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Es ist ein Ort, für den sich manch einer fein anzieht, um dort Edelgeschäfte aufzusuchen. Ein Ort, wo man betont gockel- oder elfengleich stolziert, um gesehen zu werden. Die Avenida Jaime III., eine der Vorzeigemeilen von Palma, zieht konsumfreudige Menschen besserer Kreise wie eh und je magnetisch an.

Doch der Andrang ist seit schon vier Monaten äußerst ungleich verteilt. Dort, wo gerade die Kanalisation auf Vordermann gebracht wird, halten sich viel weniger Passanten auf, was betroffene Gewerbetreibende naturgemäß zur Weißglut bringt. Um etwa 30 Prozent seien die Erträge eingebrochen, klagten einige gegenüber der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”. Man sei halt hinter den emblematischen Säulen mit Planen verdeckt, hieß es. Das habe man besonders am 23. April gemerkt, dem „Tag des Buches”, der normalerweise viele Passanten anlockt. Dort sei man jedoch nicht bemerkt worden, auch gebe es Schmutz und Lärm, was die Menschen abschrecke. Vor allem nervte die Ladenbetreiber, wenn etwa ein Loch zunächst zu und dann wieder aufgemacht wurde.

Die Stadt hatte eigentlich versprochen, die Arbeiten bis zu den Ostertagen beendet zu haben. Doch ach ... Wie das manchmal so ist, klaffen Wunsch und Realität weit auseinander. Und so müssen sich, obwohl die Urlaubersaison begonnen hat, Geschäftsinhaber in Grund und Boden ärgern.

Verzögert hat sich das Ganze vor allem durch einen unerwarteten Fund: Bei den Arbeiten wurden Reste der Stadtmauer aus der Renaissancezeit entdeckt. Und weil dem so war, musste alles erst einmal gestoppt werden. Ein Archäologe hatte ein Gutachten anzufertigen, das er dem für Denkmalschutz zuständigen Dezernat übermitteln musste. Bis dieses schließlich grünes Licht für den Weiterbau gab, verging halt einige Zeit. Geurteilt wurde, dass die Mauerstücke zu unbedeutend seien, um erhalten zu bleiben. Sie kamen letztendlich weg.

Als die schnurgerade Straße in der Franco-Zeit rücksichtslos durch die verwinkelte Altstadt geschlagen wurde, scherte man sich nicht so viel um Geschichte wie heute. Gassen wurden entfernt, alte Häuser abgerissen, am Ende konnte man schneller aus dem Zentrum im Auto in die Außenbezirke gelangen. Immer mehr feine Läden siedelten sich an, die Mieten stiegen ins Exorbitante, die Parfümabteilung des Corte-Inglés-Kaufhauses ist zuweilen eine Art zweites Wohnzimmer von Leuten wie etwa Altkönigin Sofía.

Während der Pandemiezeit konnten oder wollten einige Betriebe wie etwa der Bekleidungsladen Cortefiel dort nicht weiter tätig sein. Dieses Traditionsgeschäft schloss im Oktober des vergangenen Jahres.

Und ausgerechnet in der Spätzeit des Winters, wo angesichts sinkender Ansteckungszahlen alles wieder aufzublühen begann, wo die Masken fielen und die Menschen lockerer wurden, wurde dort diese mehrere Dutzend Meter lange Baustelle installiert. Autos können dort derzeit nur in eine Richtung, nämlich stadteinwärts fahren, was auch für die Busse gilt.

Wann endlich alles fertig sein wird, steht in den Sternen. Und so ist es durchaus möglich, dass dort auch noch in der heißen Jahreszeit Bagger, Lastwagen und Walzen weiter zugange sein werden.