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Jan Ullrich macht sich rar. Wer den Star im deutschen Radsport-Team T-Mobile in diesen Tagen zu Gesicht bekommen will, muss schon genau hinsehen. Die Haare hat er sich wachsen lassen, eine besonders breite Sonnenbrille aufgesetzt und den Helm tief in die Stirn geschoben. Nur fürs Foto lässt er sich einmal kurz in die Augen sehen und sogar ein verlegenes Lächeln entlocken.

Als letzter ist er an diesem Morgen kurz vor Trainingsbeginn auf den Parkplatz am Robinson-Club in Cala Serena gerollt, wo das Team T-Mobile seit dem vergangenen Wochenende residiert. Es ist schon das zwölfte Jahr, in dem Ullrich im Trainingslager hier auf Mallorca den Grundstein für eine erfolgreiche Saison legen will und doch ein ganz besonderes: Wann, wenn nicht jetzt, soll er die Tour de France zum zweiten Mal gewinnen? Ist doch sein ewiger Rivale Lance Armstrong nach der vergangenen Saison endlich zurückgetreten. Noch klingt Ullrich allerdings nicht besonders überzeugt, dass er sein Ziel auch erreicht. „Ich hoffe, dass ich gut drauf bin”, sagt er. „Es passt schon, bin ganz zufrieden.” An Mallorca kann es jedenfalls nicht liegen, dass er seinen Toursieg von 1997 bisher nicht wiederholen konnte. Die Bedingungen hier sind optimal, da ist sich das komplette Team einig. „Man merkt, dass hier viel für den Radsport getan wurde”, sagt Ullrich. „Vor allem die vielen neuen Radwege sind mir aufgefallen. Es ist viel sicherer geworden.” Das findet auch Teamkollege Oscar Sevilla, der aus Albacete stammt: „Mallorca ist ein paradiesischer Ort.” Team-Manager Olaf Ludwig lobt das „hervorragende Straßennetz” und den Wind: „Das ist gut zum Trainieren.” Laut Jan Ullrich sind außerdem nur wenige Hobbyfahrer unterwegs, die der 29köpfigen Mannschaft bei ihren Trainingseinheiten in die Quere kommen könnten. „Da bleibt sogar Zeit, ein bisschen links und rechts die Landschaft anzuschauen.”

Sogar für etwas mehr reicht es dagegen bei Judith Arndt. Die ehemalige Weltmeisterin und Silbermedaillen-Gewinnerin der Olympischen Spiele 2004 in Athen trainiert seit 1991 regelmäßig auf Mallorca und mag vor allem die Cafés. „Die sind unheimlich beliebt in der Mannschaft. Nach ungefähr drei Stunden Fahrt halten wir meistens mal an und trinken was. Die Insel ist genau richtig: Alles ist nah beieinander, gleichzeitig ist sie groß genug, damit es nicht langweilig wird.” In diesem Jahr ist die Leipzigerin erstmals mit dem T-Mobile-Frauenteam hier, das genauso wie die Männermannschaft am Samstag im Robinson-Club von Fernseh-Moderator Frank Buschmann offiziell vorgestellt wird (der Nachrichtensender N-TV überträgt von 14.05 bis 15 Uhr).

Da wird sich Jan Ullrich dann der Öffentlichkeit zeigen müssen. Ansonsten vermeidet er das in diesen Tagen, wo er kann. Bei den Trainingsfahrten verschwindet er im Pulk, selbst das mallorquinische Nachtleben kann ihn nicht verführen. „Damit habe ich nichts zu tun”, sagt er. „Außerdem bin ich abends nach dem Training ohnehin zu kaputt.”

Und auch die Mallorca-Rundfahrt vom 5. bis zum 9. Februar wird keine Gelegenheit bieten, Jan Ullrich doch mal aus der Nähe zu sehen: Da fährt er nämlich überhaupt nicht mit. „Ich fange erst im März an, Rennen zu fahren”, kündigt er an. „Die Rundfahrt passt nicht zu meinem Saisonziel.” Das will er am 23. Juli erreicht haben, wenn die diesjährige Tour de France in Paris zu Ende geht.