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Ein halbes Jahrhundert ist die „Asociación ornotológica de Palma“ schon alt. Die Mitglieder des ältesten Vogelzüchterverbands der Balearen nehmen erfolgreich an Wettbewerben teil und lehren ihre gefiederten Gesellen, wie sie wohlklingend zwitschern.

Verbandschef Pep Trias ist ein Vogelfan seit Kindertagen. Heute schwirren in seiner Voliere in Palma 18 Kanarienvogelpärchen herum, bis zu 100 gefiederte Tierchen züchtet er damit jedes Jahr. „Ich mag vor allem ihre kräftigen Farben“, sagt der 38-Jährige, der im Hauptberuf Inhaber einer Bäckerei in Palma ist. Alle Tiere erhalten zur Identifikation einen Ring, vergleichbar mit einem Hunde-Chip. Einen Namen bekommen die Vögel, die bis zu zehn Jahre alt werden, aber meistens nicht. „Die Beziehung ist dann doch nicht so emotional“, sagt Trias.

Die Zucht ist eins der Hauptanliegen des 1970 offiziell gegründeten Verbands, der heute 85 Mitglieder zählt, etwa zehn davon sind Frauen. Bei den Vogelfreunden am beliebtesten sind Kanarienvögel in allen nur erdenklichen Farbkombinationen. Aber auch Rotkehlchen und Stieglitze oder exotische Arten wie die Gouldamadine, ein in Australien beheimateter farbenprächtiger Fink, werden von den Mitgliedern gehegt und gepflegt.

Der Kanarienvogel ist übrigen ein domestizierter Nachfahre des wildlebenden Kanarengirlitz, einer Finkenart, die – wie der Name schon sagt – von den Kanaren stammt. Ob schon die Ureinwohner der Inseln den Vogel wegen seines schönen Gesangs im Käfig hielten, ist wahrscheinlich, aber umstritten. Fest steht, dass die Spanier den Singvogel Anfang des 15. Jahrhundert aufs iberische Festland brachten. Dort begannen schon bald Mönche mit der Zucht und der kleine Vogel trat seinen Siegeszug in ganz Europa an. Heute gibt es zahllose Arten, die entweder besonders durch ihren Gesang, durch ihre Gestalt und Gefiederbeschaffenheit oder ihre Farbgebung punkten.

In diesen drei Kategorien werden die Vögel auch bei Wettbewerben von einer Jury bewertet. Der Verband aus Palma hat schon an zahlreichen lokalen, nationalen und internationalen Events teilgenommen und auch Weltmeisterschaften gewonnen. „Der Gesangswettbewerb ist dabei eine Extra-Kategorie“, erläutert Trias, „die Kanarienvögel stellen ihre Stimmgewalt jeweils in einer Vierergruppe unter Beweis.“

Das Talent dazu ist vor allem den Männchen in die sprichwörtliche Wiege gelegt. Sobald ein Kanarienvogel geschlüpft ist, gibt er die ersten Töne von sich. Wenn die Tiere etwa ein halbes Jahr alt sind, zeigt sich, ob sie besonders musikalisch sind. Ausgewählte Vögel gehen dann in die „Singschule“. „Wir spielen ihnen dann Tonfolgen vom Band vor, die sie imitieren“, erklärt Trias. Als besonders begabt haben sich zwei Arten erwiesen, weiß er zu berichten. Der buntgefiederte Harzer Roller, der im 19. Jahrhundert in Deutschland gezüchtet wurde, ist für sein melodisches und abwechslungsreiches Getriller mittlerweile weltberühmt. Der Spanische Timbrado, der dem wilden Kanarengirlitz zum Verwechseln ähnlich sieht, zeichnet sich durch einen Gesang aus, der an ein helles Kirchenglockenklingeln erinnert.

Finanzielle Interessen stehen beim Vogelzüchterverband nicht im Vordergrund. „Bei Wettbewerben gibt es für die Gewinner kein Geld, nur eine Urkunde“, sagt Trias. Allerdings wirken sich Siege durchaus auf den Verkaufspreis der Vögel aus. Während ein gewöhnlicher Kanarienvogel für rund 20 Euro zu haben ist, muss man für den Champion eines internationalen Wettbewerbs locker 4000 Euro hinblättern. Das sind jedoch Ausnahmen. Für den Sieger des „Concurso Ornitológico Ciutat de Palma“, des ältesten städtischen Zuchtwettbewerbs, gibt es gerade einmal 80 Euro. Für den Verband ist dabei sowieso die Nachwuchsförderung wichtiger. Jedes Jahr lädt Trias Schüler zum Wettstreit in Palma ein, um sie für sein Hobby zu begeistern. „Das ist besser, als nur vor dem PC zu hocken“, meint er.

(aus MM 12/2020)