Millionen Urlauber fliegen jedes Jahr gerne nach Mallorca. Doch
die Fluggesellschaften Lufthansa und Hapag-Lloyd Express, die in
der vergangenen Woche die Erstflüge ihrer neu aufgelegten Strecken
nach Palma absolviert haben, tun das nicht ganz freiwillig.
Wolfgang Kurth, Geschäftsführer der zum TUI-Konzern gehörigen
Hapag-Lloyd Express (HLX), gibt freimütig zu, dass „ich sehr
zögerlich war, Palma zu fliegen”, schließlich gibt es nach
einhelliger Branchenmeinung bereits ein deutliches Überangebot aus
Deutschland.
Bei Kranich-Carrier Lufthansa sagt Steffen Weinstock,
Vertriebsleiter Nordrhein-Westfalen, dass er „vor einem halben Jahr
gelächelt hätte, wenn jemand gesagt hätte, wir fliegen von
Düsseldorf nach Palma”. Dass sie es jetzt doch tun, erklärt er aus
dem neuen Konzept der Airline, Kosten sparender zu fliegen. Dazu
hat man so genannte Ping-Pong-Strecken entwickelt. An zwei
Flughäfen wird je ein LH-Jet stationiert, die immer in
entgegengesetzter Richtung zwischen diesen beiden Airports fliegen.
Kein komplizierter Streckenplan, günstige Kosten.
Doch hat man festgestellt, dass die eingesetzten Boeing 737 zwar
morgens und abends sehr gut ausgelastet seien, in der Tagesmitte
aber nicht. Zu dieser Zeit können die Städteverbindungen für
Geschäftsreisende auch mit kleineren Maschinen geflogen werden, LH
machte sich auf die Suche nach Alternativen. Und kam auf
„Warmwasser-Ziele”, um Touristen zu fliegen. Zum Beispiel Mallorca.
Aber richtig Geld wird damit nicht verdient, wie Weinstock zugibt:
„Das Projekt ist nie unter dem Gesichtspunkt der Vollkostenrechnung
gelaufen.” Mit anderen Worten: Mit den Flügen nach Mallorca
verliert die Lufthansa weniger Geld als auf anderen Strecken oder
wenn das Gerät gar nicht fliegen würde.
So lange den Airlines in dem Wettbewerb, der von vielen Managern
gerne als Luftschlacht, Blutbad oder Gemetzel bezeichnet wird,
nicht die Luft ausgeht, kann es dem Reiseziel Mallorca recht sein,
vor allem aber den Kunden. Denn die riesige Auswahl an Flügen sorgt
für günstige Preise. Die ehrwürdige Lufthansa bietet die Strecken
ab Düsseldorf, Stuttgart und Hamburg ab 49 Euro, HLX fordert fast
identische 49'99.
Bei der TUI AG gibt es eigentlich eine Airline, die Mallorca
flächendeckend bedient. Doch leidet die klassische Hapag-Lloyd an
zu hohen Kosten und dem Problem, als Charter-Flieger mit der
flexiblen und billigen Konkurrenz der Low-Cost-Flieger nicht
zurechtzukommen. Deswegen hat Konzernchef Michael Frenzel die HLX
aus der Taufe gehoben, um im Falle eines Angriffs von Easy-Jet und
Ryanair eine Waffe im eigenen Haus zu haben, wie Kurth, der vorher
fast 25 Jahre bei Hapag-Lloyd war, die Geschichte des neuen
Unternehmens erklärt.
Früher als erwartet attackiert nun Easy-Jet aus Berlin und
Dortmund, Germanwings kommt aus Köln-Bonn, V-Bird vom Flughafen
Niederrhein, und Air Berlin, mit Abstand Marktführer auf Mallorca,
hat sein Geschäftsmodell erfolgreich auf Low-Cost umgestellt.
„Deswegen haben wir ab November ernsthaft erwogen, schon 2004
Richtung Mallorca zu fliegen”, so Kurth.
Die HLX-Waffe zieht die TUI aber nicht nur gegen die Konkurrenz,
sondern auch gegen die Konzernschwester. Dass seine Airline auch
ein Druckmittel für Hapag-Lloyd ist, die Kosten zu senken, „ist ein
Szenario, dass sich nicht wegdiskutieren lässt”, wie Kurth
unumwunden zugibt.
Sowohl Newcomer Hapag-Lloyd Express als auch die schon etwas
ältere Tante Lufthansa sind ob des Anfangserfolges ihrer
Mallorca-Strecken ganz begeistert. Wie NRW-Vertriebsleiter
Weinstock berichtet, hat die Lufthansa in diesem Sommer von den
insgesamt 33.000 angebotenen Hinund Rückflügen aus Düsseldorf
bereits mehr als zwei Drittel verkauft. Deswegen wird ab 3. Mai
eine zusätzliche Frequenz aus der Rheinmetropole aufgelegt, und
zwar montags. Damit fehlt nur noch der Mittwoch, an der Erteilung
einer Start– und Landezeit in Palma arbeitet man aber bereits.
Wolfgang Kurth will mit seinen im New Yorker Taxilook angemalten
Jets bereits in die Gewinnzone fliegen. „Wir haben gute Chancen,
Geld zu verdienen, weil der Reiseveranstalter 70 Prozent unserer
Kapazität bereits fest gebucht hat.” Der Einzelplatzverkauf sei das
„Sahnehäubchen”. Insgesamt sollen von den in diesem Jahr geplanten
2'5 Millionen Passagieren etwa 25 Prozent nach Mallorca fliegen. In
der Zukunft will er mit HLX um zwei bis vier Flugzeuge pro Jahr
wachsen, im dritten Quartal sei geplant, schwarze Zahlen zu
schreiben.
Mit dem festen Flugplan (zwei tägliche Verbindungen ab
Stuttgart, Köln/Bonn, Hamburg und Hannover) will Kurth ein „großes
Problem” der Hapag-Lloyd beseitigen, nämlich den häufig wechselnden
Flugplan. Über kurz oder lang, davon ist der alte Airline-Hase
überzeugt, wird es auf den Strecken zwischen Mallorca und
Deutschland nur noch Low-Cost geben. Die Kunden wollen bei
Flugzeiten von nicht mehr als zwei Stunden vor allem Sicherheit,
Sauberkeit und Pünktlichkeit. Mahlzeiten, Kino und andere
Zeitvertreibe seien auf längeren Routen wichtig, weswegen es
Richtung Kanaren oder Türkei seiner Meinung nach immer Linie und
Charter-Verbindungen geben wird.
In diesem Sommer muss HLX noch das „Qualitätsversprechen” für
TUI-Pauschalreisende erfüllen, das heißt, es gibt nur auf den
Mallorca-Strecken gegen Gutschein ein Essen und andere
Dienstleistungen. Ob das auch noch mit dem Winterflugplan der Fall
sein wird, ist noch offen.
Lufthansa macht der leidenden Konzernschwester Thomas Cook
Airlines ebenfalls Konkurrenz. „Thomas Cook muss sich um ihre
Auslastung kümmern, die Lufthansa macht das auch”, sagt
Konzernsprecher Klaus Walther dazu lakonisch. „Wettbewerb ist
gut.”
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