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Seit Montag stehen sie auch auf den Balearen bereit: 215.000 Dosen der Impfstoffe Pandemrix und Focetria gegen die sogenannte Schweinegrippe wurden an die Gesundheitszentren der „Seguridad Social” geliefert. Immunisiert werden soll damit laut Gesundheitsministerium zunächst die Gruppe der rund 190.000 Risikopatienten auf den Balearen. Dazu gehören chronisch Kranke, ältere Menschen, kleine Kinder und Schwangere sowie Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Die Impfung, die laut Gesundheitsministerium im Einkauf sieben Euro kosten, werden gratis verabreicht.

Offiziell ist der Impfstoff zurzeit nur über die Zentren und Kliniken des öffentlichen Gesundheitswesens zu beziehen. Weder Apotheken noch private Ärzte dürfen die Dosen vertreiben. Doch erfahrungsgemäß wird es auch bei einigen niedergelassenen, privaten Ärzten auf Mallorca möglich sein, den Impfstoff zu bekommen.

Der große Ansturm auf Pandemrix oder Focetria blieb allerdings auf Mallorca an den ersten Tagen aus. Nur von mäßiger Nachfrage berichten die Gesundheitszentren. Gleichzeitig werden die Fragen nach der Sinnhaftigkeit der Impfaktion lauter. Gemäß Gesundheitsminister Viçenc Thomàs sind 95 Prozent der getesteten Fälle auf den Balearen (217 seit Juli 2009) harmloser verlaufen als die normale saisonale Grippe. „Nur ganz wenige Fälle verliefen mit Komplikationen”, sagte Thomás.

Auch die Ärztekammer der Balearen (OMC) äußerte am Mittwoch offiziell Zweifel an der Notwendigkeit einer groß angelegten Impfaktion. Es sei sehr fraglich, ob die Maßnahmen in einem vernünftigen Verhältnis zur Schwere der bisher aufgetretenen Fälle stehen. Der Virus sei zwar hochansteckend, aber in den wenigsten Fällen bedrohlich, gaben die Ärzte der Kammer zu bedenken. Massenimpfung und spätere Freigabe von Antivirusmedikamenten durch Apotheken seien übertrieben.

Catalina Ferrer, Mutter dreier Kinder aus Bendinat, hält die Diskussion um die neue Grippe ebenfalls für Panikmache. „Der Sohn unserer Nachbarn wurde letzte Woche positiv auf die Grippe A getestet. Er hatte, zeitgleich mit meinen eigenen Kindern, zwei Tage Fieber, Husten und Schnupfen, und war am dritten Tag wieder in der Schule.”

Besorgnis erregte dennoch Anfang der Woche die Meldung über ein zweijähriges Kind, dass in der Klinik Son Llàtzer an den Folgen der Schweinegrippe gestorben war. Das Kind hatte allerdings laut Ärzten auch unter einer schweren Hirnerkrankung gelitten.

In Deutschland steigen die Zahlen der Grippe-A-Infizierten indes immer schneller. In der ersten Novemberwoche registrierte das Robert-Koch-Institut knapp 15.000 Fälle, die Zahl der unbestätigten Fälle wird weitaus höher geschätzt. Zwei Männer in Bayern, die an den Folgen starben, hatten an Vorerkrankungen gelitten.

Dass die Impfung die Ausbreitung der Schweinegrippe in nennenswertem Umfang verhindern kann, damit rechnet man beim Robert-Koch-Institut nicht. „Wir empfehlen die Impfung, um Gefährdete zu schützen”, sagte Sprecherin Susanne Glasmacher. Chronisch Kranken werde allerdings genauso empfohlen, sich gegen die saisonale Grippe impfen zu lassen, an der allein in Deutschland jährlich zwischen 5000 und 15.000 Menschen sterben. Zum Vergleich: Die Schweinegrippe forderte bisher 19 Opfer.