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Seine erste Mallorca-Begegnung verdankt Hans Schödel dem Fernsehen. Mit dem "Hotel Paradies" drehte der Schauspieler Anfang der 90er Jahre mehrere Folgen auf der Insel. "Das war damals ein echter Hype, die haben teilweise dafür bezahlt, dass bei Ihnen gedreht wurde", erzählt der 56-Jährige. "Durch meine Rolle hatte ich das Glück, viel mit dem Hubschrauber zu fliegen und konnte die Insel daher von oben in den verschiedensten Ecken sehen", erzählt er. 27 Jahre später, mittlerweile mit Frau und zwei Kindern, möchte er nun in seinem ganz persönlichen Paradies auf der Insel heimisch werden. Dieses trägt den Namen Son Roig und liegt in Santa Maria, fast am Ende des Camino de Coanegra mitten in den Ausläufern der Tramuntana. Der Weg dorthin, entlang des zu dieser Jahreszeit ausgetrockneten Coanegra-Sturzbachs, ist holprig und zieht sich vom Ortskern Santa Marias noch gute 20 Minuten hin. Belohnt wird der Besucher mit einem fantastischen Panorama, absoluter Stille und satter Natur.

"Hier kann ich sein", sagt Hans Schödel, der nicht nur Schauspieler, sondern auch vielseitiger Handwerker ist, unter anderem Büchsenmacher gelernt hat und noch diverse Film- und Drehbuchrechte sein Eigen nennt. Den Traum eines neuen Lebensmittelpunktes hegt der Tausendsassa aus Starnberg schon lange, konkret wurde er im vergangenen Jahr, allerdings aus einem traurigen Grund. "Wir hatten ja die Oma (seine Mutter, d.Red.) gepflegt, die dann verstorben war. Dann ist das bei Hans losgegangen im Kopf, dass er wegwollte", erzählt Schödels Ehefrau Clarissa. "Mich beschäftigt sehr, was im Alter passiert, wenn man pflegebedürftig ist. Ich habe insgesamt 17 Jahre meine Eltern betreut", sagt Hans Schödel. Ein Schlüsselerlebnis hatte er bei einem Urlaub auf Mallorca, zu einer Zeit, als es mit seinen Eltern besonders schwer war. "Wir sind mit dem Fahrrad nach Llucmajor geradelt und saßen dann an einem Platz neben alten Leuten, die etwa so alt wie meine Eltern waren." Auch Clarissa Schödel erinnert sich: "Das war so süß, wie die alten Männer dort saßen…" - "… und sich über Frauen unterhalten haben. Jede, die vorbeiging hat, einen Kommentar bekommen. Die waren dort zu Hause und haben dort eine Ansprache gehabt. All das, was ich bei meinen Eltern vermisst habe", ergänzt Hans Schödel. Der Entschluss reifte, auch in so einem Umfeld alt zu werden, am besten an diesem Platz, den er jetzt für seine Familie geschaffen hat. Die Mühle Son Roig stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist in den vergangenen Wochen renoviert worden, hat einen eigenen Bach und beherbergt künftig nicht nur die Familie mit Vater Hans, Mutter Clarissa sowie den Kindern Emilia (7) und Jonas (19).

Hans Schödel hat noch mehr geplant. "Das ist unser Platz, der sich aber auch selber tragen soll. Hier sollen Leute zu uns kommen und in einem unserer drei Gästezimmer wohnen", sagt er. Als besonderen Clou soll es auf dem 120.000 Quadratmeter großen Grundstück bis zu 15 Baumzelte geben. Die futuristisch anmutenden dreieckigen Biwaks werden mit Spanngurten schwebend zwischen drei Bäumen befestigt und bieten je nach Größe bis zu drei Personen Platz. Der Hersteller spricht von "mobilen Baumhäusern".

"Wir freuen uns, wenn Leute kommen und mit uns unser Glück teilen, dass wir hierbleiben können." Hans Schödel

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Clarissa Schödel hat mit Tochter Emilia schon eine Testnacht im Zelt unter dem Himmel Mallorcas verbracht. "Es ist kühl und luftig und das Schöne ist, dass man den Himmel sieht", schwärmt sie. Allerdings geht das auch nur, wenn man das Regendach weglässt, momentan auf Mallorca kein Problem. "Falls es regnet, wie gerade beim Sohn in Italien geschehen, hat das Schwebezelt trotzdem einen Vorteil gegenüber konventionellen Zelten: Man bekommt keine nassen Füße", sagt Hans Schödel. Und Unebenheiten im Boden spielen bei den Baumzelten ebenfalls keine Rolle. Manche Fans gehen in den Bäumen mehrere Meter hoch, eine weltweite Community der sogenannten "Tree-People", hat die Zelte zum Kult erkoren. Auch auf sie setzt Schödel als Baumzelt-Pionier auf Mallorca. Auf maximal 25 Euro pro Person kommt die Übernachtung unter freiem Himmel, Essen und Frühstück wird in Absprache mit allen anderen Gästen zubereitet. "Jeder soll geben, was er meint", sagt Schödel. Einen Restaurant- oder Pensionsbetrieb werde es nicht geben.

Am Montag, 14. August, lädt er erstmal alle Nachbarn, Freunde und Neugierige ein auf die Son-Roig-Mühle. "Wir freuen uns, wenn Leute kommen und mit uns unser Glück teilen, dass wir hierbleiben können", sagt Schödel. Er sei überzeugter Europäer und genieße die Freiheit, auf Mallorca leben zu dürfen. Auch Erzieherin und Werklehrerin Clarissa freut sich auf den neuen Lebensabschnitt. "Du versorgst die Leute, gehst mit Ihnen wandern. Ich kann mir gut vorstellen, dass das unser Lebensinhalt wird. Es ist ein kleines Paradies hier." Ehemann Hans fügt hinzu: "Wir haben hier einen Platz, an dem uns bewusst wird, dass wir jeden Tag bestimmte Dinge machen müssen, unser Tagwerk verrichten, damit wir leben können. Zum Beispiel müssen wir uns um Wasser kümmern, wenn keins da ist." Die Mühle ist nicht ans öffentliche Wassernetz angeschlossen, hat dafür aber Quellwasser, das nur nicht regelmäßig fließt.

Bei aller Vorfreude und Glück bleibt Schödel selbst sein größter Kritiker. "Ich habe ja einen erwachsenen Sohn, der problemlos in Deutschland durch die Schule gekommen ist und natürlich hat unsere Emilia das gleiche Recht. Das ist meine größte Sorge, dass ich sie aus einem funktionierenden System herausreiße, wo sie die Sprache spricht und aufgehoben ist. Das ist unser größtes Wagnis, ob sie hier so mitkommt wie in Deutschland", sagt er nachdenklich. Und er weiß: Wenn er erkennen würde, dass es mit Emilia nicht klappt, wäre das der einzige Grund, Mallorca zumindest vorübergehend zu verlassen. Doch das ist bislang nicht abzusehen. "Mir gefällt hier am besten, dass man mitten in der Natur ist", sagt Emilia zufrieden. Sie freut sich ganz besonders auf den Montag, denn dann ist auch ihr achter Geburtstag und sie feiert gerne mit vielen Menschen. "Das ist neben der Natur ihre größte Leidenschaft", sagt Mutter Clarissa. Sollte das beides auch langfristig gelingen, hat die Familie wirklich ihr Paradies gefunden.

(aus MM 32/2017)