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Es gibt, so hat die amerikanische Feministin Germaine Greer konstatiert, "keinen weiblichen Leonardo, Tizian oder Poussin". Die bildende Kunst war jahrhundertelang eine Männerdomäne, in der Frauen unterrepräsentiert waren. Die Gründe waren vielfältig. Heute, im 21. Jahrhundert, nachdem Frauen immense Rechte erworben haben, nach Frauenbewegung und Quoten, könnte (sollte?) sich das geändert haben. "Die ganz Großen in der Malerei sind auch heute immer noch Männer", sagt die Galeristin Hella Maria Höfer. "Man denke nur an Immendorff, Schnabel, Warhol." Auch die Neue Leipziger Schule ist männerorientiert.

Dennoch - Frauen spielen heutzutage in der Kunstszene eine nicht zu unterschätzende Rolle. Haben sie es aber im Kunstgeschäft immer noch schwerer als Männer? Hella Maria Höfer ist davon überzeugt, während die Galeristin Joanna Kunstmann erklärt: "Heute ist die gesellschaftliche Anerkennung von Künstlerinnen gut. Sie sind gleichberechtigt, wissen sich auch ihren Stellenwert zu verschaffen." Die Malerin und Kunstpädagogin Dagmar Adamski weiß aus Erfahrung: "Wenn Männer sich in Galerien vorstellen, dürfen sie meist sofort ihre Mappen vorzeigen; Frauen werden oft schon an der Tür abgefertigt." Dass männliche Künstler bevorzugt werden, weiß auch die Malerin Cris Pink: "Im heutigen Kunstgeschäft gibt es viele Homosexuelle. Die geben oft Männern den Vortritt. Das ist ein neuer Aspekt in der Szene." Und sie sagt: "Es geht im Kunstgeschäft auch darum, laut zu sein, weniger um die Qualität. Es bleibt immer ein Stück der Überzeugung zurück, dass Frauen eher am Schreibtisch oder in der Küche zu sein haben. Das gilt natürlich auch für andere Berufe.""Männer haben einen Beruf; Frauen haben ein Hobby - wenn es um Kunst geht", sagt die Malerin Vivian Borsani.

Kunstexperten sprechen häufig von einer weiblichen Ästhetik. Auch wenn es sich, vor allem in der Vergangenheit, dabei vornehmlich um einen von Männern festgelegten Begriff handelt, der kaum genau zu definieren ist. Kunst ist aber immer auch Selbstporträt. Insofern macht es Sinn, dass Frauen (häufig) Frauen malen. So war es in der Kunstgeschichte, so ist es bis heute.

"Männer können Lebensbereiche gut trennen. Geld - Arbeit - Kunst", sagt Vivian Borsani. "Frauen malen Frauen so, wie Frauen sich fühlen. Männer malen Frauen eher als Schönheitsobjekt. Oder, man denke an Picasso, als Furie, als Bedrohung." Die Ikone der deutschen (Frauen)- Malerei, Elvira Bach, hat die Frau als erotische Macht dargestellt und damit auch eine neue Rolle von Frauen definiert.

Die Mallorquinerin Maria Carbonero malt immer wieder Frauen, in allen Variationen: vor allem Prostituierte, Zigeunerinnen, Frauen am Rande der Gesellschaft: "Sie sind einfach interessanter als die soignierten Damen mit Perlenkette. Sie sind ironisch und stark. In gewisser Weise ist auch ein feministischer Aspekt dabei, wenn auch nicht im militanten Sinne. Es geht mir eher darum, das Feminine festzuhalten." Ihre Bilder sind oft sehr großformatig. Das trauen sich nur wenige Frauen. Carbonero hat übrigens niemals das Gefühl gehabt, in der Kunstszene weniger geschätzt zu sein, weil sie Frau ist.

Die hiesige Malerin Dolores Sampol spielt mit beiden Aspekten des Frauseins - mit dem Femininen und dem Feminismus. Auf höchst humorvolle Weise und in ganz realistischer Darstellung, verblüffend aber durch die meist ungewöhnlichen Zusammenstellungen. Sie verewigt Alltagsgegenstände, wenn auch voller Spott. "Frauen", sagt Cris Pink, "haben mehr den Mut, ihre Gefühle zu zeigen, sie darzustellen, sich dem hinzugeben." Und Vivian Borsani sagt dazu: "Frauen integrieren ihre Umwelt in ihr Werk, verschmelzen mit der Welt." Deshalb gibt es bei Werken von Frauen auch immer noch "typische" Motive: Kleine Landschaften, Stillleben, Genreszene. "Da ist oft etwas Behütendes im Spiel", meint Dagmar Adamski.

Aber es gibt ihn auch, den Aufschrei gegen die Gegebenheiten in der Gesellschaft. Selbstverletzungen sind als Performance oder Installation bei Künstlerinnen wie Rebecca Horn oder Marina Abramovic Teil ihres Werkes geworden. Die südamerikanische Künstlerin Regina José Galindo protestiert mit ihren Arbeiten durch aggressive Selbstdarstellung gegen Gewalt gegen Frauen. Und erntete damit vor gut einem Jahr in Palma nichts als Unverständnis. "Künstlerinnen brauchen eine Plattform", sagt die Galeristin Eva Shakouri, die Galindo vertritt. "Für alle Ausdrucksformen, die sie wählen möchten."