiedelt ist ihre Geschichte im deutschen Kaiserreich zwischen 1871 und 1892. Im Schloss Allsberg, das schon bessere Tage gesehen hat, muss Thea, die 26-jährige Tochter des Barons Tröger, den Familienbetrieb von Vieh- auf Pferdezucht für das Militär umstellen. Nach dem Tod des Vaters gelingt es ihr, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen. Erfolgreich führt sie die Geschäfte des Schlossgutes und erfüllt den letzten Wunsch ihres Vaters, die Nachkommenschaft der Trögers zu sichern. Dazu verkuppelt sie die junge Vicky mit ihrem Bruder Cord, der auf Heimat und Familiensitz pfeift, nicht aber auf die Etikette. Die Ehe scheitert, Thea kümmert sich mit Vicky um die zwei aus der Verbindung stammenden Söhne. Und beide bringen sie die gute Gesellschaft samt Klerus gegen sich auf: Thea, die ihre große Liebe ganz unstandesgemäß in dem Förster Hubert findet, und Vicky, die eine Liebesbeziehung mit der Pfar-
rerstochter Hilde eingeht.

All dies beschreibt Rotenhan anschaulich. „Meine Frau sagt, dass ich ein bisschen übertreibe, aber das finde ich nicht”, meint der Autor. „Man tut immer so, als seien die Menschen früher durch Zellteilung entstanden.” Schwer sei es ihm jedenfalls nicht gefallen, sich in seine Figuren hineinzuversetzen.

Den ersten Band seiner Trilogie schrieb Rotenhan zuletzt. Geplant war anfangs nur eine Geschichte aus den 1980er-Jahren. Doch weil seine Agentin meinte, dass sich eine Trilogie besser mache als zwei Bände, und der Verlag eine Vorgeschichte aus dem 19. Jahrhundert wollte, sprang der Autor in der Zeit zurück. Verbunden war dies mit Recherchen, zum Beispiel über die damaligen Eisenbahnverbindungen und Währungen oder die Geschichte des Kondoms in dieser Zeit.

Das Ergebnis bereitet großes Vergnügen. Mit seiner lockeren und flüssigen Schreibe versteht es Rotenhan, die Leser auf 380 Seiten mit Liebe und Leid seiner Protagonistinnen und der Zeit, in der sie leben, zu fesseln. Oder wie es in einer Rezension treffend heißt: „Die Seiten flogen nur so dahin.”

Der Preis für das Taschenbuch beträgt 16,90 Euro. Als E-Book ist der Roman für 8,99 Euro erhältlich.